Es gibt Sätze, die den Kauf ganzer Werkausgaben rechtfertigen, etwa:
„Ich verstehe den Kuss für einen Leprakranken, aber nicht den Händedruck mit einem Kretin.”
Dino Segre alias Pitigrilli
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Wer bislang wähnte, der angeblich geschleuchtsneutrale Mumpitzterminus „Studierende”, dem inzwischen die „Lehrenden”, „Forschenden”, „Radfahrenden”, „zu Fuß Gehenden” etc. ad nauseam pp. in orwellesker Bizarrerie hinterherhecheln, sei eine semantische Innovation aus dem besten Deutschland, das es je gab, vertritt bezüglich jenes Bestdeutschlands womöglich eine Minderheitenposition:
Konstanz herrscht in puncto Herdenpflicht. Heil Bestland!
(Ich danke Leserin *** für das Fundstück.)
PS: Abraham Esau – was für ein skurriler Name für einen Nazi! Der jüdische Stammvater und der von Jaakob um den väterlichen Segen betrogene zweite Isaakssohn* – lehrte seit 1925 an der Universität Jena Physik. Der Titel seiner Antrittsvorlesung lautete „Die Energievorräte der Erde und ihre technische Ausnutzung”. Esau erwarb sich Verdienste beim Einsatz von Kurz- und Ultrakurzwellen in der Medizin. Von 1932 bis 1935 sowie von 1937 bis 1939 war er Rektor der Universität Jena. Er gehörte beinahe zu den „Märzgefallenen” und trat im Mai 1933 in die NSDAP ein. Max Laue zufolge war Esau der „Haupt-Repräsentant des Nationalsozialismus unter den deutschen Physikern”.
* Esau, schreibt Freund ***, „hatte hethitische (d.h. indogermanische, womöglich hessische Frauen) und gilt als Stammvater der Amalekiter, der ärgsten Feinde der Juden, die in der Schrift mannigfach verflucht und mit endgültiger Auslöschung bedroht werden. Insofern also: passt scho‘.”
PPS: Leser *** weist darauf hin, dass auch Dr. Joseph (Yussuf) Goebbels Sportpalastrede mit der politisch korrekten Anrede „Meine deutschen Volksgenossen und Volksgenossinnen” anhub.
PPPS: Leser *** sendet mir eine Publikation der Stiftung Deutsche Sprache über „Die deutsche Sprache und ihre Geschlechter”, wo es auf Seite 54 zur Genesis der „Studierenden” heißt:
„Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm findet sich folgende Erläuterung: ‚gegenüber student bleibt studierender mehr im intellectuellen bereich, und in der anwendung auf engere Kreise beschränkt, doch gilt es häufig als das ‚edlere‘ wort, weil jenes ‚durch den häufigen gebrauch etwas alltägliches bekommen‘ habe. heute setzt es sich als bequemes commune in der amtssprache zur gattungsbezeichnung durch: an die studierenden der universität Breslau statt an die studenten und studentinnen.’ Die Auffassung, Studierender sei das ‚edlere’ Wort, ist inzwischen gegenstandslos. Die Mitteilung aber, dass Studierende als ‚commune’, also als genusloser Plural, der beide Sexus umfasst, erst ‚heute’ (1942) als amtssprachliche ‚Gattungsbezeichnung’ auftrete, ist bemerkenswert. Die ‚Gattung’ der Studierenden besteht demnach aus Studenten und Studentinnen. Offenbar wurde in der Zeit des Nationalsozialismus der Begriff Studierende erstmals in der Absicht verwendet, beide Sexus zu bezeichnen (Hervorhebung von mir – M.K.).”
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Seit ca. 87 Jahren eine der vornehmsten Aufgaben deutscher Politiker: dunkle Gestalten in ihre Löcher zurücktreiben!
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Über Weihnachten las ich nichts Erbauliches, sondern Gunnar Heinsohns so niederschmetterndes wie augenöffnendes Buch „Wettkampf um die Klugen”. Das 200-Seiten-Bändchen ist mein Buch des Jahres; es scheint mir die wichtigste deutschsprachige Analyse dessen, was uns bevorsteht, seit Rolf Peter Sieferles „Epochenwechsel” zu sein. Sein Gegenstand ist die Verteilung der kognitiven Fähigkeiten unter den konstruierten Völkern und nicht existierenden Rassen mitsamt dem daraus resultierenden titelgebenden Wettbewerb um die Besten. Es handelt sich also aus einer gewissen Perspektive um ein rassistisches Buch. Diese gewisse Perspektive nennt sich die antirassistische, und ihre Kombattanten haben bereits mit der Vorneverteidigung gegen jene Befunde begonnen, die Heinsohn lakonisch analysiert, denn bekannt sind sie schon länger – sie wurden nur dem Publikum noch nie so ungerührt um die Ohren gehauen; Heinsohn, 77, Ökonom und Soziologe, ist Emeritus und Exilant, er kann sich das leisten.
Man darf in der westlichen Öffentlichkeit bekanntlich nicht und auch nicht positiv diskriminieren (= unterscheiden), etwa mit der Feststellung: „Ostasiaten sind fleißig und intelligent”, denn das gilt ebenfalls als eine „rassistische Zuschreibung” (obwohl Ostasiaten, wenngleich nicht alle, kolossal fleißig und auffallend intelligent sind), schließlich werden sämtliche Menschen und Menschengruppen gleich befähigt geboren, nur die ungerechten sozialen Verhältnisse verzerren diese Tatsache, weshalb solche Unterschiede beseitigt werden müssen. So lautet das zentrale Glaubensbekenntnis innerhalb der westlichen Welt, ohne dessen regelmäßige öffentliche Bekundung eine politische, universitäre, kulturbetriebliche, mediale oder wirtschaftliche Karriere kaum mehr möglich ist. Zunehmend geraten auch die Naturwissenschaften in den Malstrom des Bekenntniszwangs. Das erste und bei näherer Betrachtung einzige Gebot dieser in sadistischer Menschheitsliebe vereinten Glaubensgemeinschaft lautet: Du sollst nicht unterscheiden!
Freilich, da es in Glaubensdingen ohne Manichäismus nicht funktioniert, machen diese (überwiegend weißen) Edlen bei weißen Teufeln denn doch einen Unterschied. Als ein wissenschaftlich verbrämtes Werkzeug des weißen Rassismus gilt unseren (viel zu selten selber getesteten) egalitären Missionaren der IQ-Test, den übrigens ein deutscher Jude erfunden hat. Der linke Soziologe Pierre Bourdieu verdammte anno 1978 die gesamte Intelligenzforschung als rassistisch, weil die „herrschende Klasse” das IQ-„Konzept” lediglich zur Rechtfertigung ihrer Privilegien missbrauche. Vier Jahr später veröffentlichte Richard Lynn in der Zeitschrift Nature den Aufsatz „IQ in Japan and the United States shows a growing disparity”. Der Durchschnitts-IQ der Japaner liege bei 105, fünf Punkte höher als bei Briten und Amerikanern, verkündete der Intelligenzforscher einer staunenden Community. Das heißt, das von weißen Rassisten ausgeklügelte Instrument zum Nachweis ihrer kognitiven Überlegenheit maß tatsächlich – und tut es seither mit konstanter Zuverlässigkeit – die Überlegenheit der „Gelben” (wobei „gelb” hier synonym für ostasiatisch steht; es lebe die Differenz!).
An dieser Stelle trennt sich schon der rassistische Spreu vom rassistischen Weizen. Zu Letzterem darf sich nämlich nur zählen, wer Ungleichheiten zum eigenen Nachteil freudig akzeptiert, weil er die Unterschiede als solche heiligt. „Rassismus äußert sich fast immer darin, fremde Kompetenz zu bestreiten und eigene zu überhöhen”, notiert Heinsohn. „Eine antirassistische Politik kann sich nur ehrlich machen, wenn sie Überlegenheit anerkennt.” Na dann fangen wir mal damit an.
Die Überlegenheit der Ostasiaten bei Kognitionserhebungen ist schon länger bekannt, vor allem durch Tests von amerikanischen College-Absolventen und Studenten (innerhalb der ersten Standardabweichung gern auch „Studierende” genannt, s.o.). Da in den USA die unter anderem von Gott verschieden konstruierten Rassen in den Bildungsstätten öfter und seit längerer Zeit als anderswo in der westlichen Welt aufeinandertreffen, ließen sich die unterschiedlichen Resultate ihrer Lernbemühungen schlecht übersehen, und die Intelligenztests ergaben mit so verblüffender wie für wohlmeine Pädagogen deprimierender Regelmäßigkeit eine Begabungs-Rangordnung, die sich weder mit finanzieller noch pädagogischer Förderung besonders beeinflussen ließ: vorn Asiaten, in der Mitte Weiße, dahinter Hispanics und Schwarze. Der deutsche Bildungsforscher Heiner Rindermann bestätigte den Befund in seiner Studie „Cognitive Capitalism”: Die 2018er Ergebnisse der inneramerikanischen Tests für den Zugang zur Universität ergaben bei der Cognitive Ability (CA) im Fach Mathematik: „Asians” 635 Punkte, „Whites” 557, „Hispanics” 489.
Vom japanischen Wirtschaftswunder in den 1960ern und frühen 1970ern abgesehen, als Nippon dem Westen in verschiedenen Schlüsseltechnologien auf den Pelz rückte – deutsche Kamerahersteller können ein Lamento dazu singen –, schienen solche Resultate für den industriell dominierenden Westen ignorierbar zu sein, bis China in den 1990ern erwachte und Napoleons Prognose einlöste, dieses Erwachen werde die Erde erzittern lassen. Anfangs als Billigproduktionsland von allerlei Plastikschrott und Wegwerftextilien belächelt und als Technologieräubernation beargwöhnt, hat das Reich der Mitte inzwischen auf vielen Gebieten den Westen eingeholt oder die Führung übernommen, während die Einstellung der einst weltgrößten Elektronikmesse CEBIT anno 2018 den Niedergang der deutschen Hightech-Industrie gewissermaßen offiziell beglaubigt hat.
Heinsohn zählt einige eindrucksvolle Exempel auf: Zwischen 2008 und 2018 baute China von den 25 höchsten Gebäuden der Welt 13, zwischen 2003 und 2018 von den 25 längsten Brücken der Welt 15. Von den Schienenkilometern für Hochgeschwindigkeitszüge laufen 54 Prozent durch China, wo man erst 1997 mit dem Bau begonnen hat. Das Land hat 234 Zivilflughäfen, bis 2035 sollen weitere 216 gebaut werden, also pro Jahr ein gutes Dutzend (statt in einem Dutzend Jahren einer). Zwischen 2013 und 2018 steigerte China seinen globalen Anteil an Unicorns – junge Firmen mit mindestens einer Milliarde US-Dollar Börsenpreis – von 0 auf 42 Prozent. 43 Prozent der globalen Veröffentlichungen zur Künstlichen Intelligenz stammten schon 2017 aus China. Es gibt etwa 700 chinesische Drohnenhersteller; einer davon – JD – beherrscht allein 70 Prozent des Weltmarktes für zivile Modelle. Unter den fünfzehn Universitäten mit den meisten Topveröffentlichungen (oberstes Prozent) in Mathematik und Computing befinden sich sieben chinesische, sechs amerikanische, zwei aus Singapur; die Nummer 1 ist Tsinghua (Peking). Die Gesamtleistung der Supercomputer verteilt sich so: China 40 Prozent, USA 31, Japan 8. China verfügte schon 2017 gegenüber den USA um ein Dreifaches an Einrichtungen für die Produktion von Hyperschallwaffen; im Dezember 2019 schockte es mit dem ersten elektromagnetischen Railgun; vier neue Nuklearflugzeugträger sind geplant. 2018 stammten von 98 in den Weltraum geschossenen Raketen 39 aus China.
Für die Ursachen dieser technologischen Explosion liefern westliche Experten viele Erklärungen – die schiere Menschenzahl, die zentralistische Lenkung der Wirtschaft, die Möglichkeit des rigide Durchregierens ohne Rücksichten auf Umwelt und Bürger, Industriespionage größten Stils, Plagiat etc. –, nur eine nicht. Industriespionage lohnt sich ja nur, wenn man die Technologien erstens kapiert und zweitens die Produkte im eigenen Land konkurrenzfähig produzieren, also verbessern kann; deshalb verzichten die meisten Länder von vornherein darauf.
Schauen wir auf die folgende Tabelle. Sie steht in Heinsohns Opus auf Seite 109 und zeigt die Zahl der Mathe-Asse in der Alterskohorte 2005–2009, die ab 2030 ins Berufsleben eintritt (errechnet für 2020). Indikator ist die Leistungsstufe „advanced”, gemessen in der „International Mathematics and Science Study” (TIMSS) von 2015. Die TIMSS ist die wichtigste international vergleichende Schulleistungsuntersuchung, sie wird seit 1995 im vierjährigen Turnus von der „International Association for the Evaluation of Educational Achievement” durchgeführt.
Fettgedruckt ist die absolute Zahl mathematisch Fortgeschrittener pro Land, die Prozentangabe dahinter nennt den Anteil der Getesteten, die es in die Kategorie „advanced” schafften (wie man sieht, beherbergen Singapur, Hongkong, Südkorea, Taiwan und Japan anteilmäßig noch mehr Matheasse als China):
Hier wirft sich, namentlich für skeptische deutsche Geisteswissenschaftler*innen, die Frage auf, wie aussagekräftig solche Zahlen und wie wichtig mathematische Fähigkeiten in Zeiten des Klimawandels, der Diversität und der kritischen Weißseinsforschung – eine kritische Gelbseinsforschung aber bereits zaunpfahlwinkend im Blick! – überhaupt noch sind. China mag ja 24,6 Millionen Matheasse besitzen und Deutschland nur 190.000, dafür aber wirft das Land von Gauß, Riemann und Einstein heute 185 Lehrstühle für Genderforschung (Stand 2018) in die Waagschale (China wahrscheinlich null) und ist auch in der geschlechtsmultiplen Semantik weltspitzenmäßig und Ostasien weit hinter sich lassend auf dem Quivive:
Heinsohns Prämisse lautet, dass die von TIMSS gemessenen Fähigkeiten – die Cognitive ability korreliere mit dem Wert 0,9 mit mathematischer Leistungsfähigkeit – für Zukunftstechnologien wie KI und Robotik entscheidend sein werden. „Künstliche Intelligenz”, statuiert er, „erfordert erst einmal große Volumina an lebendiger Intelligenz.” Als weiteren Indikator für kognitive und technologische Leistungsfähigkeit nimmt Heinsohn die Anzahl der PCT-Patentanmeldungen, wo der Aufstieg der Ostasiaten ebenfalls signifikant ist (67 Millionen Franzosen etwa melden nicht einmal halb so viele Patente an wie 52 Millionen Südkoreaner). Aber warum haben sich die kognitiven Talente der Ostasiaten nicht eher offenbart? Weil wirtschaftsfähiges Privateigentum in Asien noch nicht lange existiert.
„Liefern Mathe-Asse plus Patentdichte plus Eigentumsrechte die optimale Formel für die Voraussage der Zukunft? Man mag das bezweifeln und doch Mühe haben, etwas Überzeugenderes an ihre Stelle zu setzen”, schreibt der „umstrittene” (Wikiblödia) Emeritus und wissenschaftliche Tausendsassa (der sich übrigens unlängst in der Frankfurter DB Lounge neben mir in den Sessel fallen ließ und mit mir zu plaudern begann, als hätten wir uns vor einer Woche zuletzt gesehen; dabei kannten wir uns nur per Mail und trafen wir uns dort zum ersten Mal). Die Gegenfrage nach zuverlässigeren Kriterien bleibe regelmäßig ohne Antwort.
Es ist ja nicht nur China. Nehmen wir Korea. Nach dem Koreakrieg war das Land komplett zerstört; es hatte schwerere Bombenangriffe erlitten als Deutschland im Zweiten Weltkrieg, im Norden starben zweieinhalb Millionen, im Süden eine Million Menschen. Das Pro-Kopf-Einkommen Südkoreas lag 1957 auf dem Niveau von Ghana. 2018 war es achtzehnmal höher als das ghanaische, obwohl das afrikanische Land weder durch Flächenbombardements noch durch Zwangsprostitution geschunden wurde. Bei der TIMSS-Schüler-Olympiade von 2011 in Mathematik siegte Südkorea bei den Achtklässlern mit 613 Punkten vor Singapur (611) und Taiwan (609); Ghana kam auf 331. 2018 lieferten knapp 52 Millionen Südkoreaner 17.000, 30 Millionen Ghanaer null PCT-Patente. Selbst das totalitär-(„steinzeit”-)kommunistische Nordkorea ist, anders als seine verbliebenen Bruderstaaten Venezuela und Kuba, immerhin in der Lage, Atomsprengköpfe und Interkontinentalraketen zu bauen.
Japan wiederum, die unbestrittene globale Führungsnation beim Vergreisen, zieht pro Jahrgang immer noch sechsmal so viele mathematisch begabte Kinder auf wie Deutschland und zwölfmal so viele wie Frankreich. Aktuell sitzen von den zwanzig patentstärksten Firmen im Sektor KI zwölf in Japan.
Ich könnte jetzt weiter Heinsohns Beispiels zitieren, auch für das Abschmieren der Europäer, wobei Ungarn, Polen, die Skandinavier außer Schweden und die Schweizer immer noch deutlich besser abschneiden als die Deutschen, erst recht als Spanier, Italiener und die kognitiv offenbar komplett ruinierte Nation von Descartes und Pascal. Aber das soll selber lesen, wer mag; instruktiv ist es jedenfalls.
Bemerkenswert erscheinen mir noch zwei Aspekte. Es gilt, erstens, als ausgemacht, dass ein längerer Schulausfall den IQ der Schüler senkt (drei Wochen Strandurlaub genügen auch); der Lockdown wird es uns lehren. Während der chinesischen „Kulturrevolution” wurden die meisten Bildungseinrichtungen zugesperrt, das heißt, von 1966 bis 1972 fand im gesamten Land praktisch kein Unterricht mehr statt, Universitätsprofessoren und Lehrer wurden verfolgt, eingesperrt und in großer Zahl umgebracht. „Und doch erreichen Kinder von chinesischen Fabrikarbeitern oder Putzfrauen bei PISA 2012 bessere Prüfungsergebnisse als etwa der Nachwuchs von Anwälten oder Ärzten aus Großbritannien, wo die Schulen immer offen waren” (Heinsohn).
Bis heute, zweitens, verhindert China, wie Japan desgleichen, rigoros jede unerwünschte Einwanderung. Die europäische und namentlich deutsche Offenheit für orientalische und afrikanische Migranten hält man im Reich der Mitte für närrisch bzw. ruinös. Gleichwohl: „Der Demokratiemangel Chinas bleibt ein gewaltiges Handicap dieser größten aller Kompetenzfestungen: Bei der Abwehr von Leistungssenkern ist es unübertroffen. Doch beim Halten eigener und beim Anwerben fremder Talente erweist es sich bestenfalls als zweitklassig.”
Natürlich hat der aktuelle westeuropäische Intelligenzrückstand mit linker Bildungspolitik, egalitärer Hirnwäsche und kriterienlos-idiotischer Einwanderungspolitik zu tun, jedoch beileibe nicht allein. Es bleibt ein so deprimierender wie mich persönlich zutiefst befriedigender Rest unerklärlicher ethnischer Differenzen. „Selbst der Durchschnitt der klügsten zehn Prozent der Kinder aus Russland, Kanada oder Schweden erreicht bei TIMSS 2015 nicht einmal den Durchschnitt aller Kinder in Singapur, Taiwan oder Japan.” Und sollte es sich nicht um eine angeborene, sondern lediglich um andressierte kollektive Intelligenz handeln (wahrscheinlich beides), dann ist es eben die Mentalität, die den Intelligenzvorsprung erzeugt.
In Deutschland kommen als kognitive Abstiegsursachen selbstredend noch die gewaltigen Verluste an jungen Männern in zwei Weltkriegen, der jüdische Aderlass sowie der generelle Dachschaden einer eskapistischen Strebernation in Betracht, die einst den Geist, die Technik, die Forschung und die Wirtschaft anbetete, später die halbe Welt überrannte und jetzt die halbe Welt zu sich einlädt, sofern sie ungebildet genug ist, und Technik, Forschung, Geist und Ökonomie für überwunden hält.
Unter Deutschlands Jugend, bilanziert Heinsohn, ist zwischen 1998 und 2018 das Interesse an Naturwissenschaften um 31 Prozent, an Wirtschaft um 34 Prozent gesunken; profunde Kenntnisse darüber, was das künftige Akademikerprekariat stattdessen studiert, setze ich beim Eckladenpublikum voraus; kein Wunder, dass diese Leute heute Regentänze aufführen, statt Technologien zu verbessern. Das politische Personal liefert ein kongeniales Abbild des postkognitiven Gründeutschlands. So erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier anno 2018, man werde fürderhin „die besten Forscher der Welt unter Vertrag nehmen”, um das Jahrhundert der Künstlichen Intelligenz in die Schranken zu fordern und der deutschen KI-Entwicklung den bislang vermissten drive zu verschaffen. „Womöglich hat man ihn im Dunkeln darüber gelassen, dass gerade diese hochmobilen und oftmals ledigen Klugen in Deutschland (neben Belgien) höher als irgendwo sonst auf der Welt besteuert werden”, versucht Heinsohn den zum Großen Sprung Ansetzenden zu erden. „Warum sollten sie also dorthin streben? Man kann die Abgaben auch kaum senken, weil – in der OECD – bei den Sozialbudgets für Schwerbeschulbare Frankreich bereits auf dem 1. Platz liegt und Deutschland sich bereits auf den 5. vorgekämpft hat. Das verstehen die so dringend gesuchten Könner zuerst. Für sie gibt es überall bessere Angebote als ‚opfere dich für Rentner und Flüchtlinge, aber ende selber arm im Alter’.” Übrigens: Die beiden europäischen Spitzenpartner mit ihren 150 Millionen Einwohnern verfügten 2018 über 215 einschlägige KI-Startups. Acht Millionen Israelis kommen auf 383.
Für Sanguiniker und pathologisch Gutgelaunte empfiehlt es sich, Heinsohns Buch auswendig zu lernen; ich streue hier nur ein paar Zitate ein:
„Die Bundesrepublik versorgt permanent 10 Millionen Menschen in der sogenannten Mindestsicherung (Sozialhilfe), kann 2018 aber 130.000 Ingenieure und Informatiker für das Aufholen des digitalen Rückstands nicht finden. Haben 2017 etwa in Japan oder Südkorea drei Viertel aller Internetanschlüsse die für 5G unverzichtbare Breitband-Glasfaser, so begnügt sich Deutschland mit zwei Prozent.”
„Die gesamte Anglo-Welt hat deshalb heute mittlerweile 14 Millionen ostasiatische Neubürger. Kontinentale Westeuropäer und EU-Südeuropäer halten mit 17 Millionen Muslimen dagegen.”
„Der eigene Kognitionsverlust wird im Westen bis heute kaum zum Thema. … Man ahnt nichts von der speziellen Überlegenheit derer, mit denen man sich ganz unbekümmert vergleicht.”
Ein kanadischer Einwanderungspolitiker, erinnert sich der schon damals zum Umstrittensein Ansetzende, habe sich ihm gegenüber in den 1980ern gewundert, „dass Deutsche dauernd Grundsatzdebatten darüber anzetteln, ob Intelligenz angeboren oder erworben sei. Wer dann das Ungefällige vertrete, werde sozial vernichtet, auch wenn er ein gescheiter Mensch sei. Wer das allgemein Geglaubte von sich gebe, werde Minister, auch wenn er meschugge sei. Ihm hingegen sei die Frage völlig gleichgültig, solange Intelligenz mitbringe, wer über Kanadas Grenze wolle.”
Australien und Kanada schlossen bereits in den 1970er Jahren ihre Grenzen und vergeben seither – mit deutlich messbaren Erfolgen – „Pässe nur an Asse” (Heinsohn), während „35 zusätzliche Jahre mit offenen Grenzen die USA um ihre Zukunft gebracht haben könnten”. Mit dem „Immigration Act” von 1978 entschied Kanada, dass nicht einwandern darf, wer zur Belastung für die Sozialsysteme werde; dafür entfiel die Diskriminierung von Rasse, sexueller Orientierung und Religion. Australien revidierte die „White Australia Policy” schon 1966 und akzeptierte nicht-europäische Einwanderer, sofern sie dem Land Nutzen bringen. Mit dem „Racial Discrimination Act” von 1975 wurde das „Könner-Prinzip” (Heinsohn) Staatsdoktrin.
Nachdem zwischen 2009 und 2013 die Zahl der von Schleppern ins Land geschleusten Illegalen von 2.700 auf 21.000 gestiegen war, machte Down Under 2013 dicht. 2014 gelangten noch 169 Migranten an Land, danach gaben die Schlepper auf. Zwischen 2009 und 2013 wurden rund 1200 Todesopfer gezählt, 2014 bis 2018 nur noch 32. „Wir sorgen dafür, dass Menschen, die Teil unserer australischen Familie werden, hier arbeiten und nicht von Sozialhilfe leben”, zitiert Heinsohn den zuständigen Minister Peter Dutton. „Wer ein so robustes Migrationsprogramm fährt wie wir, bekommt produktive Neubürger, die dem Land wachsenden Wohlstand bescheren.”
Australien wird so das erste westlich geprägte Land, bei dessen Zuwanderern ein höherer IQ (100) gemessen wird als bei den Eingeborenen bzw. Bio-Aussies (99). „Wer ethnisch nicht diskriminiert, aber auf Leistung besteht, bekommt fast automatisch die Besten auch dann, wenn er vorher gar nicht weiß, wo sie zu finden sind”, konstatiert Heinsohn. In den drei ehemaligen Kronkolonien liegt der Anteil der Chinesen um den Faktor 16 (Neuseeland), 20 (Kanada) und 22 (Australien) höher als in Deutschland. In den USA immerhin um den Faktor 6 (Caltech, als beste technische Hochschule der USA geltend, hatte 2019 unter den Erstsemestern 40 Prozent Asiaten). Selbst Japan beherbergt in absoluten Zahlen sechsmal so viele Chinesen wie die Bundesrepublik.
Der Taiwanese Terry Gou, Chef von Foxconn, mit 800.000 Beschäftigten die größte Elektronikfirma der Welt, versprach der amerikanischen Schutzmacht, in Wisconsin eine Bildschirmfabrik mit 13.000 Arbeitsplätzen zu schaffen. Das Vorhaben scheiterte, weil die verfügbaren amerikanischen Arbeitskräfte den Anforderungen nicht genügten. Die Gegner Donald Trumps quittierten „sein Scheitern mit Schadenfreude, begreifen aber nicht, dass sie damit über den Kompetenzverlust ihrer Heimat jubeln”.
In Deutschland bleiben die kognitiven Defizite deshalb weitgehend unbemerkt, weil das Land unter der Physikerin Merkel aus fast allen Spitzentechnologien ausgestiegen ist (löbliche Ausnahme: Wasserstoffbrennzellen); außerdem gilt hierzulande unter den, wenn man sie denn so nennen mag, Konservativen seit den ersten Gastabeiteranwerbungen die Maxime, Einwanderer seien für die einfachen Jobs zuständig und dürften den wunder wie qualifizierten Eingeborenen nicht die guten wegnehmen. Wer sich Bandarbeiter, Putzfrauen und Krankenpflegerinnen ins Land holt, hat morgen die Kinder der Bandarbeiter, Putzfrauen und Krankenpflegerinnen im Land, die in der Regel weder Bandarbeiter, Putzfrauen noch Krankenpfleger werden wollen und stattdessen oftmals auf der Straße oder auf Hartz IV landen – davon abgesehen, dass immer mehr dieser Jobs durch Automatisierung entfallen. Wer sich ostasiatische Bandarbeiter, Putzfrauen und Krankenpflegerinnen ins Land holt, hat morgen deren Kinder an den Universitäten.
Ich überlasse Kamerad Heinsohn das Schlusswort: „Die Innovationen der Zukunft werden kaum mehr von Begabten, sondern fast nur noch von Hochbegabten kommen. Die aber lassen sich nicht durch rechtliche oder pädagogische Reformen gewinnen. Entweder man hat sie und hält sie auch, oder man gewinnt sie im globalen Wettkampf um die Klugen. Wer dabei scheitert, ist verloren.”
Das Buch ist übrigens erschienen bei Orell Füssli in Zürich, also praktisch im Westen. Lesen Sie unbedingt die, Stand heute, einzige (Ein-Stern-)Rezension auf der Webseite dort!
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Noch zum Vorigen.
Die wirtschaftliche Dominanz der chinesischen Minderheiten in den südostasiatischen Ländern – bereits Mitte der 1990er Jahre befanden sich beispielsweise 73 Prozent des indonesischen Börsenkapitals in der Hand dort lebender Chinesen, obwohl ihr Bevölkerungsanteil nur 3,5 Prozent ausmachte; ähnlich in Thailand (10 Prozent Bevölkerung, 81 Prozent Börsenkapital) – führte dort immer wieder zu Chinesenverfolgungen, beispielsweise während der Asienkrise 1998 in Indonesien. „Die Verfolgungen binden die ethnischen Chinesen jedoch noch stärker aneinander und lassen sie auf das zur asiatischen Vormacht aufsteigende China blicken. Sie diversifizieren ihre Investitionen und haben in den neunziger Jahren China zum Investitionsschwerpunkt gemacht.” (Konrad Seitz, China. Eine Weltmacht kehrt zurück, Berlin 2003)
Das kommt Europäern doch bekannt vor.
Juden machen nicht einmal ein Prozent der kanadischen Bevölkerung aus, lieferten aber 28 Prozent der kandischen Nobelpreise. Juden, die aus Europa und dem islamischen Raum in die USA emigrieren mussten, bedankten sich bei ihrer neuen Heimat mit 122 der 375 amerikanischen Nobelpreise (Stand 2018).
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Mir war keineswegs nur klar, sondern es war beabsichtigt, dass mit dem voranstehenden Eintrag ein Fass aufgemacht worden ist. Leser ***, der mir seit langem kluge Briefe schreibt, ein in der Schweiz lebender Politikwissenschaftler und China-Kenner mit großer Verwandtschaft dortselbst, hat mir schon vor meiner Heinsohn-Lektüre und aus anderem Anlass seine Sicht auf Chinas wirtschaftliche und, wenn man so will, mentale Situation geschildert und diesen Text um eine Nachschrift ergänzt. Da diese Ausführungen den Rahmen der Acta überschreiten, habe ich dafür wieder eine eigene Seite eingerichtet. Der Gegensatz zu Heinsohns Darlegungen ist enorm; im Grunde beschreibt er – auch statistisch – ein anderes Land.
Platz findet sich hier indes gerade noch für die Zuschrift von Leser ***, „kein Soziologe, sondern promovierter Ingenieur, allerdings mit Interesse für komplexe Systeme, zu denen Gesellschaften nun mal auch gehören. Und da sehe ich oft den Ansatz der Soziologen, irgendwelche Dinge mit einer bestimmten Ursache zu verknüpfen, weil man meint, eine Korrelation zu erkennen und sich dann daraus eine Kausalität zusammenzimmert. Das ist quasi der Goldstandard der Soziologie und für mich der Hauptgrund, diesen Wissenschaftszweig extrem kritisch zu sehen. Das Problem an dem soziologischen Ansatz ist, dass Gesellschaften sehr komplexe Systeme sind und Monokausalitäten (mal von Kriegen und Natrukatastrophen abgesehen) so gut wie nie vorkommen. Insofern ist der Erfolg und Misserfolg von Staaten nicht einfach aus dem durchschnittlichen IQ der Bevölkerung abzuleiten. Meine Begründung habe ich der Übersichtlichkeit halber in Stichpunkte gegliedert.
PPS: Ich hab’s gefunden; Rost sagte – es war einmal eine Zeit, als man Focus-Interviews noch lesen konnte – wörtlich: „Ein Intelligenztest misst die Fähigkeit, neue Problemstellungen effektiv und schnell zu lösen. Diese Fähigkeit braucht man in unserer Gesellschaft an allen Ecken und Enden. Deswegen sagen die Tests so viel vorher – sie korrelieren mit allem. Der liebe Gott weiß alles, und die Intelligenz korreliert fast mit allem.”