Zur Inauguration

PS: Ich wähn­te, der deut­sche Nar­ren­um­zug sei „durch”, doch einer kommt noch hinterhergetrabt.

Der Mann heißt Andre­as Michae­lis, war unter Joseph „Jockel” Fischer Spre­cher des Aus­wär­ti­gen Amtes, unter F. W. Stein­mei­er und S. Gabri­el Poli­ti­scher Direk­tor des AA und unter H. Maas Staats­se­kre­tär dort­selbst. Er ist Mit­glied der Grü­nen. Nun warnt er davor, dass sich Trump künf­tig ähn­lich auf­füh­ren könn­te wie sei­ne ehe­ma­li­gen Dienst­her­ren und sei­ne aktu­el­len Par­tei­freun­de in der Bundesregierung.

Die deut­sche Diplo­ma­tie, nie beson­ders berühmt für Geschick und Fein­ge­fühl, scheint völ­lig unter die Toren gefal­len zu sein. Es ist woker Wil­hel­mi­nis­mus. Die hal­ten sich für eine mora­li­sche Groß­macht mit über­le­ge­nen femi­nis­ti­schen Streit­kräf­ten. Anders las­sen sich sol­che Fle­ge­lei­en nicht erklären.

Einen Netz­fund noch:

PPS: „Sehr geehr­ter Herr Klo­novs­ky, Ihre Genug­tu­ung dar­über, dass noch vor Trumps Amts­an­tritt die gro­ßen Unter­neh­men wie die Domi­no­stei­ne umfal­len, indem eines nach dem ande­ren aus den woken Klima‑, Diver­si­täts- und sons­ti­gen Welt­ret­tungs­bünd­nis­sen aus­steigt, kann ich gut nach­voll­zie­hen. Selbst die heim­lich-sinist­re Welt­re­gie­rung namens Black­Rock soll ja mitt­ler­wei­le abge­dankt haben, wie man hört… Nur die deut­schen Unter­neh­men wer­den, wie es sich für eine ver­spä­te­te Nati­on gebührt, noch etwas Zeit benötigen.

Ich möch­te aber doch eine Lan­ze für den Oppor­tu­nis­mus der Wirt­schaft bre­chen. Denn der Oppor­tu­nis­mus ist doch das eigent­li­che Lebens­eli­xier des Kapi­ta­lis­mus. Oppor­tu­ni­tä­ten wahr­neh­men, wel­cher Kauf­mann könn­te ohne die­se Regel über­le­ben? Der Krä­mer, der Ban­kier, der Fri­seur, wo kämen sie hin, wenn sie auf Prin­zi­pi­en poch­ten wie ein Steu­er­be­am­ter? Mir bleibt ewig eine bestimm­te Stel­le aus Ernst Jün­gers Kriegs­ta­ge­bü­chern in Erin­ne­rung: Paris im August 1944, der Rück­zug der Wehr­macht steht bevor. Jün­ger ver­teilt letz­te Trink­gel­der ans Hotel­per­so­nal und geht noch ein­mal zu sei­nem lang­jäh­ri­gen Pari­ser Fri­seur. (‚In defeat, defi­ance’, wie Chur­chill es for­mu­lier­te.) Jün­ger berich­tet, der Fri­seur habe sich von ihm ver­ab­schie­det mit den Wor­ten ‚J’e­spè­re que les cho­ses s’ar­ran­ge­ront’… – ‚Ich hof­fe, die Din­ge wer­den sich’… Ja, wie soll man es über­haupt über­set­zen? Viel­leicht mit ‚…irgend­wie regeln’? Wie auch immer, Jün­ger kom­men­tiert tref­fend: ‚Sein Abschieds­wort ent­sprach dem Geis­te sei­nes Stan­des… (und sei­ner Sym­pa­thie für mich).’ Der Geist des Fri­seur­stan­des: Was soll der arme Kerl denn Ande­res tun? Mor­gens kommt viel­leicht ein heim­li­cher Anhän­ger der Résis­tance und nach­mit­tags ein Deut­scher in Uni­form, der einen die­ser tadel­lo­sen Façon­haar­schnit­te ver­langt. Soll er die denn bei­de unver­rich­te­ter Din­ge nach Hau­se schi­cken? Und ein­fach nur die Haa­re schnei­den ohne ein Wort zu reden, das ver­bie­ten Höf­lich­keit und Anstand.
Ein ande­res Zitat aus Jün­gers ‚Strah­lun­gen’ ist mir lan­ge Zeit unver­ständ­lich geblie­ben. Er zitiert dar­in eine Zei­le aus der fran­zö­si­schen Kino-Wochen­schau oder aus irgend­ei­ner Bör­sen­ga­zet­te jener Zeit: ‚La Bour­se se reprend: on ne joue pas la paix!’ – ‚Die Bör­se erholt sich: Man setzt nicht auf den Frie­den!’ Da haben wir sie wie­der, die kapi­ta­lis­ti­schen Kriegs­trei­ber! (Immer­hin: Die fran­zö­si­schen Bör­sen­ju­den konn­ten dies­mal nicht dahin­ter­ste­cken, denn die waren um die­se Zeit längst ver­trie­ben oder ermor­det.) War­um fürch­te­te man den Frie­den? Nun, den Bör­sia­nern steck­te damals noch die Erin­ne­rung an die Depres­si­on der Jah­re 1929–33 in den Kno­chen. Erst unter dem Ein­fluss staat­li­cher Kriegs­wirt­schaft (in den USA: New Deal) hat­te die Wirt­schaft sich erholt. Doch was wür­de gesche­hen, wenn der Frie­de kommt? Der Kon­sens ging dahin, dass ohne die staat­li­chen Rüs­tungs­pro­gram­me Läh­mung und Depres­si­on wie­der Ein­zug hal­ten wür­den… Also lie­ber alle Akti­en ver­kau­fen! Doch erfreu­li­cher­wei­se irr­te die Mehr­heit: Die Nach­kriegs­jah­re demons­trier­ten, dass der Frie­de doch das bes­se­re Geschäft war.
Ich muss auch an eine Anek­do­te aus mei­nem ers­ten Berufs­jahr den­ken: Wäh­rend mei­ner Stu­di­en­zeit war ich stramm links­ori­en­tiert gewe­sen, und so konn­te ich nicht umhin, weni­ge Wochen nach mei­nem Start in einer Frank­fur­ter Bank einen älte­ren Kol­le­gen dar­über zu beleh­ren, dass ‚die Ban­ken doch viel zu viel Geld ver­die­nen’. Er hob kurz die Augen­brau­en und mein­te dann tro­cken: ‚Tja, dann müs­sen sie wohl Bank­ak­ti­en kau­fen.’ Gegen die Imma­nenz die­ser Logik hat­te ich als ver­spä­te­ter Acht­und­sech­zi­ger kei­ne Chance.”
PS zum PPS: „Der Leser­brief­schrei­ber irrt mei­nes Erach­tens, wenn er Oppor­tu­nis­mus in der Wirt­schaft auf die­se Wei­se erläu­tert. Wir wären doch froh über Fri­seu­re, die mor­gens den Lin­ken und abends den Rech­ten schnei­den, und bei­den nur das Haar. Was wir doch aber erle­ben, sind Gesin­nungs­fri­seu­re, die dem mit der fal­schen Mei­nung (hier­zu­lan­de noch die des Rech­ten) das Haar nicht schnei­den. Oppor­tu­nis­tisch wür­de ich einen Fri­seur, der ein­fach sei­ne Arbeit macht, eben nicht nen­nen, son­dern schlicht ver­nünf­tig, und Cha­rak­ter (der Cha­rak­ter­fri­seur) hät­te er dann, wenn er den Rech­ten aus­drück­lich bedient mit dem Hin­weis, es gebe kein Haar zwei­ter Klas­se, und für die Moral sei­en bit­te die Grü­nen zustän­dig. Oppor­tu­nis­mus ist bei einem VW-Vor­stand, der wider alle tech­ni­sche und auch kauf­män­ni­sche Ver­nunft den Die­sel kappt und sich das E‑Auto teu­er sub­ven­tio­nie­ren läßt, das kei­ner wirk­lich will und auch im rei­nen ‚Fort­schritts­sinn’ ein Mogel-Mobil ist.”
(Leser ***)
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