Wir kommen zur Monatsendfigur. Die Dame spielte u.a. die Waldelbin Tauriel im „Hobbit”, auf dass auch unsereins seine Freude am Film hat.
(PS: Freund *** glänzt mit dem unbedingt festhaltenswürdigen Verleser „Walderbin”.)
Wahrlich später 29. Februar 2016
Die CDU-Politikerin Erika Steinbach hat mit einem Tweet – schreibt man das so? Ich kenne sonst nur Tweed – die kalkulierbaren üblichen Reflexe ausgelöst. Vielleicht weil ihre Prognose allzu wohlmeinend war? Wir schaffen das zwar, aber bis 2030 nun doch nicht. Laut UN-Schätzungen wird die afrikanische Bevölkerung bis 2100 auf 4,4 Milliarden wachsen, 2050 hat sie sich dann immerhin von einer Milliarde heute auf 2,4 Milliarden mehr als verdoppelt, und Studien zufolge will ein reichliches Drittel der Afrikaner gern den schwarzen Kontinent verlassen. Indien wird China zwar überholen, aber insgesamt soll sich Asien bei fünf Milliarden einpendeln. Europa indes wird von heute 740 Millionen um 14 Prozent auf 639 Millionen Einwohner abnehmen, sofern der Wanderungswunsch der Afrikaner nicht einen gegenläufigen Trend einleitet – aber wer wird denn jetzt schon schwarzmalen? Deutschland soll nach UN-Berechnungen zum Ende des Jahrhunderts rund 26 Millionen Einwohner weniger haben, was etwa einem Drittel der heutigen Bevölkerung entspricht. Kurzum: Mit der Prognose für 2030 war Steinbach allzu optimistisch, wengleich man nicht recht versteht, warum sie nun ausgerechnet auch von links verleumdet wird; schließlich hat sie doch nichts anderes als den innigsten Wunschtraum vieler Roter und Grüner, das sukzessive Verschwinden der Bio-Deutschen, zum Ausdruck gebracht. Ist es, allem Merkelschen Engagement zum Trotz, Christdemokraten jetzt schon verboten, linksgrüne völkische Wichsphantasien zu posten, nur weil’s ein bisserl zu früh dafür ist?
Sich in die Späte schleppender 29. Februar 2016
„Ermittelt wird in alle Richtungen”: interessanter Bericht über den Erkenntnisstand zum Bautzener Asylheimbrand, hier.
29. Februar 2016
„Anknüpfend an Ihre gestrigen Gedanken zu ambitionierten Persönlichkeitsentfaltern”, schreibt Leser***, „möchte ich heute an unser verschmitzt lächelndes Geburtstagskind G. Rossini erinnern, das es immerhin als Komponist und Koch (Tournedos…) zu Weltruhm gebracht hat. Ohne seine Musik wäre doch beispielsweise der Zeitraffer-Sex (den freiwilligen meine ich) in ‚A Clockwork Orange’ nur halb so komisch.”
28. Februar 2016
Durch einen Zufall las ich, dass der US-amerikanische Völkerrechtler und Historiker Alfred-Maurice de Zayas, hierzulande vor allem bekannt wegen seiner Studien zur Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten, die erste Übertragung von Rilkes Gedichtband „Larenopfer” ins Englische veröffentlicht hat, außerdem Gedichte von Rilke, Hesse und Eichendorff ins Englische, Französische und Spanische übersetzt habe und selber Gedichte schreibe. Wie schön! Der Ägyptologe Jan Assmann erzählte mir einmal, dass er sich am Cembalo versuche, der Politikwissenschaftler Herfried Münkler hat (zusammen mit seiner Frau) ein Lexikon der Renaissance veröffentlich; die Beispiele ließen sich fortsetzen. Das erinnert an die kulturfomme Ära des Bildungsbürgertums, als noch nahezu jeder Arzt oder Professor für Naturwissenschaften Noten lesen konnte, daheim ein Instrument spielte, private Forschungen trieb, womöglich Kurzgeschichten verfasste und die Klassiker täglich in Griffweite hatte (vom Physiker Helmholtz wird berichtet, er sei verspätet zu seiner eigenen Hochzeit erschienen, weil er „im Goethe gelesen” habe). Man nahm damals Schillers Wort vom „Bruchstückmenschen” – neudeutsch Fachidiot – kollektiv ernst und versuchte, sich durch das Streben in andere Sphären zu vervollkommnen und sein Dasein so zu veredeln. Tempi passati? Nun, das muss jeder jeden Tag und für sich ganz allein entscheiden.
Sich rundender 27. Februar 2016
Es stimmt, geehrter Herr***, was ein Rezensent von Deutschlandradio Kultur zitiert hat, im ersten Band meiner Acta diurna steht tatsächlich geschrieben, Wladimir Putin sei „der einzige echte Charakter unter den derzeitigen Politikern” (übrigens steht dort „vor Netanjahu”), allerdings hat der Rezensent etwas weggelassen, aus Gründen, über die Sie gern spekulieren dürfen, nämlich die beiden nicht ganz unwichtigen Wörtchen „als Gestalt”. Ich habe auf die politischen Führer der Gegenwart gewissermaßen aus der Perspektive Shakespeares zu blicken versucht, und da gibt es an dieser Aussage nicht ein Iota zu korrigieren (wobei sich für die Komödie allmählich Donald Trump anböte)…
Immer noch 27. Februar 2016
„Sehr geehrter Herr Klonovsky,
ich erlaube mir, Sie auf unsere mit Hilfe der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft ehrenamtlich organisierte Akademie der Freiheit hinzuweisen. Vielleicht gibt es in Ihrem Umfeld oder unter den Lesern Ihres Blogs talentierte, politisch interessierte junge Schüler oder angehende Studenten, für die eines der 20 Stipendien für unsere Sommerakademie in Frage kommen. Die Bewerbungsfrist ist der 30. April 2016.
Viele Grüße aus Texas,
Christoffer Koch„
Aber gern und hiermit geschehen.
(Anmerkung für Interessierte: Die Akademie tagt in Brandenburg, nicht in Texas.)
27. Februar 2016
Erkennt jemand den Unterschied?
Später 26. Februar 2016
„Wir haben jeden Tag so viel rechtsradikale Kriminalität und untergetauchte bewaffnete Nazis, wir haben es mit Feuerwehrmännern zu tun, die Brände legen, mit Diskussionsrunden, in denen wie selbstverständlich immer Rechtsextreme zu Wort kommen, wenn es um Flüchtlingspolitik geht – ehrlich, es hat die Grenze des Lächerlichen schon längst überschritten”, schnappatmet eine kolumnierende Wichtigtuerin auf Zeit online. „Man kann gegen Rechte, die seit Jahren Terror ausüben, nicht labern, schreiben und argumentieren, man muss Politik und Gesellschaft gestalten! Wenn es sein muss, mit Notstandsgesetzen gegenüber einem enthemmten und entfesselten Mob. Man muss Kundgebungen vor Asyleinrichtungen und Asylbewerbern verbieten. Telefone von Pegida-Demonstranten und anderen rechtsradikalen Vereinigungen müssen abgehört werden. (…) Warum können wir in Deutschland nicht ein einziges Mal Ausländer beherbergen und uns wie Menschen benehmen?” (Mehr hier.)
Zahlreiche Leserkommentare dazu sind von der Redaktion gelöscht, der erste davon mit dem Hinweis: „Verzichten Sie auf überzogene Polemik.„
Sehr komisch.
Komisch ist auch die Vorstellung der täglich untertauchenden bewaffneten Nazis (hoffentlich wird ihr Pulver nicht nass), gerade vor dem Hintergrund, was hier in Wirklichkeit täglich auf- und nach der Einreise in beachtlicher Zahl sogleich wieder abtaucht, ohne bei den Behörden vorstellig zu werden.
Aber immerhin, derzeit herrscht so etwas wie Oberwasser bei den Hetzern von der anderen Seite. Was für ein kurioses Land, in dem die Moralscheißer immer eine ideale Sprechsituation für ihre Denunziatiönchen vorfinden; man muss sich manchmal echt zusammenreißen, ihm nicht den Sturz ins Bodenlose zu wünschen.
26. Februar 2016
Die Führergläubigkeit unter Linken ist zuweilen erstaunlich. So vertraut ein Autor des FDJ-Nachfolge- und auch irgendwie Fortsetzungsblattes Jungle World (der auch sonst nicht die hellste Kerze auf der Torte zu sein scheint und die deutlich annotierte Herkunft eines Textes – meine Webseite – nicht zu erkennen imstande ist) auf die Aussagekraft des politischen Testaments Hitlers, in welchem kein Massensterbenswörtchen über die gewünschte finale Vernichtung des aus Führerbunkersicht letztlich enttäuschend schwach verteidigenden deutschen Volkes geschrieben steht. Den bekannten mündlichen Aussagen Hitlers aus den späten Kriegsjahren, gipfelnd im Resümee, wenn sich das „stärkere Ostvolk” durchsetze, sei das unterlegene germanische es nicht wert zu überleben, misstraut der Autor, weil sie bloß „kolportiert” seien, von Albert Speer, der ein unzuverlässiger Zeuge sei, von ausländischen Diplomaten, „denen Hitler kaum sein Herz geöffnet haben dürfte” (anders als seiner einzigen Liebe Speer übrigens). Aber: „Der Grund für die Popularität dieser Zitate ist ja, dass sie trefflich den Mythos bedienen, die Deutschen seien die eigentlichen Opfer Hitlers gewesen.”
Wenn verschiedene Bekenntnisse eines Politikers einander widersprechen, schaut man am besten auf seine Handlungen, und durch diese zieht sich – von den Haltebefehlen für die Ostfront und der Opferung der Sechsten Armee über die Verbote, die Zivilbevölkerung vor den vorrückenden Russen in Sicherheit zu bringen, bis hin zum sogenannten Nerobefehl – neben der Vernichtungswut gegen den Feind ein monströses Desinteresse am Schicksal seiner „eigenen” Leute. Bekanntlich hat der Krieg, je deutlicher wurde, dass er nicht zu gewinnen war, desto mehr Opfer gekostet. Für den sozialdarwinistischen Egomanen waren die Deutschen nur eine Waffe im Rassenkampf, und wenn eine Waffe sich als untauglich erweist, schmeißt man sie eben wütend in die Ecke. Zuletzt nahm unser Braunauer Alien seine vermeintlichen Volksgenossen als schiere Biomasse, die er um sich schichtete, auf dass sein Leben noch ein paar Wochen länger währe, derweil der Gegner sich erst noch durch diesen Leiberwall fräsen musste. Als er sich am Ende seines Amoklaufs zum Bilanzselbstmord die Pistole an die Schläfe hielt, dürfte diesen XXL-Sardanapal die Aussicht erfreut haben, wie viele Feinde, Getreue und Geiseln ihn in den Tod begleiten mussten.
Der „Mythos”, die Deutschen seien „die eigentlichen Opfer” Hitlers gewesen, ist mir freilich nicht geläufig; vielleicht verkehre ich in allzu gesitteten Kreisen. Womöglich aber verbirgt sich hinter seiner Herbeibeschwörung nur das propagandistische Interesse, Hitler und die Deutschen enger zu amalgamieren, als dies, zumindest aus Führersicht, geboten scheint. Natürlich ist es doof für einen strammen Antideutschen, sich ausgerechnet mit dem Oberteufel eine kurze Strecke synchronschwimmen zu sehen. Mich indes amüsiert der Anblick.
PS: Leser*** schreibt: „Sehr geehrter Herr Klonovsky, zu Hitler stellt sich mir noch die Frage, ob die Linken denn wenigstens dessen Person als Argument gegen ungezügelte Einwanderung gelten lassen würden?”
24. Februar 2016
Edith Rosh, die knuffige deutsche Wunschjüdin, die sich selber in Lea Rosh umbenannte, um nachträglich symbolisch auf die Seite der Opfer zu wechseln, eine Attitüde, die tatsächliche Shoa-Überlebende ungemein zu beeindrucken pflegt, die Fernsehjournalistin Edith Rosh also, als deren „Lebenswerk“ Wikipedia die Errichtung des Berliner Holocaust-Stelenfeldes anführt, obwohl ihr mutiger Kampf gegen das „Niedersachsenlied“ ebenfalls wert wäre, in die lebenswerklichen Dimensionen emporgepriesen zu werden, die Gedenk-Domina Edith „Lea“ Rosh denn hat in der Welt eine Anzeige veröffentlicht, welche in Versalien anhebt mit den geflügelten Worten (die eigentlich von mir stammen; ich äußerte sie erstmals anno 1990 in einem Straßburger Restaurant beim Anblick der finalen Käseplatte):
„Wir schaffen das!
Frau Bundeskanzlerin!
Sie haben unser Land verwandelt. Man hat keine Angst mehr vor Deutschland, im Gegenteil: man will nach Deutschland. Nach den Schrecken, den Untaten, die von Deutschland ausgingen, ist das auch für uns eine neue wunderbare Erfahrung.“
Der erst Satz ist ohne Zweifel richtig, Frau Merkel hat dieses Land verwandelt. Ansonsten wurde dieser Text offenkundig von einem Menschen verfasst, der entweder Interessen und/oder nicht die geringste Ahnung von Geschichte besitzt. In der Zeit, bevor Merkel das Land verwandelte – wir werden in den nächsten Jahren sehen, in was –, kamen bekanntlich mehrere Millionen Türken, Italiener und Polen nach Deutschland, und wenn ich recht im Bilde bin, war unter diesen Menschen die Angst vor Deutschland verblüffend unausgeprägt; außer Akif Pirincci, der sich zu seinem Unglück sogar auf die Deutschlandliebe verstieg, wird auch bis heute kaum einer von ihnen politisch verfolgt. Doch schon seit – zumindest für Frau Rosh – Olims Zeiten reisten Menschen vergleichsweise angstfrei dauerhaft in deutsche Lande ein, wobei diese Angstfreiheit sich etwa für Salzburger Protestanten oder französische Hugenotten erst einstellte, als sie endlich preußischen Boden unter den Füßen wussten; zuvor mussten sie gewisse Nächte überleben, deren berühmteste den Namen eines der zwölf Apostel trägt und zu Paris zelebriert wurde. Auch unter den muslimischen Bosniaken, die in der friderizianischen Armee Dienst taten, scheint die Angst vor Deutschland kontrollierbar gewesen zu sein. Fjodor Dostojewski wiederum wechselte zwar ständig die Spielbanken – sein im „Spieler“ verewigtes Martyrium führte ihn erst nach Wiesbaden, dann nach Baden-Baden und schließlich nach Bad Homburg –, doch wenn die Legende nicht falsche Tatsachen vortäuscht, hatte er nur Angst vor gewissen Gläubigern, die mehrheitlich nicht einmal Deutsche waren. Sein Kollege Vladimir Nabokov emigrierte vor einem leicht exzentrischen Gesellschaftsexperiment, das gleichwohl bis heute Fürsprecher in den deutschen Feuilletons besitzt, anno 1917 aus seiner russischen Heimat nach Berlin, wie Abertausende seiner Landsleute auch, von denen sich die wohlhabenderen in Charlottenburg niederließen, weshalb sich die Bezeichnung „Charlottengrad” etablierte, und aus dieser Klientel ist ebenfalls keinerlei Angstbekenntnis gegenüber irgendeinem im Exilland waltenden Schrecken überliefert. Jener hub erst 1933 an, vertrieb unter anderem Nabokov nach Amerika, und endete bekanntlich 1945. Zwölf Jahre von tausend.
Jedoch für Personen solch ideologisierten Schlages ist dies die essentielle Zeit, während die helldeutsche Geschichte ungefähr 1968 beginnt, wenngleich sie 1945 als das Geburtsjahr ihres besseren Landes begreifen, nur war die Nachkriegsrepublik zwar gottlob geteilt und besetzt, aber eben noch voll mit Nazis, Konservativen, Katholiken, Patriarchen, Adligen, Gesinnungsmüttern, Vertriebenen, Reaktionären und anderen Orks. Das musste erst alles verschwinden, ehe die wirkliche helldeutsche Geschichte anheben konnte. Und die unwesentliche Zeit vor 1933 fällt unter Wegbereitung der essentiellen, der allerschlimmsten Jahre.
PS: „Sehr geehrter Herr Klonovsky, zu Ihrem Artikel fiel mir ein Witz ein, der vor einigen Jahren in der Berliner jüdischen Gesellschaft kursierte und die Dame wunderbar auf den Punkt brachte. Vermutlich kennen Sie ihn schon, falls aber nicht, wäre es zu schade, wenn er Ihnen entginge: ‚Wer hat einen Dachschaden, wäre aber lieber meschugge?’“
22. Februar 2016
Darf man, fragt Freund*** kummervoll, nach Clausnitz noch Gedichte schreiben?
18. Februar 2016
Dass der Chef der Zürcher Weltwoche, Roger Köppel, neuerdings für die Schweizerische Volkspartei im Nationalrat sitzt, „schränkt seinen Denkraum weiter ein“, statuiert der Spiegel-Journalist Thomas Hüetlin. Das könnte sogar stimmen – aber warum ist diese Formulierung im Spiegel weder gebräuchlich noch vorstellbar, wenn es um den Denkraum eines grünen Abgeordneten ginge? Weil der vorher schon hinreichend eng war? Was den Schweizer Unruhestifter angeht, werden wir weiterhin belehrt, seine Politik sei „ressentimentgetrieben“. Kurz zuvor reiht Hüetlin eine Art Schlüsselroman eines ehemaligen Weltwoche-Mitarbeiters unter die Anklagepunkte, welcher beschreibe, wie der Chefredakteur einer Wochenzeitung „immer mehr dem rechten Denken und dem Ressentiment verfällt”. – Halten wir kurz inne: Wenn ein eher unbekannter Journalist einen bekannten Journalisten angreift, ein Angestellter einen erfolgreichen Unternehmer, ein politischer Räsonnierer einen aus dem Stand ins Parlament gewählten Politiker, und sich dabei als Besitzer einer angeblich moralischeren Weltsicht aufspielt, was ist das anderes als sortenreines Ressentiment?
Lasst uns, liebe Kinder und vereinzelte Eltern, heute also über das Ressentiment reden. Es bedarf keines empirischen Nachweises, dass mit dem Begriff in der hiesigen Öffentlichkeit nahezu ausschließlich gegen „rechts” hantiert wird, das ist eindeutig. Sogar der Verfasser dieses Diariums, gewiss einer der ressentimentfreiesten Menschen in seinem Hausgang, sah sich mit diesem Vorwurf konfrontiert, gewissermaßen summarisch, denn ein Rezensent des Deutschlandradios verwies ihn mit dem Dekret „Die Schwäche des rechten Denkens ist das Ressentiment, die Schwäche des linken Denkens die Phrase“ des diskursiven Feldes. Quod erat hinreichend demonstrandum.
Was aber bedeutet eigentlich Ressentiment?
Zunächst einmal: Der Vorwurf ist ehrenrührig. Gemeint ist eine schwelende, sinistre, enge, dumpfe Gemütsverfasstheit, die anderen Böses wünscht. Wenn wir von „ausländerfeindlichen Ressentiments“ hören, von „rassistischen Ressentiments“, von den „Ressentiments der alten weißen Männer“ oder (freilich zunehmend seltener) von „antisemitischen Ressentiments“, ist uns klar, dass jeder, den die Vorwürfe treffen könnten, aus der Gemeinschaft der Anständigen besser auszuschließen ist. Beziehungsweise er es schon selbst erledigt hat. Ressentiment scheint so etwas wie moralische Krätze zu sein.
Eine halbwegs adäquate Übersetzung des französischen Wortes lautet „Groll”, näherhin ist ein heimlicher Groll gemeint. Der Groll unterscheidet sich vom Zorn dadurch, dass er sich nicht ausagiert, sondern vor sich hin schwelt und brütet. Er nagt an dem Grollenden und verdüstert sein Leben. Etwas nagt an dem Grollenden und verdüstert sein Leben. Daraus lässt sich zunächst einmal folgern, dass dieses Etwas stark genug sein muss, den Grollenden in seiner Aversion verharren zu lassen. Das Ressentiment kann sich nicht – beziehungswiese nicht direkt – ausagieren. Ressentiment richtet sich immer nur von unten nach oben. Es ist ein Zeichen von Ohnmacht. Wer immer das Wort verwendet, sollte sich das zunächst vor Augen führen. Wer „ausländerfeindliche Ressentiments“ in sich trägt, ist gewiss kein Plantagenbesitzer, noch wohnt er in einer Villengegend.
Aber ist der Begriff überhaupt semantisch sinnvoll zu umgrenzen? Hatte etwa Spartakus ein Ressentiment gegen Rom? Gab es unter den Männern des 20. Juli 1944 ein Ressentiment gegen Hitler? Hegten die verfolgten Juden Ressentiments gegen die Nazis? Man sieht sogleich, der Groll muss eine negative moralische Dimension bekommen, sich gegen etwas Anerkanntes, Positives richten, damit er sich im Kraftfeld des Zeitgeistes zum „Ressentiment” aufladen kann. Damit wird der Begriff aber moralisch gefasst, also relativ, und für die Beschreibung einer Gesellschaft ungefähr so ergiebig wie das ptolemäische Weltbild für jene unseres Sonnenensystems. Ein paar linke Schlaumeier haben ein eleganter als alle deutschen Entsprechungen klingendes Fremdwort gekapert und in ihren Herrschaftsdiskurs eingespeist. Der Journalist zieht verlässlich mit. Ressentiment ist folglich alles, was schwelend böse ist und dem von Fall zu Fall neu zu definierenden Menscheitsfortschritt irgendwie im Wege liegt. Aber dann könnte man doch gleich „schwelend böse” sagen oder vom dumpfen Groll sprechen? Wut ist Wut, Hass ist Hass, Geiz ist Geiz, Neid ist Neid, Groll ist Groll. Ohnmächtiger Groll ist ohnmächtiger Groll, und so fort. Was wäre das Besondere am Ressentiment?
Um zu beschreiben, aus welchen negativen Energien sich Pöbelaufstände wie die französische Revolution oder die 68er Studentenunruhen speisten, verwendet heute kaum jemand den Terminus Ressentiment (zumal in dem Augenblick, wo es sich triumphierend durchgesetzt hat, es schon wieder keines mehr im Sinne des heimlich schwärenden Grolls wäre, sondern jenes der besiegten Gegenseite auslöste). Die Motive für die besagten Aufstände sind mit Worten wie Neid, Wut, Hass, Zorn hinreichend beschrieben. Nicht einmal wenn wir nach dem Gegenstück des Ressentiments suchen und es im Gönnen festmachen, geraten wir ins Eindeutigere, denn Gönnen ginge auch als das Gegenteil etwa des Neides oder der Missgunst durch. Man wird feststellen, dass Ressentiment kein besonders fruchtbarer Begriff ist, dessen wahllos-gezielte Verwendung in der Gegenwart sich wohl lediglich seinem Hautgout, seiner pejorativen Kraft verdankt. Es sei denn, man vollzieht jene entscheidende Wendung, die Nietzsche ihm gab. Ein Ressentiment, das den Namen verdient, ist schöpferisch, und zwar gegen-schöpferisch. „Der Sklavenaufstand der Moral beginnt damit, daß das Ressentiment selbst schöpferisch wird und Werte gebiert: das Ressentiment solcher Wesen, denen die eigentliche Reaktion, die der Tat, versagt ist, die sich nur durch eine imaginäre Rache schadlos halten“, heißt der berühmte Passus in Nietzsches „Genealogie der Moral“ (1. Abhandlung, 10. Abschnitt). „Die Schwäche soll zum Verdienst umgelogen werden“, fährt der Philosoph fort (1,14). „das Sich-nicht-rächen-Können heißt Sich-nicht-rächen-Wollen“. Nietzsche verortete dieses schöpferische Ressentiment bekanntlich in der jüdisch-christlichen Tradition, in welcher eine schlaue Priesterkaste die Ohnmacht zur Tugend umdefiniert habe bzw. durchaus hat; dies soll uns hier nicht interessieren. Dass die Botschaft Christi im Kern vollkommen ressentimentfrei ist, steht für mich außer Zweifel (und auch Nietzsche hätte in diesem Fall wohl zugestimmt).
Das Ressentiment, das diesen Namen verdient, wird also tätig, aber es attackiert nicht direkt, sondern auf Schleichwegen, es greift nicht das Überlegene und Vortreffliche an, sondern behauptet, es existiere überhaupt nichts Überlegenes und Vortreffliches beziehungsweise es sei woanders zu finden, und alles, was bislang als vortrefflich gegolten habe, sei unter moralischen Gesichtspunkten anrüchig, diskriminierend, ein bloßes Machtmittel, eine Konvention, ein „Konstrukt”. Es handelt sich keineswegs um Ressentiment, wenn sich Menschen gegen eine Tyrannei erklären; ein Machtloser, der nach Macht oder „Teilhabe“ verlangt, ist ein völlig normaler Fall, warum sollte man ihn mit Resssentiment in Verbindung bringen? Ressentiment wird daraus, wenn der Machtlose behauptet, Macht sei schlecht. (Erzähle jetzt keiner vom Barfüßler Gandhi, der wusste sehr wohl, wie man Macht gebraucht.) Der Fuchs, der nicht an die Trauben kommt und beteuert, sie seien ihm viel zu sauer, befindet sich mit diesem Argument auf dem Wege ins Ressentiment, aber voll erblühte dieses erst in der Behauptung, süß sei schlecht (um ein treffendes Bild Max Schelers zu gebrauchen). Wer behauptet, er entstamme zwar keiner großen alten Familie mit Tradition, aber er könne dasselbe leisten wie jemand mit diesem erlauchten Pedigree, mag recht haben oder nicht, aber erst, wenn er sagte: Tradition ist schlecht, wertlos, diskriminierend etc., agierte er im Banne des Ressentiments.
Wenn dem so ist, dann gelangt man rasch zu der Erkenntnis, dass das Ressentiment weit eher auf seiten der (neidischen) Linken zu finden sein muss als auf jener der (geizigen) Rechten. Die Linke versucht schließlich, das Bestehende unter ständigen Legitimationsdruck zu setzen, sie attackiert unentwegt Institutionen, Traditionen, Gepflogenheiten, Konventionen und Konstanten unter dem Hinweis darauf, diese seien ungerecht, elitär, hierarchisch, patriarchalisch, rassistisch, sexistisch, nicht mehr zeitgemäß, schlössen Menschen aus etc pp. Hier gibt es nicht nur für das Gerechtigkeitsempfinden, sondern auch für das Ressentiment ein unüberschaubares Betätigungsfeld. Intellektuelle Moden wie Feminismus, Multikulturalismus, Gender Studies, Poststrukturalismus sind ohne das unterschwellige Wirken von Ressentimentkräften gar nicht denkbar, wie überhaupt die geisteswissenschaftlichen Fakultäten an den Universitäten veritable Ressentimentkraftwerke bilden, in denen Benachteiligungsgefühle durch Diskursturbinen geleitet und in moralische Erpressungsenergien umgewandelt werden. Das ganze Projekt „Diversity” ist angewandtes Ressentiment, es richtet sich in Wahrheit gegen jede Distinktion, jede Art von Vornehmheit, Erlesenheit und Besonderssein. Das Ressentiment will die Herrschaft des Mittelmaßes (und vielleicht wird der Planet ja anders nicht zu retten sein als vermittels durchgesetzten Mittelmaßes), deswegen gedeiht es gemeinhin nicht bei Menschen mit einem IQ unter 100, sondern in jenen Intelligenzregionen, die von Dummheit und Genialität gleichermaßen weit entfernt sind. Einzig in historischen Ausnahmesituationen, wenn etwa Rom herrscht und der vermeintliche Erlöser am Kreuz endet, kann es vorkommen, dass sich ein Genie ins Ressentiment verirrt und die paulinische Umwertung vornimmt.
Und so lässt sich letztlich aus dem teilergiebigen Begriff wenigstens eine persönliche Lehre ziehen: Man prüfe sein Denken und Urteilen stets genau darauf, ob sich Ressentiment hineinverirrt hat. Und wenn, dann verwerfe man den gesamten Gedanken.
12. Februar 2016
Derselbe Wein schmeckt bekanntlich aus verschieden geformten Gläsern ganz leicht unterschiedlich; ein ähnliches, wenngleich weit durchschlagenderes Phänomen ist zuweilen auch beim „Geschmack” ein- und desselben Textes in verschiedener Umgebung zu beobachten. Ich meine dabei nicht die Tatsache, dass ein Artikel in einem angesehenen Periodikum immer seriöser wirkt, als wenn derselbe Artikel in einer Studentenzeitung stünde; das ist normaler Selbstbetrug. Viele Menschen scheinen aber der Ansicht zu sein, dass die Qualität eines Textes davon abhängt, wer ihm beipflichtet und wer nicht, ja nicht nur das: Sie meinen offenbar, die Qualität verändere sich geradezu dadurch. Derselbe Gedankengang, den sie am Morgen noch glänzend fanden, kommt ihnen am Nachmittag anrüchig vor, nachdem sie gelesen haben, wieviele Falschmeiner den Text, worin er entwickelt wurde, „geliked“ und kommentiert und wieviele maßgebliche Vertreter des Establishments ihn verurteilt haben. Plötzlich fällt ihnen auf, welch gefährliche Assoziationen in diesem Text verborgen liegen, auf welche radikalen Folgerungen er hinauslaufen könnte. Ihre Sympathie für den Autor beginnt zu verfliegen; im Grunde sind sie ihm sogar ein bisschen böse dafür, auf welches Eis er sie geführt hat und welche Begeisterung er dabei aus ihnen zu kitzeln vermochte. Am Morgen werden sie sich erstmals öffentlich von diesem Autor distanzieren.
Nur der Text ist unverändert geblieben.
Späterer 9. Februar 2016
Der soeben verstorbene R. Willemsen ist für mich insofern interessant, als er einen Trend verkörperte, den ich bereits länger beobachte: Immer mehr westliche Y‑Chromosombesitzer sterben als großer Junge (oder, wenn’s am Ende schnell geht, als juveniler Greis); das Stadium des Mannes, zumal des reifen Mannes, lassen sie einfach aus.
Jetzt erst gesehen: Im aktuellen Spiegel frohlockt das Pendant ungefähr eines Quästors aus dem Jahres 407 darüber, dass es keinen einzigen germanischen Barbaren zu den Parthern, quatsch, Sassaniden, zieht, dass sie allesamt nur nach Rom wollen…
9. Februar 2016
„Was diese KonstruktivistInnen alles zusammenkonstruieren”, schreibt Leser ***, auf den Brief vom Vorabend Bezug nehmend. „Ich bin in Deutschland geboren, aber sicher kein Deutscher. Wie könnte ich? Warum sollte ich? Und das muss, weil überhaupt kein Problem, auch nicht besonders ‚diskursiviert’ werden…”
Nein, geehrter Herr ***, das muss es in Ihrem Fall nicht, dergleichen intellektuelle Turnübungen werden ausschließlich für jene ethnischen Gruppen veranstaltet, deren Angehörigen der gesellschaftliche Aufstieg signifikant häufig versagt bleibt. Was stets weniger an den besagten Gruppen, ihren Sitten, Bräuchen oder, hui!, Genen liegt, sondern weit mehr an den weißen Aufnahmegesellschaften. Also Ostasiaten bleiben einstweilen von der Unterstellung verschont, ihre Fremdheit sei von den deutschen Lantenzrassisten „konstruiert”, weil sie aus eigener Kraft aufsteigen und keine intellektuellen Fürsprecher benötigen. Für Letztere ist das Spiel recht simpel: Sie können sich als Tugendhelden aufführen, wenn sie Partei ergreifen für die Diskriminierten bzw. Sich-diskriminiert-Fühlenden dieser Erde, dem je angesagten linken Theoriedesign sich anschmiegend, und zugleich lassen sie sich via Staatsknete von ihren latenzrassistischen Landsleuten alimentieren, denn in der rauhen Luft der Marktwirtschaft wären diese Tanten beiderlei konstruierten Geschlechts ja nicht besonders überlebensfähig.
Mitternachtsnaher 8. Februar 2016
„Sehr geehrter Herr Klonovsky,
zu Ihrem Eintrag vom 8. Februar möchte ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen:
(…)
Der Begriff ‚postmigrantisch’ wird seit langem verwendet. Muss ich aus der Tatsache, dass Sie hinter diesen Begriff ein ’sic!’ setzen, schließen, dass Ihnen das – ebenfalls – unbekannt ist? Mein Eindruck ist, dass Ihnen dieser Begriff nicht nur unbekannt ist, sondern dass Sie ihn auch missverstehen. Auch wenn Leute wie Sie offensichtlich schon in ihren hermeneutischen und intellektuellen Fähigkeiten von ihren politischen Affekten so beeinträchtigt sind, dass Sie hier Ihrem Wunschdenken auf den Leim zu gehen scheinen, meint der Begriff nicht das Ende von Migration, sondern den Zustand nach der erfolgten Migration, also den Zustand, den Ihre Frau seit langem auf eine sehr erfolgreiche und bewundernswerte Art und Weise erreicht hat. Übrigens: El-Tayeb weist in Ihren Publikationen auch darauf hin, dass als ‚undeutsch’ heute andere Identitäten diskursiviert werden als etwa in der Zeit vor 1945. Da war ‚undeutsch’ zeitweilig fast synonym mit ‚jüdisch’. Das beweist die historische Dimension (nicht nur) der deutschen Identitätspolitik und die besondere Bedeutung, die Formen des (zumal rassifizierenden) Ausschlusses daraus dabei haben; Einsichten, über die Sie sich in Ihrem Post lustig zu machen oder die Sie intellektuell zu überfordern scheinen. Ich gehe fest davon aus (und würde Ihnen dabei ausnahmsweise einmal zustimmen), dass Sie jedem, der das Deutschsein Ihrer Frau, auf jeden Fall aber das Ihrer gemeinsamen Kinder in Frage stellen würde, auf die Nase geben würden.
Den gesunden Menschenverstand gegen die These des Buchs zu beschwören, wie Sie es mit Ihrem Davila-Zitat nahelegen, ist die Rhetorik derjenigen, die keine Argumente haben. Ich konstatiere Ihnen gerne eine gewisse sprachliche Qualität in der Artikulation Ihrer Argumentlosigkeit. Das scheint Ihnen ja sehr wichtig zu sein, wenn man Ihre Anmerkungen unter ‚Allerlei’ betrachtet. Es ist schön, dass Sie so nach Anerkennung lechzen. Das macht Sie berechenbar. Ich bin sicher: wenn die konservative Revolution (oder von welcher Sie auch immer träumen mögen) ausfällt, wird sich jemand finden, der Ihnen über den Kopf streichelt, Sie in den Arm nimmt und Ihnen tröstend ins Ohr flüstert: ‚Du hast aber wirklich schön geschrieben!’ Ich bin sicher, dass Sie danach irgendwann Ruhe geben, zumindest solange man es täglich wiederholt.
(…)
Schreiben Sie ruhig weiter. Ihre ’15 Minutes of Fame’ sind bestimmt bald vorbei. Wer wird dann Ihre Texte noch für schön befinden?
Mit freundlichen Grüßen
Ein Leser”
Grüß Gott geehrter Leser,
Pünktchen für Sie, ich bestelle mir das Buch, zugegebenermaßen à contre-coeur, und wenn ich mit dem Opus, das ich gerade schreibe, fertig bin – und ohne konstruktivistische Sauerstoffmaske in diesen für mich ungewohnten argumentativen Höhen zurechtkomme –, werde ich am Ende gar in meinem kleinen Eckladen derüber rapportieren.
Zwei Petitessen stören mich an Ihrem Schreiben.
Zum einen, dass Sie unterstellen, Vulgärkonstruktivismus und Poststrukturalismus, also jene Moden, die sich im universitär-geisteswissenschaftlichen Milieu ziemlich porenfüllend ausgebreitet haben, produzierten intellektuell besonders anspruchsvolle Texte und Theorien; das ist nicht der Fall, sonst würde z.B. ich mich weit mehr dafür interessieren. Von dem miserablen Stil, in dem diese Abhandlungen meistens verfasst sind, zu schweigen.
Zum anderen, dass Sie auf die reichlich närrische Idee kommen, meine Frau wäre eine Deutsche geworden oder lege Wert aufs Deutschsein. Wie könnte sie? Warum sollte sie? (Bei den Kindern ist es ein ander Ding.)
Behalten Sie mich in angenehmer Erinnerung, Ihr ergebener
MK
Auf ein PS unter vier Augen: So wie es eine glücklich-unglückliche Fügung verhindert hat, dass ich in meiner späten Jugend wirklich zum Alkoholiker werden konnte, verhindert es gottlob bis heute und wahrscheinlich auch fürderhin eine grundsolide Aversion, ja ein regelrechter Ekel vor den vulgären Ideen und egalitären Idealen meiner Zeit, vor der Gesinnungsstreberei, die sie auslösen, und dem Denunziationseifer, mit welchem sie durchgesetzt werden, dass ich „nach Anerkennung lechze”. Macht mich aber auch halbwegs berechenbar.
PPS: Einer dieser vor Witz und Esprit funkelnden, allseits anerkannten deutschen Großintellektuellen, ein „Genie”, ohne das „wir kämpfen müssen, um nicht in einer Republik von Langweilern zu enden”, wie ein anderes Genie auf Spiegel online schreibt, ist nach „30 years of fame” soeben verschieden – fällt Ihnen, geehrter Herr, eventuell etwas auf?
Späterer 8. Februar 2016
Übrigens: Je suis „Ilmtaler Asylabwehr”!
(Sogar Bruchteile der Presse mokieren sich über die versuchte Zensur von Karnevalswagen, aber das ist wohl auch der Trick und Dreh daran: Man fingiert so etwas wie kritische Öffentlichkeit, und gleichzeitig wird die Meinungsfreiheit, die ja gerade das Drastische, Verletzende, Bösartige betrifft, immer mehr beschnitten – der nächste Faschingsumzug dürfte sicherlich frei von anstößigen Motiven sein.)
8. Februar 2016
Eins
Nicht dass er sich gegen die AfD positioniert, sondern wie er es tut, kennzeichnet den Opportunisten.
Zwei
Was ist hier falsch? „Fremdwort Zivilcourage: Alica Trovatello, Tochter des Bläck-Fööss-Gitarristen, wird zusammengeschlagen und niemand greift ein”, schlagzeilt die Unterhaltungsmusikzeitschrift Rolling Stone (ich habe keine Ahnung, was „Bläck Fööss” bedeutet, aber es muss in der dortigen Eingeborenenfolklore eine gewichtige Rolle spielen). Der Kölner Express hat den Vorfall tags zuvor bereits auführlich beschrieben: Die 26jährige hatte am Freitagabend Karneval gefeiert und war auf dem Heimweg gegen 2 Uhr nachts am Bahnhof Ehrenfeld ausgestiegen. Dort, berichtet sie, habe sie eine Gruppe Jugendlicher passieren wollen. Einer der jungen Männer habe sich vor ihr aufgebaut und sie „sexistisch auf das Übelste beschimpft”. Dann habe er ihr Sachen aus der Hand gerissen und sie ins Gesicht geschlagen. „Im Umkreis waren 20 Leute, ich habe um Hilfe gerufen – doch niemand hat das interessiert.” Stattdessen habe sich ein weiterer Mann aus der Gruppe dazugesellt und sie ebenfalls geschlagen. Die junge Frau flüchtete in eine naheliegende Bierstube, deren Wirt sie prompt wieder vor die Tür gesetzt habe. „Er meinte, er wolle keinen Ärger in der Kneipe haben.“ Inzwischen hatten sich die Schläger aber mit einer anderen Gruppe angelegt, schließlich sei die Polizei gekommen. Die Beamten konnten immerhin einen der Täter festnehmen.
Was also ist hier falsch? Hat vielleicht Alica Trovatello etwas falsch gemacht?
Zunächst noch einmal zum Zivilcourage einklagenden Rolling Stone. Dort steht zu lesen, eine Polizeisprecherin habe erklärt, bei dem Mann handle es sich „um einen polizeibekannten 24-jährigen deutschen Staatsbürger”. Außerdem: „Von einer Seite erhielten die Angreifer sogar Lob: Pro-NRW-Vize Dominik Roeseler verhöhnt Alica Trovatello auf seiner Facebook-Page. Weil ihr Vater mit den Black Föös gegen u.a. Pegida auftrete, habe es ‚bei dem Vater die richtige getroffen’.” Können Sie dem zivilcouragierten Gazettlein folgen, das nicht einmal hinreichend Magerstufen-Courage besitzt, um den Gorilla auf der Hollywoodschaukel zu erwähnen? Klar, das Blatt folgt seinerseits nur Bild, wo exakt dasselbe zu lesen steht: fünf Männer, deutscher Staatsbürger. Anders der Express: „Gegen Yussuf B. (24, Name geändert) liegen laut Polizei bereits über 20 Einträge, darunter schwere Körperverletzung, vor.” Nochmals: Was ist falsch?
Ist es:
a) dass Yussuf B. (Name geändert) nicht schon lange im Gefängnis saß? Oder
b) dass der Express nicht Holger B. (Name geändert) geschrieben hat und dafür eine Rüge des Presserats verdient? Oder
c) dass sich Alica Trovatello nachts allein und ohne züchtige Kopfumhüllung in der Öffentlichkeit herumtreibt?
Schicken Sie Antwort a) und c) bitte an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, z.Hd. Gen. Meiko Haas, Mohrenstraße 37, D‑10117 Berlin; Antwort b) an den Deutschen Presserat, Fritschestr. 27/28, 10585 Berlin;
Drei
Man liest ja so vieles nicht, aber das ganz besonders gern nicht: „Die Konstruktion des Anderen in der postmigrantischen (sic!) Gesellschaft”, heißt der Titel eines Buches der Historikerin Fatima El-Tayeb. Die Autorin nähere sich „den aktuellen Diskussionen um die deutsche Identität durch ihre historische Kontextualisierung und deren Lücken”, heißt es im Ankündigungstext, und sie untersuche „die Auswirkungen dieser einseitigen Geschichtsaufarbeitung anhand dreier rassifizierter Gruppen – Schwarze, Roma und Muslime – als ‚undeutsch’ ”. – Nochmals Gómez Dávila: „Damit es nicht traurig ist, inmitten einer allzu dummen Meinung zu leben, ist es nützlich, sich jederzeit daran zu erinnern, daß die Dinge offensichtlich das sind, was sie sind, mag die Welt meinen, was sie mag.”
Vier
Aber ein Stattdessen: morgens ein paar Goethe-Briefe, abends zwei, drei Gedichte, zum Beispiel altchinesische Lyrik, schon ist man gestärkt (statt informiert), angerührt (statt hysterisiert) und auf der Höhe der Zeit (statt auf dem Laufenden). Sela, Psalmenende.
7. Februar 2016
Nicolás Gómez Dávila spricht:
„Die Bücher haben ein unheilvolles Schicksal: Entweder werden sie vergessen oder studiert.”
„Quasi das einzig Unterhaltsame an den ‚Unterhaltungen’ ist das Schauspiel des dummen Gesichtes derer, die sich unterhalten.”
„Legitim ist das soziale System, das die Koexistenz der größtmöglichen Zahl an Werten erlaubt.”
„Der demographische Druck vertiert.”
„Der Fehler des progressistischen Christen besteht darin, zu glauben, daß die durchgehende Polemik des Christentums gegen die Reichen eine implizite Verteidigung der sozialistischen Programme wäre.”
„Die kindliche Sexualität ist nicht vorerwachsen, sondern vorerbsündlich.”
„Literatur ist alles, was mit Talent geschrieben wird.”
„Die Lektüre kleinerer Dichter taucht sicherlich auf unter den Foltern der Hölle.”
6. Februar 2016
In der demnächst wohl einstigen sogenannten Karnevalshochburg Mainz hat die Polizei für den Rosenmontagsumzug erstmals sichere Räume und Notinseln für Frauen eingerichtet. Dort können die Damen gegebenenfalls tun, was heute ohnehin immer mehr Deutschen obliegt und im kommenden Epöchlein ein veritabler Trend werden dürfte: Schutz suchen vor Schutzsuchenden.
Neues geflügeltes Wort: Wir wollen keine schlafenden Araber wecken.
5. Februar 2016
Relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit und von mir auch nur durch die Lektüre der eher arkanen neuen musikzeitung (nmz) registriert, ging Ende Januar in der Hamburgischen Staatsoper erstmals die Oper „Stilles Meer” des Japaners Toshio Hosokawa über die Bühne, „Fukushima als Oper” (tagesschau.de), „Grüße aus Fukushima” (zeit.de), die „Oper über Fukushima” (ntv) oder eben gleich „die Fukushima-Oper” (stern.de, welt.de etc. pp.). Prompt rauschte unsereinem die Idee durch die bislang vielleicht allzu unkorrupte Rübe, eilends ein Textbuch für ein Oratorium namens „Global Warming” zu schreiben, mit Chören aussterbender Eisbären und vor Hitze kollabierender Pinguine, antiphonal vorzutragen, oder noch besser: das unter alle sieben Häute gehende Libretto für eine Oper über ein von sächsischen Wutbürgern belagertes Asylantenheim. Freilich ließ mich der Hintergedanke, dass das angebliche Fukushima-Opus ja nun von einem Japaner stammt, erst einmal weiterlesen, und so stellte sich heraus, dass der Begriff „Fukushima” in der gesamten Oper nicht ein Mal auftaucht, laut Programmheft die Handlung aber in einem Dorf „an der Grenze zum Sperrgebiet rund um Fukushima 1, unweit des Kernkraftwerks” spielt. Mmm.
4. Februar 2016
Eins
Gestern abend erzählte mir ein befreundeter Physik-Professor, er habe in allen seinen wissenschaftlichen Publikationen noch nie eine Arbeit zitiert, die vom afrikanischen Kontinent und aus dem arabischen Raum stamme, Südafrika und natürlich Israel ausgenommen, und zwar keineswegs vorsätzlich, sondern weil dort einfach nichts Relevantes veröffentlicht werde. Was das gesamte muslimische Vorderasien angehe, bildeten der Iran und die postatatürk’sche Türkei Ausnahmen, wobei Letzere unter Erdogan sich inzwischen möglicherweise zur Regression anschicke. –
Heute nun lese ich, ein, wie es heißt, Experte erheische Arabisch als Pflichtfach in deutschen Schulen. Etwa bei ntv: „Mit seiner Forderung, auch deutsche Kinder müssten in der Schule Arabisch lernen, stößt der Präsident der privaten Kühne Logistics University in Hamburg, Thomas Strothotte, eine neue Debatte über Integration an. In einem Gastbeitrag für die Zeitung Die Zeit schrieb Strothotte: ‚Hierzulande sollte hinzukommen, dass die Flüchtlingskinder aus dem Nahen Osten Deutsch und die deutschen Kinder Arabisch lernen’. Beide Sprachen, so der Informatiker, müssten für alle Schüler und Schülerinnen bis zum Abitur zur Pflicht werden – und im Optimalfall auch als gleichberechtigte Sprachen im Unterricht anerkannt werden. Auf diese Weise würde den jungen Deutschen ‚ein Zugang zur arabischen Welt’ ermöglicht. (…) Bereits vor zwei Jahren hatte zudem der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer, Christian Wiesenhütter, ähnliches gefordert. ‚Wir müssen endlich anerkennen, dass Arabisch eine Weltsprache ist, und wir müssen Schritt halten’, hatte er dem Tagesspiegel gesagt.”
Das letzte Mal, dass einem Volk bzw. einer Bevölkerung oder eben auch Menschen da draußen im (damals freilich festumfriedeten) Land eine Fremdsprache als Pflicht auferlegt wurde, war in der DDR, an deren Vorbildlichkeit für hiesige Schritthalter mit jedem Tag immer weniger Zweifel bestehen. Dass ausgerechnet ein Informatiker dergleichen vorschlägt, also ein Mensch aus einer Sparte, in der Arabisch nicht die geringste Rolle spielt, soll uns als Einwand nicht irritieren, denn in welcher wissenschaftlichen oder allgemeiner geistigen Sphäre, mit Ausnahme der religiösen, spielte Arabisch eine Rolle? Es ist, zuweilen, ein heikles Unterfangen mit der Gleichberechtigung.
Doch schauen wir zuerst auf die möglichen positiven Begleiterscheinungen flächendeckender Unterrichtung in der Sprache Muhammads, Gott segne ihn. Zunächst einmal könnten deutsche Kinder bereits nach kurzer Zeit das islamische Glaubensbekenntnis fehlerfrei sprechen, etwas später auch den Koran im Original lesen, was ja, folgt man den Auskünften muslimischer Bekenner, ein ästhetisch einzigartiges Erlebnis und für das sich-Einschwingen aufs Gebet nahezu unerlässlich sein soll. Wer sich für das Hochmittelalter, die Schriften von Averroës und Avicenna oder die Endfassung der (eigentlich dem Indisch-Persischen entstammenden) „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht” interessiert – unter deutschen Schülern bekanntlich sehr verbreitete Leidenschaften – wird im Arabischen großes Vergnügen und bisweilen gar Belehrung finden, wenngleich speziell lyrisch Interessierte sich besser gleich aufs Persische verlegen sollten. Nicht zuletzt kann eine arabisch bekundete Unterwerfung während einer nächtlichen U‑Bahnfahrt zuweilen gesundheitsfördernd wenn nicht gar lebensrettend wirken.
In eine noch rosigere Zukunft einer deutsch-arabischen Lernsymbiose weist der launige Einwurf meines Kollegen ***, in diesem Falle erhöhe sich endlich einmal die Zahl derjenigen, die auch arabisch schreiben könnten. Will meinen: Die Zahl der arabischsprechenden Nichtanalphabeten stiege. Wenn biodeutsche Schüler ins Arabische drängten, bestünden gute Aussichten, dass dieses ehrwürdige Idiom sich bis zum endgültigen Verschwinden der bzw. des Deutschen zu einer achtbaren und geschlechtergerechten neuen Umweltschutz‑, Technikkritik‑, Moralexport- und Antirassismussprache emporschwänge. Beziehungsweise schwönge. Oder schwängere. Es lebe denn also die deutsch-arabische Befruchtung, das Englische wird sich warm anziehen müssen, gewissermaßen. Inschallah!
Zwei
Was heißt übrigens auf Arabisch: Merkel muss weg?
Drei
Wolfgang Herles, ehemaliger Leiter des ZDF-Studios Bonn und Exmoderator der Kultursendung „aspekte“ , tat kund und zu wissen, was im Grunde jeder weiß, nämlich: „Es gibt tatsächlich (…) Anweisungen von oben. Auch im ZDF sagt der Chefredakteur: Freunde, wir müssen so berichten, dass es Europa und dem Gemeinwohl dient. Und da braucht er in Klammern gar nicht mehr dazusagen: Wie es der Frau Merkel gefällt.“ Es setzte hinzu: „In besonderen Zeiten wird das ZDF zum Gesinnungssender.“ Die Flüchtlingskrise sei für ihn eine „besondere Zeit“.
Wenn Medien, die mit einer staatlichen Zwangssteuer großzügigst finanziert werden und deren Intendantensessel proporzgenau mit Parteikadern besetzt sind, nicht nur als Staatsmedien wahrgenommen, sondern auch als solche bezeichnet werden, sollte das eigentlich niemanden erschüttern, und die meisten Zeitungen fühlten sich auch nicht bemüßigt, über dies Stöckchen zu springen, sondern setzten ihren demokratischen Schlummer fort. Und die seltsame Diskussion darüber betreffend, wie genau dergleichen – angeblich angebliche – Anweisungen nun den Weg zu den Redakteuren finden mögen: Was eine Sardine vermag, kann doch ein Journalist erst recht!
Vier
„Grüß Gott Herr Klonovsky, könnten Sie (sofern Sie Zeit und Interesse haben ) das Projekt einprozent.de beschreiben oder kommentieren ?
Es wäre genial wenn wir Ihrer Leser erreichen könnten.”
Das sei, von mir unkommentiert, jenen selbst überlassen.
2. Februar 2016
Eins
Merke: Der natürliche Feind der Vielfalt ist die Meinungsvielfalt.
Zwei
„Ihr wollt das Gefühl haben, dass dieses Land, wo ich als Gast bin, immer noch euer Land ist”: Ein Migranazi aus dem Kongo, Serge Nathan Dash Menga, bekannt geworden durch seine millionenfach aufgerufene Videobotschaft nach den Kölner Silvesterfingereien, auf welche hin ihn gar der Erzputto Gabriel in seine Berliner Residenz vorlud, ist jetzt bei Pegida auf- und somit aus der antivölkischen Volksgemeinschaft quasi endgültig ausgetreten. Der nunmehr im doppelten Sinne Dunkeldeutsche sagte anderen Vertretern dieser unser Ansehen vor allem im Maghreb und in der Levante beschmutzenden Spezies beispielsweise: „Der einzige Grund, warum ich hier stehe, ist der, dass Deutschland von Anfang an bereit war, alle seine Steuerzahler mir zur Verfügung zu stellen. Ich wurde hier aufgenommen, durfte zur Schule gehen, durfte einen Sportverein besuchen, und ich durfte eine Familie gründen. Wenn ich hier stehen kann, dann glaube ich nicht, dass Deutschland rassistisch ist” (die ganze Ansprache hier). Nun, unsere streitbaren Antifaschisten und Qualitätsmedienschaffenden werden dem außer Rand und Band geratenen Mohren schon zeigen, dass sich auch ein Pegida-„Quotenneger” (Serge Nathan Dash Menga über Serge Nathan Dash Menga) hier keineswegs alles erlauben darf.
Drei
„Mann bezeichnet Muslim als ’neuen Juden’. – ‚Vielleicht meint er nicht mich persönlich, aber das ist ja gerade das Schlimme am Generalverdacht.’ ” Der tägliche Blick durch den Nebel des veröffentlichten Meinungsdschungels in Zeiten auf allerlei rechtsdrehende Mühlen fließenden Wassers, die Zeller Zeitung.
Vier
Wenn deprimierend dumme Menschen kluge und vor allem amüsante Repliken auslösen, steckt oft der Gevatter Lichtmesz dahinter, und zwar diesmal ausgerechnet an Mariä Lichtmess bzw. Purificatio; hier.
1. Februar 2016
Und weiter mit dem immergleichen frommen Sermoni! Für heute freilich soll mein Kollege Alexander Wendt einspringen als Agent der Proto‑, Post- und Gegenaufklärung: „Die Plantagen des Blöden” heißt sein kleines Kompendium, welches für drei Silberlinge hier oder hier erhältlich ist. Zitat: „Bei uns denken alle Mitarbeiter unkonventionell. Wer da nicht mitzieht, hat keine Chance.“
„Sie träumen sogar schon von Frau Merkel”, sagte ich ihm.
Übrigens: Im Januar haben sich 65.642 Gäste in meinem kleinen Eckladen eingefunden bzw. dorthin verirrt, und zwar exakt 167.704mal, um dortselbst 325.971 Seiten aufzurufen. Ich habe übrigens nicht vor, diese Wasserstände fürderhin regelmäßig zu vermelden.
Analog zur Jahresendfigur sei nunmehr die Monatsanfangsfigur eingeführt: