5. Februar 2021
Man soll nicht über den Vegetarismus lästern. Diese Bewegung hat viel für die geschmackliche Verfeinerung der Beilagen getan.
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Es gibt so viele diskriminierte Geschlechter und von strukturellem Rassismus betroffene Gruppen, wie es Stipendien dafür gibt.
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In den Büchern der „Menschenfreunde” tritt das unsympathischste Personal auf.
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(Bernd Zeller)
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Die Ineinssetzung von „Europa” und „EU” gehört zu den großen Bubenstücken der Eurokraten. Wir erinnern uns alle noch geschüttelt bis gerührt an Merkels Parole: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa” (am 19. Mai 2010 im Bundestag). Beim virtuellen Zauberbergbesuch am 26. Januar hat die Kanzlerin nun, wie Lukas Podolski sagen würde, eine Schippe draufgelegt; dort teilte sie, den Teil „Wir” für das ganze Europa nehmend, mit: „Wir haben uns zur Klimaneutralität für das Jahr 2050 verpflichtet, was, wenn wir das erreichen, dazu führen kann, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird.”
(Wenn wir Klimaneutralität erreichen, kann das zu Klimaneutralität führen. Genial.)
Bei dieser Gelegenheit empfiehlt sich freilich ein Blick auf die Landkarte.
Europa ist übrigens alles, was weiß und blau ist, also auch das große weiße Stück hinter dem blauen EU-Emblem (und es geht rechts noch ein bisschen weiter). Die kleinere, blaue Fläche, das, liebe Kinder, ist die EU, also der Teil, der beschlossen hat, klimaneutral zu werden, was, wenn es gelingt, zur Klimaneutralität führen kann, weshalb einige von euch nach dem Hüpfen womöglich werden auswandern müssen.
Wenn die Kanzlerin also sagt, Europa werde klimaneutral, hat sie ein kleines bisschen geflunkert, ungefähr so, wie Donald Trump in seiner Amtszeit jeden Tag 15mal (wenn wir denen Glauben schenken wollen, die es noch öfter tun).
Mehr Kanzlerinnen-Märchen gibt es beim gewohnt geduldig aufklärenden Alexander Wendt.
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Ich träumte einen furchtbaren Alptraum: Heiko Maas hatte versehentlich einen Gesprächsfaden abreißen lassen, ich glaube in den Iran.
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Die politischen Ansichten eines Menschen sind immer unwichtiger als seine Persönlichkeit. Wie einer für etwas eintritt, imponiert nachdrücklicher als das, wofür er eintritt. Ein Martin Sellner etwa ist ein ungleich geraderer Charakter als ein Jan Böhmermann, ein Georg Restle, ein Oliver Welke, ganz unabhängig davon, ob jemand seine Gesinnung schätzt oder nicht. Dasselbe gilt für den Stil eines Menschen. Der Mann, der den Satz geschrieben hat: „Dass er viermal verheiratet war, kann als Junggesellentum ausgelegt werden” (Armin Mohler), wäre mir auch als Linker sympathisch.
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Apropos und damit es nicht in Vergessenheit gerät bzw. damit es die noch nicht so lange hier Mitlesenden auch erfahren: Ich habe vor einiger Zeit meine mir recht lästig gewordene (und gar nicht von mir eingerichtete, aber das führt jetzt zu weit) Facebook-Seite vaporisiert, indem ich dort dreimal nacheinander „Martin Sellner” hinschrieb – beim dritten Mal tatsächlich nur den bloßen Namen. Der Vorgang gehört eigentlich in die Rubrik Aufbewahren für alle Zeit.
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Aus dem Wikipedia-Eintrag zum Rassemblement – früher Front – National: „Tanja Wolf (eine Politologin bzw. Typopologisiererin übrigens blonden Typs – M.K.) typologisierte die FN 2019 als ‚rechtspopulistisch mit rechtsextremen Tendenzen’. Wie für rechtspopulistische Parteien typisch, weise die Front National keine umfassende Ideologie, sondern eine eher flexible Weltanschauung auf. Auch die Anti-Establishment-Einstellung, die Forderungen nach Ausweitung der bürgerlichen Mitbestimmung, die Gegenüberstellung von ‚Volk‘ und ‚Elite‘ und die grundsätzliche Unterstützung rechtsstaatlicher Prinzipien, die Ausrichtung auf eine charismatische Führungsfigur sowie Rhetorik und Stil seien rechtspopulistische Ausprägungen. Die Definition des Volkes als Kulturnation mit dem Islam als Feind, zugleich aber die Möglichkeit, dass sich Immigranten assimilieren und so auch zu Mitgliedern der französischen Nation werden können, sprächen ebenfalls eher für Rechtspopulismus statt herkömmlichen Rechtsextremismus. Der hohe Grad der organisationalen Ausgestaltung mit stark zentralisierten, von der Spitze nach unten organisierten Strukturen mit starkem Unterbau entspreche hingegen dem einer rechtsextremen Partei.”
Liebe Kinder, macht jetzt die Hefte auf und schreibt mit. Erstens: Rechtspopulisten unterstützen grundsätzlich rechtsstaatliche Prinzipien.
Zweitens: Stark zentralisierte, von der Spitze nach unten organisierte Strukturen sind typisch für eine rechtsextreme Partei.
Die SED war, die CDU ist rechtsextrem.
Ende der Durchsage.
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„Der echte Begriff des Liberalen ist die antizipierte Kollaboration.” (Martin Kriele)
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Gerade die Menschen mit gutgemeinten Absichten sind oft unnachsichtig und aggressiv gegenüber denjenigen, die ihnen nicht folgen möchten. Diese einfache Tatsache erklärt den Graben, der sich durch dieses Land zieht, weit plausibler als die Unterstellung, Dunkelmänner mit niedrigen Motiven hätten ihn zu verantworten.
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Freund *** weist mich darauf hin, dass dieses Modehaus im lauschigen Emmendingen, näherhin dessen rechter, leicht abgesetzter Teil, bis 1938 der jüdischen Kaufmannsfamilie Knopf gehörte; dann wurde es arisiert. Was man irgendwie heute noch sieht.
Erschütternd, wenn auch erst auf den zweiten Blick, ist dieses Foto (im Hintergrund das noch nicht arisierte Geschäft).
Bei dem Feuerwehrmann hinten rechts handelt es sich um Fritz Siegfried Falk, Jude und als Weltkriegsoffizier ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz. Erst in Dachau legte er es ab.
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Wenn wir bei Modehäusern sind: Im schönen Erfurt, ganz in der Nähe der Staatskanzlei von Genossen Rameljow, wird ein Einzelhändler verhaltensauffällig.
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Ah, es greift um sich.
Das mosert und mault natürlich ebenfalls im Osten, in Naumburg nämlich. Da wissen sie eben noch nicht, dass Hannah Arendts Bücher an wirklich fortschrittlichen Universitäten längst auf Nadeln gespießt, in Schaukästen mit anderen giftigen Werken sortiert und der dauerüberwachten Abteilung „Weiße Suprematisten” zum Wegsperren überantwortet worden sind.
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In hinreichend bunten Stadtteilen sind die Initiativbürger noch ein bisschen disziplinloser, hat Leser *** beobachtet:
„Eine Autofahrt durch die Sonnenallee und benachbarte Straßen in Neukölln, dem herrlich kulturbereicherten und zukunftsweisenden Bezirk in Berlin, offenbarte Erstaunliches. Zahlreiche Friseurgeschäfte – neudeutsch, oder genauer neulibanesisch auch ‚Barber-Shops’ genannt – sind ganz unbekümmert geöffnet. Bei Bediensteten und Besuchern konnte ich im Vorbeifahren auch nur sporadisch spahn‘sche Maulfilter entdecken… Von der Ordnungsmacht weit und breit keine Spur, auch Berichterstattung und Empörung der üblichen rotgrünen Hauptstadtgazetten von Tagesspiegel bis Berliner Zeitung scheinen sich lieber auf Verstöße gegen die Abstandsreglungen auf Kinderrodelbahnen in den noch halbwegs bürgerlichen Bezirken zu beschränken.
Offenbar schweigt auch der sonst so fleißige biodeutsche Denunziant; entweder weil es ihn dort mangels Ureinwohner schlichtweg nicht mehr gibt oder aus Sorge um seine körperliche Unversehrtheit; in Neukölln ist es nicht immer zwingend ratsam, das Zusammenleben jeden Tag neu aushandeln zu wollen.“
Die mögen dort sein, wie sie wollen; in gewissen Dingen sind sie ersichtlich noch normal. Vielleicht muss man als Biodeutscher eines Tages in die Migrantenviertel gehen, um den Greiftrupps wenigstens stundenweise zu entkommen.
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Aus dem Mittleren Westen schreibt wiederum Leser ***: „Was ich aus ’schland über die USA höre ist schrecklich – allerdings erkenne ich dabei in keiner Weise dieses Land hier. Sogar im eher linken Illinois sind die die Restaurants offen – das obliegt nämlich den Bürgermeistern und nicht dem Gouverneur – der kann sagen was er will, er kann’s nicht umsetzen.
Das Leben ist, bis auf die Masken, die man eben häufiger sieht, unverändert. Ich selbst habe in 2020 wohl kein einziges Mal eine Maske aufgesetzt und wurde in keinem Geschäft schief angeschaut. Unser Governor kam vor einigen Monaten in eines unserer Brewpubs – er und seine Entourage mussten natürlich eine Maske aufsetzen, aber niemand sonst tat es.”
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„Gleichstellung bedeutet, biologisch betrachtet, dass Männer und Frauen sich selbst befruchtende Zwitter sind. Wenn Regenwürmer kopulieren, dann haben wir Gleichstellung.”
Also sprach der Biologe Ullrich Kutschera.
Und setzte keck hinzu: „Das dritte Geschlecht ist eine geniale Entdeckung. Biologen haben dreihundert Jahre danach geforscht, und Juristen finden es. Man müsste ihnen sofort den Nobelpreis für Medizin verleihen.”
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Auch wenn er kaum einen Schimmer von ihr hat, ist der Einzelne nicht nur ein Abbild seiner Kultur – das gilt sogar für Annalena, Claudi und Robert –, sondern auch des Alters bzw. der Altersdemenz seiner Kultur – das gilt erst recht für Annalena, Claudi und Robert.
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„Herr, Du richtest mir einen Tisch an, angesichts meiner Bedränger.” (Psalm 23, 5)
Und so soll es bleiben.
Vergnügungszoll
Wer dem Autor dieses unbegreiflicherweise für lau verfügbaren Diariums seine erlesene Handwerksarbeit mit einer Spende danken und ihn so bei guter schlechter Laune halten möchte, kann dies tun unter:
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Grazie a tutti.