Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Jahr in einer tibetischen Eremitage oder bei den Papuas in Neuguinea verbracht, kehrten jetzt nach Deutschland zurück und läsen diese Schlagzeile:
Das ist übrigens das Land, in welchem der Begriff „Corona-Diktatur” soeben zum „Unwort des Jahres” nobilitiert wurde.
Oder war es wegen des Grünkohls …?
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In der Jungen Welt hätte Mitte Oktober 1989 auch gut die Zeile stehen können: „Montagsdemonstranten wollen die Zeit zurückdrehen”.
„Anstatt das System zu ändern
Darf er Substantive gendern.”
Marc Pommerening
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Trotz zahlreicher erfreulicher Ausnahmen muss man Twitter wohl zu den Auffangbecken der „Welthirnjauche” (Karl Kraus) rechnen.
Das Kind ist ein Sexist – wie jedes Kind vor der Hirnwäsche –, aber Frauen kennen meist die Lösung.
Jetzt sind es sogar schon drei …
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Was ist eigentlich der Herr Nawalny für einer?
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Die wirklichen Umweltsäue verbrauchen nicht Energie, sondern erzeugen sie auf möglichst uneffektive und die Welt verhässlichende Weise.
Jedes Windrad steht auf einem tonnenschweren Stahlbetonfundament, bei den Giganten der 6‑Megawatt-Klasse misst es 1.200 Kubikmeter und wiegt bis zu dreieinhalbtausend Tonnen – ein Kubikmeter Stahlbeton bringt 2,5 Tonnen Last auf die virtuelle Waage. Dazu addiert sich das Gewicht von Turm, Rotoren und Maschinenhaus. Natürlich muss der Boden unter einer solchen Last nicht nur gerodet, sondern auch künstlich verdichtet werden. Zu jedem Windrad muss überdies eine Straße führen, damit notfalls ein Kran dorthin gelangen kann.
Für den typischen Grünen-Wähler, sagen wir den moralisierenden SUV-Fahrer und Vielflieger mit Ökostrom-Investment und solidem Abscheu vor allem, was deutsch ist, sind das drei Fliegen mit einer Klappe: Er kauft sich den Ablassbrief bei der Weltklimakirche, sichert seinen privaten Wohlstand und kann zugleich des Nazis liebstes Kind, die deutsche Landschaft, in einem ähnlichen Maße verunstalten und entmystifizieren wie der Wiederaufbau nach 1945 die meisten deutschen Innenstädte; Antifaschist ist er also irgendwie auch noch.
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Gestern Abend lief auf BBC News ein Beitrag über die Marsmission der Vereinigten Arabischen Emirate. Die in Japan gestartete Sonde hat den äußeren Erdnachbarn erreicht und sendet erste Fotos zur Erde. Der Beitrag zeigte Forscher, die die traditionelle Kandora und auf dem Kopf die vom typischen schwarzen Band gehaltene weiße Ghutra trugen, also aussahen wie Scheichs, nicht wie Physiker oder Ingenieure, während die am Projekt beteiligten Frauen in Abaya und Kopftuch auftraten – gewissermaßen „Laptop und Lederhose”, wie Ede Stoiber einst stabreimte, auf orientalisch, nur weit bizarrer und schwerer zusammenzudenken.
Die Dame in Schwarz, die vor der Animation des Roten Planeten steht, heißt Sarah al-Amiri. Die junge Ingenieurin gehört zu den Planern der Mission, und sie sagte der Wissenschaftszeitschrift Nature, es sei „ganz natürlich”, dass die Leute es „für verrückt halten”, wenn ein arabisches Land auf einmal bei der Erforschung des Weltalls mitmische. Scharia, Geschlechtertrennung und die Todesstrafe für den Abfall vom Islam stehen der Raumfahrt also nicht im Wege. Frappierend, wie gesagt.
Die Emirate sind freilich das außergewöhnlichste arabische oder vielleicht überhaupt islamische Land. Reich an Ölvorkommen, stellen sie die Volkswirtschaft im Nahen Osten mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Von den neun Millionen Einwohnern sind unglaubliche acht Millionen Arbeitsmigranten. Die Rechtsprechung sucht einen Kompromiss zwischen weltlichem und islamischem Recht (tatsächlich steht die Verfassung über der Scharia). Es herrscht religiöse Toleranz, Christen, Juden, Hindus, Buddhisten dürfen unbehelligt ihren Glauben praktizieren. Medien und Internet werden gleichwohl zensiert, wobei die Zensur vor allem sittlichen Kriterien folgt und die Geschlechtertrennung stützt. Zwar kleiden sich die meisten Einwohner traditionell, aber es besteht dazu offenbar keine Pflicht. Als dritter arabischer Staat haben die Emirate diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen und im vergangenen September den von einem Unhold namens Donald Trump ausgehandelten Friedensvertrag unterzeichnet. Die Emirate sind bekannt für ihre Spendenbereitschaft, sie helfen anderen Ländern immer wieder bei der Bewältigung von Kriegsfolgen und Naturkatastrophen.
Wann immer in den vergangenen Tagen Länderstatistiken über den Prozentsatz der gegen das Coronavirus geimpften Einwohner veröffentlicht wurden, stand am zweitlängsten Balken das Kürzel: VAE. Im Jahr 2019 wurde der 29jährige Omar Bin Sultan Al Olama zum Staatsminister für Künstliche Intelligenz ernannt. Ein solches Amt gibt es bislang nirgendwo sonst in der Welt.
Die Raumsonde heißt übrigens „Amal”, Hoffnung. Vielleicht besteht sie ja tatsächlich.
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„Den wärmsten Schneefall seit dem Pleistozän” möchte Leser *** „zum Anlass nehmen, Ihnen einen Artikel aus der Newsweek von 1975 zu senden. Das Thema ist ‚Global Cooling’. Sehr schön sind die Lösungsvorschläge. Vor einigen Jahren war dieser Artikel im Netz noch leichter zu finden als heute. Offenbar greift bereits die globale Speicherbereinigung.”
Also ich fand den Text flott hier, will ihn aber aus dokumentarischen Gewissensgründen im Kleinen Eckladen aufbewahren:
Die Polkappen zum Schmelzen bringen, indem man sie mit schwarzem Ruß überzieht – an welche aktuellen, wenn auch in der Zielsetzung komplett umgekehrten Mabusiaden erinnert uns das?
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Leser *** spielte am 12. Februar den Advocatus diaboli mit der Argumentation, die Information der Bürger einer Demokratie sei eine zu wichtige Angelegenheit, um sie ungeregelt einem chaotischen Markt zu überlassen, der nicht nur Meinungen aller Art, sondern auch unüberprüfbare und falsche Fakten produziere; ebenso wie nicht jedermann eine Arztpraxis eröffnen dürfe, müsse auch jeder Medienschaffende lizenziert werden; wer über keine solche Lizenz verfüge, der dürfe auch nicht publizieren. Die Frage laute: Wie lasse sich das Recht auf freie Meinungsäußerung angesichts dieser Argumentation begründen?

Dass ‚Nachweis der Qualifikation’ in der Theorie gut klingt, in der Praxis aber scheitert, beweist täglich unser Staatsfunk. In der Praxis bauen Tech-Firmen Hierarchien und Vorgaben ab, je komplexer das Produkt ist, das sie entwickeln wollen, damit am Ende ein funktionierendes Produkt rauskommt und falsche Vorgaben von oben nicht auch noch richtig (also falsch) umgesetzt werden. Die (tatsächlich) wahre Meinung ist ein sehr komplexes Produkt.
Die zweite Möglichkeit, solche Ansichten leicht zu widerlegen, ist der Austausch des Bezugspunktes: Statt der Freiheit, seine Meinung zu veröffentlichen, nimmt man einfach die Freiheit zu reisen, die Freiheit der Berufsausübung, die Freiheit, seine Kinder selbstbestimmt zu erziehen. Warum lässt dieses Land die Kinder, die als folgende Generation dieses Land gestalten, von ihren Eltern erziehen? Müssen diese nicht bei Geburt den Eltern weggenommen und an lizenzierte Erzieher übergeben werden, die sie im Sinne ihrer Auftraggeber erziehen?
Und wie war es vor dem Internet? Auch da konnte jeder seine Meinung frei verkünden, ohne dass jemand gesagt hat, das wäre eine Gefahr, das gehe nur mit Lizenz. Damals geschah diese Meinungsverbreitung eben nicht über das Internet, sondern über Vorträge, Stammtische, Clubtreffen etc. Seit Erfindung des Buchdruckes, ich meine Internets, hat sich die Meinungsverbreitung auf die neuen Medien ausgebreitet oder verlagert.”
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Die deutschen Medien waren in glorreichen Zeiten ja schon einmal lizensiert; einfühlsame Geister versuchen hier, das alte Wochenschau-Feeling zu reanimieren, was durchaus etwas Decouvrierendes hat.