29. Januar 2024

Nichts ver­mag mehr Sym­pa­thien für den Teu­fel zu wecken als sei­ne Exkommunikation.

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Es ist gleich­gül­tig, ob sie die Ver­damm­ten die­ser Erde erlö­sen, die Pro­le­ta­ri­er von ihren Ket­ten befrei­en oder das Kli­ma ret­ten wol­len: Das Resul­tat wird immer das­sel­be sein.

(Und das ist mei­net­hal­ben die trau­rigs­te Geschich­te von der Welt.)

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Wer mit 20 kei­ne Skru­pel hat, der hat kein Herz. Wer mit 60 noch Skru­pel hat, der hat kei­nen Verstand.

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Am Wochen­en­de haben wie­der Tau­sen­de auf deut­schen Stra­ßen demons­triert – die meis­ten Sen­der mel­den „pro­tes­tiert”; es ging schließ­lich gegen die Mäch­ti­gen –, weil sich in einem Land­haus zu Pots­dam ein paar Leu­te getrof­fen und dar­über geplau­dert haben, wie man die Ankün­di­gun­gen der Regie­rung, unrecht­mä­ßig in ’schland ver­wei­len­de Aus­län­der außer Lan­des zu schaf­fen, end­lich ver­wirk­li­chen kön­ne. – Das ist tat­säch­lich der Anlass.

Es han­delt sich um eine Art Satyr­spiel zum „Über­fall” auf den Sen­der Gleiwitz.

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Was der Focus aus dem Tref­fen am Lehnitz­see machte.

Ers­tens: die AfD zum Ver­an­stal­ter (was nicht stimmt, man könn­te eben­so von einer CDU-Sau­se reden).

Zwei­tens: einen Plu­ral („kon­spi­ra­ti­ve Treffen”).

Drit­tens: aus einer pri­va­ten Zusam­men­kunft gela­de­ner Gäs­te, wie sie jeden Tag – gott­lob noch – unbe­an­stan­det tau­send­fach statt­fin­den, etwas „Kon­spi­ra­ti­ves”, das heißt der Öffent­lich­keit Ent­zo­ge­nes – jede Focus-Kon­fe­renz und bald wohl auch jedes Focus-Heft wären dann kon­spi­ra­tiv – und Verschwörerisches.

Vier­tens: aus Abschie­bun­gen – aber das ist busi­ness as usu­al – „Depor­ta­tio­nen”.

Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den 13.512 Men­schen allein aus Deutsch­land depor­tiert (der per­fi­de Bri­te depor­tiert inzwi­schen sogar direkt ins Mut­ter­land der iden­ti­ty poli­tics, nach Ruan­da).

Das reicht der Bun­des­re­gie­rung aber nicht; wäh­rend sie über­all Men­schen zusam­men­trom­melt, die gegen Depor­ta­tio­nen demons­trie­ren, will sie ihrer­seits dem Depor­tie­ren mehr Schwung verschaffen.

Hun­dert­tau­sen­de Almans fres­sen das trotz­dem und gehen auf die Stra­ße. Kogni­ti­ve Dis­so­nanz, wohin man schaut.

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Eine Depor­ta­ti­on droht die­sem beson­ders unwill­kom­me­nen jun­gen Mann, sofern er es schafft, die deut­sche Gren­ze zu über­que­ren, die für­der­hin allein um sei­net­wil­len kon­trol­liert wird.

Sell­ner ist Öster­rei­cher, also Staats­bür­ger eines EU-Lan­des. Gegen ihn liegt im straf­recht­li­chen Sin­ne nichts vor, sei­ne Auf­trit­te sind von der Mei­nungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit, sei­ne Rei­sen von der Per­so­nen­frei­zü­gig­keit geschützt. Er begeht kei­ne Straf­ta­ten, ist weder aggres­siv noch pro­pa­giert er Gewalt. Trotz­dem gilt er Medi­en­mel­dun­gen zufol­ge als Gefahr für die inne­re Sicher­heit und soll nicht mehr ein­rei­sen dürfen.

Ande­ren Gäs­ten indes ist das Blei­be­recht einst­wei­len so sicher wie jenen die Ein­rei­se, die auf ihren Spu­ren wandeln.

Und das ist gut so! Schließ­lich ist die Wahr­schein­lich­keit, zu Köln in ein Mes­ser zu lau­fen, noch viel gerin­ger als die, ver­se­hent­lich auf You­tube ein Sell­ner-Video anzuklicken.

Köln bleibt bunt!

PS: Der Sell­ner hat sich tat­säch­lich an die Gren­ze gewagt, sogar dar­über. „Doch seht! Die bra­ve Polizei/Eilt wie gewöhn­lich schnell her­bei” (Wil­helm Busch).

Sell­ner wur­de „gegen 18 Uhr rasch von der Grenz­po­li­zei kon­trol­liert”, mel­det die Frank­fur­ter Rund­schau. Dabei sei über­prüft wor­den, ob „eine Gefähr­dung für die öffent­li­che Sicher­heit und Ord­nung“ vor­lie­ge, wie ein Poli­zei­haupt­kom­mis­sar von der Bun­des­po­li­zei Pas­sau mit­teil­te. „Wir haben kei­ne Grün­de gefun­den, die dar­auf hin­deu­ten, dass er eine Gefahr für die öffent­li­che Sicher­heit und Ord­nung dar­stellt – und des­we­gen darf er ein­rei­sen“, wird der acht­ba­re Beam­te zitiert.

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Apro­pos „kon­spi­ra­ti­ve Treffen”.

Das heißt, die­ser Ver­ein bekommt nicht nur Geld von der Regie­rung, son­dern sei­ne Leu­te tau­chen auch regel­mä­ßig in Bun­des­mi­nis­te­ri­en auf, um sich instru­ie­ren zu las­sen. So eine staat­li­che Agit­prop-Trup­pe will man der Öffent­lich­keit als neu­tral, objek­tiv und inves­ti­ga­tiv ver­kau­fen, und ihre Denun­zia­tio­nen als „Recher­chen für die Gesellschaft”.

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Ein Leser schickt mir einen Video­schnip­sel, auf wel­chem der säch­si­sche Innen­mi­nis­ter Armin Schus­ter, CDU (natür­lich kein Sach­se), dem „gegen rechts” zusam­men­ge­trom­mel­ten zivil­ge­sell­schaft­li­chen Publi­kum erklärt, dass „sei­ne” Beamt*_:Innen, von der Poli­zis­tin über den Staats­schüt­zen­den bis zur VS-Trans­se­xu­el­len, zwar „24 Stun­den am Tag und sie­ben Tage die Woche für unse­re Demo­kra­tie” arbei­te­ten – „sei­ne” Beam­ten für „unse­re” Demo­kra­tie –, aber ange­sichts von „zehn­tau­sen­den, ja hun­dert­tau­sen­den Ver­fas­sungs­schüt­zern” der­zeit auf den Stra­ßen genau­so gerührt sei­en wie er.

Las­sen wir die Tat­sa­che bei­sei­te, dass sich die Rüh­rung nament­lich in den Rei­hen der Poli­zei in Gren­zen hal­ten wird, wo ein nicht uner­heb­li­cher Teil eher mit der Oppo­si­ti­on als mit den Regie­rungs­ak­kla­mie­rern sym­pa­thi­siert, und wen­den wir uns gleich dem Traum des Herrn Schus­ter von Tau­sen­den frei­wil­li­gen Ver­fas­sungs­schüt­zern, form­er­ly IM, zu. Der Innen­mi­nis­ter kehrt den Grund­ge­dan­ken der Ver­fas­sung um, näm­lich dass sie die staat­li­che Gewalt und nicht den Bür­ger bin­det – ein Bür­ger kann nicht ver­fas­sungs­wid­rig han­deln, auch nicht, indem er sich pri­vat trifft und bespricht, was er will, wäh­rend die Staats­ge­walt ver­fas­sungs­wid­rig han­delt, wenn sie ihn dabei abhört –, und er spen­det der soge­nann­ten Zivil­ge­sell­schaft, die man nicht ver­wech­seln soll­te mit einer zivi­li­sier­ten Gesell­schaft, sei­nen Segen dafür, dass sie sich an der Sei­te der Regie­rung gegen anders­mei­nen­de „Mit­bür­ger” (R. v. Weiz­sä­cker) ver­sam­melt, die sich übri­gens eben­falls auf die Ver­fas­sung, also das Grund­ge­setz beru­fen. Ver­fas­sungs­schüt­zer sind für den säch­si­schen Innen­mi­nis­ter augen­schein­lich Oppo­si­ti­ons­be­kämp­fer. Des­we­gen muss die­se Oppo­si­ti­on als ver­fas­sungs­feind­lich dar­ge­stellt wer­den, also prak­tisch als das, was man in der DDR „staats­feind­lich” nann­te; ter­mi­no­lo­gisch sind Nan­ny Fae­ser und ihr Famu­lus Hal­tungs­zwang ja schon recht nah bei Miel­kes Einheitsparteischützern.

Es tritt ein­mal mehr ein, was Gün­ter Maschke selig in sei­nem Essay „Die Ver­schwö­rung der Flak­hel­fer” anno 1985 sowohl dia­gnos­ti­zier­te als auch pro­phe­zei­te: „Die Bun­des­re­pu­blik, halb ordent­li­cher Indus­trie­hof, halb Nah­erho­lungs­zo­ne mit regel­mä­ßig geleer­tem Papier­korb, die­ses hand­tuch­brei­te Rest­land, des­sen Bewoh­ner nach Harm­lo­sig­keit gie­ren, ist zugleich das Land, in dem jeder zum Ver­fas­sungs­feind des ande­ren wer­den kann.“ Das erle­ben wir nahe­zu täg­lich und gera­de wie­der. „Da nie­man­dem eine auch nur not­dürf­tig ver­bind­li­che Defi­ni­ti­on der Ver­fas­sung mög­lich ist”, so Maschke, „wird sie, anstatt der Boden zu sein, auf dem die (Rest-)Nation ihre Kräf­te zusam­men­faßt, der Boden, auf dem sie ihre Bür­ger­krie­ge aus­trägt.” Die Ver­fas­sung der zwei­ten deut­schen Repu­blik sei „bereits in ihrer Ent­ste­hungs­pha­se eine Ver­fas­sung gegen Deutsch­land” gewe­sen. Wie unvoll­kom­men sie sei, sehe man doch allein an den zahl­rei­chen nach­träg­lich vor­ge­nom­me­nen Ände­run­gen – wobei sich die SPD beson­ders her­vor­tat und mit­hin eigent­lich im Ruch einer gewis­sen Ver­fas­sungs­feind­lich­keit ste­hen müss­te (was mich betrifft: steht sie).

Wenn das Grund­ge­setz aber so groß­ar­tig ist, wie wir immer hören, war­um wird es dann zum Kampf­platz von Par­tei­un­gen, die jede für sich behaup­ten, die Ver­fas­sung zu ver­tei­di­gen? Und wie kann es sein, dass eine Ver­fas­sung, deren Sou­ve­rän das deut­sche Volk ist – und die­ses Volk wur­de von den viel­zi­tier­ten Vätern und Müt­tern des Grund­ge­set­zes expli­zit als das eth­nisch-kul­tu­rel­le deut­sche Volk als „ewi­ger” Haupt­be­stand­teil des deut­schen Staats­vol­kes ver­stan­den – ganz unge­niert dazu benutzt wird, um die­ses deut­sche Volk Schritt für Schritt durch Migran­ten zu erset­zen (immer in die Schu­len und Kitas schau­en!), von denen dann ein­fach behaup­tet wird, sie sei­en eben jetzt das neue deut­sche Volk? Und zwar in einem Tem­po und in einer Zahl, per Blitz­ein­bür­ge­rung und über wie Wun­den offen­ge­hal­te­ne Gren­zen, dass eine Anpas­sung der Nau­an­kömm­lin­ge an die deut­sche Kul­tur bzw. gar deren Über­nah­me so gut wie aus­ge­schlos­sen sind? Stimmt also Maschkes Behaup­tung, es sei eine Ver­fas­sung „gegen Deutschland”?

Nun, Sie ken­nen mei­ne Ant­wort, die Ver­fas­sung ist eher gleich­gül­tig, weil der herr­schen­de Zeit­geist ohne­hin aus ihr macht, was er will. Den rot­grü­nen Deutsch­land-Abwick­lern, zu denen das Ver­häng­nis im Hosen­an­zug unbe­dingt zu rech­nen ist, ist es gelun­gen, sämt­li­che Grund­rech­te, ja sogar die Ewig­keits­klau­seln des Grund­ge­set­zes unter einen aus Arti­kel 1 abge­lei­te­ten Gene­ral­vor­be­halt zu stel­len, der trotz einer unglaub­li­chen intel­lek­tu­el­len und auch for­mal­lo­gi­schen Dürf­tig­keit inzwi­schen prak­tisch den Kern­ge­halt der deut­schen Staats­rä­son bil­det; er lässt sich auf die trans­pa­rent­taug­li­che Flos­kel zusam­men­schnur­ren: Im Grund­ge­setz steht, die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar, nicht die Wür­de des Deut­schen. Und die­se Wür­de­ga­ran­tie beschränkt sich grund­ge­setz­neu­kon­form kei­nes­wegs nur auf das deut­sche Staats­ge­biet. Nie­mand hät­te es sich 1949 alp­träu­men las­sen, dass der Infan­ti­li­sie­rungs- bzw. Debi­li­sie­rungs­grad die­ses ja damals schon als für Irra­tio­na­lis­mus und kol­lek­ti­ve Hys­te­rien beson­ders anfäl­lig gel­ten­den Vol­kes ein­mal dar­auf hin­aus­lau­fen könn­te, dass es einem sym­bo­li­schen Arti­kel sei­ner Ver­fas­sung welt­wei­te Gel­tung zuschrei­ben und so den aggres­si­ven Hit­le­ris­mus um 180 oder eben 360 Grad gedreht in auto­ag­gres­si­ver Welt­heils­durch­glüht­heit gegen sich selbst wen­den wür­de. Doch genau damit „argu­men­tiert” der Ver­fas­sungs­schutz gegen die ein­zi­ge Oppositionspartei.

(Hier kann der mün­di­ge Bür­ger übri­gens eine Erklä­rung der Vor­sit­zen­den der Schwe­fel­par­tei-Ost­ver­bän­de zur Remi­gra­ti­on lesen und sich viel­leicht eine nicht ganz Tages­schau-kom­pa­ti­ble Mei­nung dazu bilden.)

Natür­lich ste­hen die Deut­schen nicht allein mit die­ser absur­den Wie­der­gut­ma­chungs­mi­gra­ti­ons­sicht, alle ehe­ma­li­gen Kolo­ni­al­na­tio­nen haben sich die­ses Pro­blem auf­ge­la­den, und die Agen­ten der aktu­el­len post­ko­lo­nia­lis­ti­schen Gesin­nungs­mo­de pro­fi­tie­ren kräf­tig davon, doch die Almans sind eben beson­ders när­risch, auch in die­ser Sache, sie betrach­ten den größ­ten Teil der Migra­ti­on als Asyl­rechts­ge­wäh­rung und über­haupt nicht unter dem Gesichts­punkt der Nütz­lich­keit für ihr Gemein­we­sen, nicht ein­mal der Ver­träg­lich­keit, son­dern als einen hyper­mo­ra­li­schen sozia­len Lie­bes­dienst am mil­lio­nen­fa­chen frem­den Kun­den zum Zwe­cke der Gene­sung des deut­schen Wesens von sei­ner allah­l­ob unsühn­ba­ren all­ge­mein wei­ßen und spe­zi­ell natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Erb­schuld. Mir ver­si­cher­te ein­mal ein Geschäfts­mann aus den Emi­ra­ten, er ver­ste­he die Deut­schen nicht; in die Emi­ra­te hole man Aus­län­der, damit sie dort arbei­ten, wäh­rend die Deut­schen Aus­län­der zu sich hol­ten, um für sie zu arbei­ten (man müss­te die­sen Mann als Ras­sis­ten bezeich­nen, wenn das nicht auf anti­mus­li­mi­schen Ras­sis­mus hin­aus­lie­fe). Dass sich dage­gen Wider­stand regt, spe­zi­ell in den am meis­ten abge­mol­ke­nen sowie den weni­ger wohl­ha­ben­den Milieus, die ja den Haupt­stoß der Migra­ti­on abbe­kom­men, ist ziem­lich normal.

Das auto­ri­tä­re Gefuch­tel von Regie­rung, VS und den gelenk­ten Medi­en soll­te nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass es den soge­nann­ten Eli­ten voll­kom­men klar ist, auf wel­chem Absur­di­täts­le­vel sie argu­men­tie­ren, und ich wet­te, dass sie, sobald sie die Schwe­fel­par­tei irgend­wie klein­ge­kriegt haben, die­sen Non­sens sofort revi­die­ren wer­den. Bis dahin wird er frei­lich wach­sen und anschwel­len und womög­lich außer Kon­trol­le geraten.

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Was nun mich betrifft: Ich füh­le mich nicht von Migran­ten bedroht. Ich lebe in einer bür­ger­li­chen Münch­ner Gegend, die Aus­län­der, mit denen ich Kon­tak­te pfle­ge, sind alle­samt gut­ver­die­nen­de, gesit­te­te, unbe­waff­ne­te Aka­de­mi­ker, und furcht­erre­gen­de Flücht­lin­ge tau­chen hier nicht auf. Wenn in einem Asy­lan­ten­heim in einem baye­ri­schen Dorf ein Afgha­ne ein fünf­jäh­ri­ges Kind ersticht und des­sen Mut­ter schwer ver­letzt, dann ist mir das egal, denn ich ver­keh­re nicht in sol­chen Hei­men, und es steht auch keins in mei­ner Stra­ße. Mit den Wor­ten „einen Abste­cher machen” ver­bin­de ich per­sön­lich den Tegern­see und nicht die Not­auf­nah­me. Wenn ich lese, dass die Poli­zei in Frei­burg einen 28jährigen Mann aus Eri­trea fest­ge­nom­men hat, der sich an zwei Frau­en sowie, weil nicht immer Mädels zur Hand waren, an meh­re­ren Scha­fen und Zie­gen ver­gan­gen hat, ist mir das gleich­gül­tig, weil ich weder Haus­tie­re habe noch in Frei­burg lebe; aus letzt­ge­nann­tem Grund habe ich auch kei­ne Angst um mei­ne Toch­ter, wenn ich lese, dass acht Män­ner, dar­un­ter sie­ben „Flücht­lin­ge” aus Syri­en, dort eine 18jährige ver­ge­wal­tigt haben. Auch wenn ich erfah­re, dass ein Asyl­be­wer­ber aus Soma­lia gera­de in Mün­chen vor Gericht steht, weil er mit zwei ande­ren Fach­kräf­ten nachts in der St.-Bonifatius-Straße einem Mann das Fahr­rad gestoh­len und die­sen dabei so zusam­men­ge­schla­gen hat, dass der Zärt­ling zwei Wir­bel­brü­che, einen Bruch der lin­ken Augen­höh­le, Häma­to­me an bei­den Augen und mas­si­ve Seh­stö­run­gen davon­trug, sorgt mich das kaum, denn ich woh­ne nicht in Gie­sing und ver­keh­re auch nicht dort, weil die Gie­sin­ger Gas­tro­no­mie eher unbe­deu­tend ist. Die Sor­ge, sel­ber ein­mal zur fal­schen Zeit am fal­schen Ort zu sein – die­ser dum­me Zufall ist der ein­zi­ge Grund, der Ein­zel­fäl­le über­haupt mög­lich macht –, schreckt mich nicht, denn ich bin situ­iert genug, um fal­sche Orte mei­den zu kön­nen. Wenn mir Leh­rer oder Eltern erzäh­len, dass deut­sche Kin­der an vie­len Schu­len zur Min­der­heit wer­den und mus­li­mi­sche Jüng­lin­ge sie mob­ben oder ver­prü­gelen, weil sie Schwei­ne­fleisch­fres­ser, Kar­tof­feln und Unrei­ne sind, schreckt mich das nicht, denn mei­ne Kin­der gehen nicht auf sol­che Schulen.

Frei­lich muss ich noch hin­zu­fü­gen, dass ich mich auch nicht von einer Hava­rie in einem japa­ni­schen Atom­kraft­werk bedroht füh­le, die noch nicht ein­mal dort, in 10.000 Kilo­me­ter Ent­fer­nung, jeman­den getö­tet hat. Ich habe kei­ne Angst vor teuf­li­schem Koh­len­di­oxid, Die­sel­ab­ga­sen und Fein­staub, denn ich bekom­me auf mei­nem Bal­kon blen­dend Luft. Ich fürch­te mich nicht vor Neo­na­zis, weil ich kei­ne ken­ne, ich wür­de mich auch nicht vor einer Reinkar­na­ti­on des NSU ängs­ti­gen (hier ein­mal unter­stellt, die Buben haben tat­säch­lich all das getan, was man ihnen zur Last legt), denn mir täten sie ja nichts. Ich habe kei­nen Bam­mel vor Putin, weil ich nicht im Osten der Ukrai­ne lebe. Die Erd­er­wär­mung lässt mich auch dann völ­lig kalt, wenn sie tat­säch­lich statt­fin­det, denn ich habe es gern warm. Die Pol­kap­pen kön­nen mei­net­hal­ben abschmel­zen, ich woh­ne 600 Meter über dem Mee­res­spie­gel. Sela, Psalmenende.

PS: Der eine oder ande­re Leser wird viel­leicht bemerkt haben, dass die­ser Text eine nur um ihren Anlass gekürz­te Wie­der­vor­la­ge der Acta-Para­phra­se eines Kom­men­tars von Jan Fleisch­hau­er zur „Gemein­sa­men Erklä­rung 2018” ist. Die Ent­so­li­da­ri­sie­rung der Moral-Eli­te, wie Freund Alex­an­der Wendt die­se Leu­te nennt (der gera­de ein Buch dar­über been­det hat), mit den ein­hei­mi­schen Unter­schich­ten ist inzwi­schen noch wei­ter fort­ge­schrit­ten, und die Ver­ach­tung, die woke Gut­si­tu­ier­te gegen­über den unwo­ken Pre­kä­ren hegen, ebenso.

Wie gesagt, bei den Hoch­ge­stell­ten gilt das Reden von Pro­ble­men mit Migran­ten als nied­rig. Das kommt: In ihren Wohn­ge­bie­ten gibt es kei­ne pro­ble­ma­ti­schen Migranten.

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Die ehren­amt­li­chen Ver­fas­sungs­schüt­zer bei der Arbeit (oder: die Nazi-Men­ta­li­tät auf Nazi-Suche).

Bit­te größer.

Dan­ke.

(Hier wird die Akti­on beschrieben.)

PS: Leser schrei­ben mir, dass die Kaf­fe­dea­ler die­se Gesin­nungs­ver­pflich­tung geän­dert haben.

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Jemand sag­te: Ein Extre­mist will die frei­heit­lich-demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung abschaf­fen. Ich kann also kein Extre­mist sein, denn ich bin der Ansicht, dass sie gar nicht – oder nicht mehr – existiert.

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Bis­lang dach­te man, dass der Ein­tritt in die grü­ne Par­tei den Aller­welts­deut­schen von der Last sei­ner his­to­ri­schen Schuld befreit, wäh­rend sich nament­lich bei AfD-Mit­glie­dern der auf ihnen las­ten­de Nazinach­kom­mens­druck in gele­gent­li­chen Tour­et­te-arti­gen Aus­brü­chen unkon­trol­lier­bar arti­ku­liert. Aber nein.

„Blut ist ein besond­rer Saft.”
(Mephis­to)

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Ein Bekann­ter schreibt mir: „Ich las gera­de mit Erstau­nen in der FAZ, daß der NDR die frü­he­re Mos­kau­kor­re­spon­den­tin des Deutsch­land­ra­di­os Gesi­ne Dorn­blüth ‚um eine jour­na­lis­ti­sche Exper­ti­se zu Huber­tus Sei­pel’ gebe­ten habe. Sie sei zu einem kla­ren Ergeb­nis gekom­men: ‚In sei­nen Fil­men und Inter­views’ habe Sei­pel ‚Posi­tio­nen Putins und der rus­si­schen Macht­eli­ten über­nom­men, ohne die­se kri­tisch zu hin­ter­fra­gen – und das, obwohl die Infor­ma­tio­nen für eine kri­ti­sche Ein­ord­nung vor der Ver­öf­fent­li­chung des jewei­li­gen Films ver­füg­bar waren’. ‚Beson­ders hei­kel’ sei­en die­se Fil­me dadurch gewor­den, ‚daß der Kreml sie aus­führ­lich zur Selbst­be­spie­ge­lung genutzt hat’. Sei­pel habe ’sich miß­brauchen oder ein­span­nen lassen’.

Frau Dorn­blüth erleb­te ich erst­mals in den 2000er Jah­ren, als sie einen Vor­trag an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät über Tsche­tsche­ni­en hielt. Zu mei­nem bas­sen Erstau­nen lob­te sie damals die Ent­wick­lung in Tsche­tsche­ni­en. Die­se sei ohne Kady­row nicht mög­lich gewe­sen. Infor­ma­tio­nen über des­sen Ver­bre­chen waren zuhauf ver­füg­bar. Ich fra­ge mich, was Herr Dok­tor Freud zu den Wor­ten Frau Dorn­blüths gesagt hät­te. Aber ich ver­mu­te, solch eine Cha­rak­te­ri­sie­rung ist eine beson­de­re Form kol­le­gia­ler Aner­ken­nung. Honi soit qui mal y pense.”

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Tweet des Tages, eins.

Tweet des Tages, zwei.

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Leser *** sen­det mir „eine Trou­vail­le von C. S. Lewis aus sei­nem Text ‚Screw­tape pro­po­ses a toast’ aus dem Jahr 1959. Wich­tig zur Inter­pre­ta­ti­on ist die Tat­sa­che, daß Lewis hier aus Sicht eines Teu­fels schreibt, also sei­ne lite­ra­ri­sche Figur die beschrie­be­ne desas­trö­se Ent­wick­lung gutheißt…

Die Hell­sich­tig­keit man­cher Autoren (Lewis sah im fol­gen­den Text sogar den heu­te gras­sie­ren­den Miß­brauch des Wor­tes ‚Trau­ma’ vor­aus!), deren Tex­te sich mit der Zeit immer mehr bewahr­hei­ten anstatt zu ver­al­ten, ist für mich immer wie­der eine trös­ten­de Bestä­ti­gung der Mög­lich­kei­ten mensch­li­chen Geistes.”
Und zwar jene:

„The basic prin­ci­ple of the new edu­ca­ti­on is to be that dun­ces and idlers must not be made to feel infe­ri­or to intel­li­gent and indus­trious pupils. That would be ‘unde­mo­cra­tic’. The­se dif­fe­ren­ces bet­ween the pupils – for they are obvious­ly and naked­ly indi­vi­du­al dif­fe­ren­ces – must be dis­gu­i­sed. This can be done on various levels. At uni­ver­si­ties, exami­na­ti­ons must be framed so that near­ly all the stu­dents get good marks. Ent­rance exami­na­ti­ons must be framed so that all, or near­ly all, citi­zens can go to uni­ver­si­ties, whe­ther they have any power (or wish) to pro­fit by hig­her edu­ca­ti­on or not. At schools, the child­ren who are too stu­pid or lazy to learn lan­guages and mathe­ma­tics and ele­men­ta­ry sci­ence can be set to doing the things that child­ren used to do in their spa­re time. Let them, for exam­p­le, make mud-pies and call it model­ling. But all the time the­re must be no fain­test hint that they are infe­ri­or to the child­ren who are at work. Wha­te­ver non­sen­se they are enga­ged in must have – I belie­ve the Eng­lish alre­a­dy use the phra­se – ‘pari­ty of esteem’. An even more dra­stic sche­me is not impos­si­ble. Child­ren who are fit to pro­ceed to a hig­her class may be arti­fi­ci­al­ly kept back, becau­se the others would get a trau­ma – Beel­ze­bub, what a useful word! – by being left behind. The bright pupil thus remains demo­cra­ti­cal­ly fet­te­red to his own age-group throug­hout his school care­er, and a boy who would be capa­ble of tack­ling Aeschylus or Dan­te sits lis­tening to his coaeval’s attempts to spell out ‚a cat sat on the mat’. In a word, we may reason­ab­ly hope for the vir­tu­al aboli­ti­on of edu­ca­ti­on when ‚I’m as good as you’ has ful­ly had its way. All incen­ti­ves to learn and all pen­al­ties for not lear­ning will vanish. The few who might want to learn will be pre­ven­ted; who are they to over­top their fel­lows? And any­way the tea­chers – or should I say, nur­ses? – will be far too busy reassu­ring the dun­ces and pat­ting them on the back to was­te any time on real teaching.”

„Das Grund­prin­zip der neu­en Bil­dung besteht dar­in, dass Dumm­köp­fe und Fau­len­zer nicht das Gefühl haben dür­fen, sie sei­en den intel­li­gen­ten und flei­ßi­gen Schü­lern unter­le­gen, denn das wäre ‚unde­mo­kra­tisch’. Die­se Unter­schie­de zwi­schen den Schü­lern – denn es han­delt sich um offen­sicht­li­che und nack­te indi­vi­du­el­le Unter­schie­de – müs­sen ver­schlei­ert wer­den. Dies kann auf ver­schie­de­nen Ebe­nen gesche­hen. An Uni­ver­si­tä­ten müs­sen Prü­fun­gen so gestal­tet sein, dass nahe­zu alle Stu­den­ten gute Noten bekom­men. Auf­nah­me­prü­fun­gen müs­sen so beschaf­fen sein, dass alle oder fast alle Bür­ger eine Uni­ver­si­tät besu­chen kön­nen, unab­hän­gig davon, ob es in ihrer Macht steht, von der Hoch­schul­bil­dung zu pro­fi­tie­ren oder nicht (und ob sie es über­haupt wol­len). In der Schu­le kön­nen die­je­ni­gen Kin­der, die zu dumm oder zu faul sind, um Spra­chen, Mathe­ma­tik und Grund­wis­sen­schaf­ten zu ler­nen, dazu gebracht wer­den, die Din­ge zu tun, die Kin­der frü­her in ihrer Frei­zeit gemacht haben, man las­se sie zum Bei­spiel Schlamm­ku­chen backen und nen­ne es ‚Model­lie­ren’. Aber es darf nie den gerings­ten Hin­weis dar­auf geben, dass sie den wirk­lich arbei­ten­den Kin­dern unter­le­gen sind. Wel­chen Unsinn sie auch immer machen, es muss – ich glau­be, die Eng­län­der ver­wen­den den Aus­druck bereits – eine ‚Pari­tät der Wert­schät­zung’ herr­schen. Ein noch dras­ti­sche­rer Plan ist nicht unmög­lich. Kin­der, die in der Lage sind, in eine höhe­re Klas­se zu wech­seln, könn­ten künst­lich mit der Begrün­dung zurück­ge­hal­ten wer­den, dass die ande­ren ein Trau­ma erlei­den wür­den – Beel­ze­bub, was für ein nütz­li­ches Wort! –, wenn man sie zurück­lie­ße. Der auf­ge­weck­te Schü­ler bleibt somit wäh­rend sei­ner gesam­ten Schul­lauf­bahn demo­kra­tisch an sei­ne eige­ne Alters­grup­pe gebun­den, und ein Jun­ge, der in der Lage wäre, es mit Aischy­los oder Dan­te auf­zu­neh­men, muss den Ver­su­chen sei­nes Alters­ge­nos­sen zuhö­ren, den Satz ‚eine Kat­ze saß auf der Mat­te’ zu buch­sta­bie­ren. Mit einem Wort: Wir kön­nen ver­nünf­ti­ger­wei­se auf die fak­ti­sche Abschaf­fung der Bil­dung hof­fen, wenn sich das Prin­zip ‚Ich bin so gut wie du’ durch­ge­setzt hat. Alle Anrei­ze zum Ler­nen und alle Stra­fen fürs Nicht­ler­nen wer­den ver­schwin­den. Die weni­gen, die viel­leicht ler­nen wol­len, wer­den dar­an gehin­dert; wer sind sie, dass sie ihre Mit­schü­ler über­trump­fen wol­len? Und außer­dem wer­den die Leh­rer – oder soll­te ich sagen: die Betreu­er? – viel zu sehr damit beschäf­tigt sein, die Dumm­köp­fe zu beru­hi­gen und ihnen auf die Schul­ter zu klop­fen, als dass sie Zeit mit ech­tem Unter­richt ver­schwen­den könnten.”

***

„An der Selb­st­ab­schaf­fung der Gat­tung dürf­te einen Phi­lo­so­phen am meis­ten ver­drie­ßen, daß damit nichts gewon­nen wäre.”
Jür­gen Große

 

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