31. Oktober 2018
Medienlob, zum ersten
FAZ-Herausgeber Kaube, der immerhin zu Bielelfeld einige Postsemester Dämonologie studiert hat, will uns heute weismachen, man erkenne eine Hexe an ihrem Habitus und nicht an ihren Taten. Glaubt er dann auch, dass man den Teufel am Pferdefuß erkennt statt z.B. an seiner Menschheitsverbrüderungsrhetorik?
(Außerdem:
…)
Medienlob, zum zweiten
Der Chor der Sprach‑, Geist‑, Phantasie- und Ahnungslosen (hier); praktisch das Gegenstück zum Panegyrikus von Kaube, zusammen das Yin und Yang des Qualitätsjournalismus bildend.
Medienlob, zum dritten
Der achtbare Jan Fleischhauer, der bei Spiegel online als eine wenige Millimeter rechts der Mitte platzierte anthropomorphe Kondensatorplatte ein intellektuelles Spannungsfeld zu allen anderen Kolumnisten dort fingieren darf, schreibt in seiner letzten und ansonsten recht löblichen Kolumne, die „Erklärung 2018” sei „not my cup of tea”, denn er fühle sich nicht von Flüchtlingen bedroht. Dies lesend, schoss es mir wie Prophetenworte durch den Kopf: Der Mann hat ja recht! Mir geht es eigentlich genauso!
Wie Fleischhauer lebe ich in einer bürgerlichen Münchner Gegend, die Ausländer, mit denen ich Kontakte pflege, sind allesamt gutverdienende, gesittete, unbewaffnete Akademiker, und Flüchtlinge tauchen hier nicht auf. Wenn in einem Asylantenheim in einem bayerischen Dorf ein Afghane ein fünfjähriges Kind ersticht und dessen Mutter schwer verletzt, dann ist mir das egal, denn ich verkehre nicht in solchen Heimen, und es steht auch keins in meiner Straße. Mit den Worten „einen Abstecher machen” verbinde ich persönlich den Tegernsee und nicht die Notaufnahme. Wenn ich lese, dass die Polizei in Freiburg einen 28jährigen Mann aus Eritrea festgenommen hat, der sich an zwei Frauen sowie, weil nicht immer Mädels zur Hand waren, an mehreren Schafen und Ziegen vergangen hat, ist mir das gleichgültig, weil ich weder Haustiere habe noch in Freiburg lebe; aus letztgenanntem Grund habe ich auch keine Angst um meine Tochter, wenn ich lese, dass acht Männer, darunter sieben „Flüchtlinge” aus Syrien, dort eine 18jährige vergewaltigt haben. Auch wenn ich erfahre, dass Ahmed N., Asylbewerber aus Somalia, gerade in München vor Gericht steht, weil er mit zwei anderen Fachkräften nachts in der St.-Bonifatius-Straße einem Mann das Fahrrad gestohlen und diesen dabei so zusammengeschlagen hat, dass der Zärtling zwei Wirbelbrüche, einen Bruch der linken Augenhöhle, Hämatome an beiden Augen und massive Sehstörungen davontrug, sorgt mich das kaum, denn ich wohne nicht in Giesing. Die Sorge, selber einmal zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein – dieser dumme Zufall ist der einzige Grund, der Einzelfälle überhaupt möglich macht –, schreckt mich nicht, denn ich bin situiert genug, um falsche Orte meiden zu können. Wenn mir Lehrer oder Eltern erzählen, dass deutsche Kinder an vielen Schulen zur Minderheit werden und muslimische Jünglinge sie mobben oder verprügelen, weil sie Schweinefleischfresser, Kartoffeln und Unreine sind, schreckt mich das nicht, denn meine Kinder gehen nicht auf solche Schulen. Nein, Fleischhauer hat vollkommen recht, ich habe keine Angst vor Flüchtlingen und die „Erklärung 2018” viel zu voreilig unterzeichnet.
Freilich muss ich noch hinzufügen, dass ich mich auch nicht von einer Havarie in einem japanischen Atomkraftwerk bedroht fühle, die noch nicht einmal dort, in 10.000 Kilometer Entfernung, jemanden getötet hat. Ich habe keine Angst vor teuflischem Kohlendioxid, Dieselabgasen und Feinstaub, denn ich bekomme auf meinem Balkon blendend Luft. Ich fürchte mich nicht vor Neonazis, weil ich keine kenne, ich würde mich auch nicht vor einer Reinkarnation des NSU ängstigen (hier einmal unterstellt, die Buben haben tatsächlich all das getan, was man ihnen zur Last legt), denn mir täten sie ja nichts. Ich habe keinen Bammel vor Putin, weil ich nicht auf der Krim oder im Osten der Ukraine lebe. Die Erderwärmung ließe mich auch dann völlig kalt, wenn sie tatsächlich stattfände, denn ich habe es gern warm. Die Polkappen können meinethalben abschmelzen, ich wohne 600 Meter über dem Meeresspiegel. Sela, Psalmenende.
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Kaum zu glauben, auch der Oktober ist schon wieder vorbeigezischt! Wenn ich daran denke, wie quälend langsam meine ersten 18 Jahre verstrichen sind und wie schnell und schneller es inzwischen geht; je näher die Bahre, desto zügiger galoppieren die Stunden! Ist ja logisch, es geht schließlich in Richtung Singularität. Mit Kierkegaards hoffnungsfrohen Worten: „Dann den Hintern zusammengekniffen und ab in die Ewigkeit!”
Apropos Ewigkeit und erst recht Hintern: Die Monatsendfigur ist wieder fällig. Keine Hexe soll diesen Tag optisch dominieren. Morgen ist schließlich Allerheiligen.
Wie gewohnt zu diesem Zeitpunkt geht wieder die Kollekte um, mit einem herzhaften Dankeschön an jene, die sie bislang gefüllt haben; alle anderen klicken bitte hier.
Vergnügungszoll
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