1. Juli 2022

Kom­men­ta­re die­ses Zun­gen­schlags wer­den wir in den Wahr­heits- und Qua­li­täts­me­di­en des bes­ten Deutsch­lands ever in den nächs­ten Wochen und Mona­ten wohl öfter lesen.

Was wir nie­mals lesen wer­den, ist – unter exakt der­sel­ben Über­schrift –: „Kli­ma­schutz, Migra­ti­on, Grund­rech­te­ab­bau: Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt macht sich zum Werk­zeug woker glo­ba­lis­ti­scher Poli­tik. Hier spricht N.N. dar­über, ob Deutsch­lands Demo­kra­tie stand­hal­ten wird.”

***

Noch dazu:

Mit dem Recht auf Abtrei­bung steht und fällt der Wes­ten, wuss­ten Sie das nicht? Der Embryo muss ster­ben, damit die Demo­kra­tie leben kann! (Ver­zei­hen Sie mei­nen Sar­kas­mus; ich wer­de, obwohl ich kein Abtrei­bungs­geg­ner bin, mei­nes Ekels ange­sichts sol­cher mons­trö­sen Maß­lo­sig­keit anders nicht Herr.)

***

Wäh­rend aber in den USA mit der Eman­zi­pa­ti­on des Embry­os der demo­kra­tie­feind­li­che Kul­tur­bruch vor­an­ge­trie­ben wird, naht für deut­sche Nicht­ab­ge­trie­be­ne das Ret­ten­de auch!

Zu Risi­ken und Neben­wir­kun­gen fra­gen Sie die Poli­zei in Toron­to, die nach die­ser ver­miss­ten Lady sucht wie nach der sprich­wört­li­chen Nadel im Heuhaufen.

Weh­ret dem Kulturbruch!

M/w/d der Woke­ness, wer­de wach,
Und erken­ne dei­ne Macht:
Alle Kettenglieder:innen ste­hen still,
Wenn dein star­ker Arm es will!

***

Das meint der – anony­me – Leser:

„Hal­lo Herr K., ich bin mitt­ler­wei­le davon über­zeugt, dass Ihrer Sozia­li­sa­ti­on eine grund­stän­di­ge Gedan­ken­re­form zuguns­ten von Dik­ta­to­ren zugrun­de liegt, wel­che Sie nicht zu erken­nen im Stan­de sind.
Meis­ter Kewil auf PI-News defä­kiert seit Mona­ten bei­na­he täg­lich den Dreck der Put­le­ris­ten. Ich mei­ne ganz genau zu wis­sen, was Sie mit Ihren Andeu­tun­gen mei­nen. Da Sie vor­sätz­lich nicht expli­zit wer­den, wer­den Sie eben interpretiert!
Seit Put­lers mas­sen­mör­de­ri­scher Spe­zi­al­ope­ra­ti­on – müs­sen Sie bei ‚Spe­zi­al­ope­ra­ti­on’ eigent­lich nicht auto­ma­tisch an ‚Son­der­be­hand­lung’ den­ken? – ist Ihr Flo­rett etwas ros­tig gewor­den und Sie koket­tie­ren immer mal wie­der mit Ihrem Vod­ka-Atem – wohl um Signa­le an die Genos­sen zu senden.
Wis­sen Sie, in mei­nen Augen sind die in der Ukrai­ne kämp­fen­den Män­ner und Frau­en tat­säch­lich ech­te Hel­den, die offen­sicht­lich lie­ber im Kampf ster­ben, als auf Knien zu vege­tie­ren, wie man so sagt. Die machen sich die Hän­de wirk­lich sehr schmut­zig. Das ist nichts für Lack­af­fen. Gehen Sie mal vom sich selbst wahr­neh­men­den Indi­vi­du­um aus. Gehen Sie vom Todes­hass auf Ihre Tod­fein­de aus, falls Sie ver­ste­hen, was ich mei­ne. (Sind Sie mal von Fein­den zusam­men­ge­schla­gen wor­den? Oder ist Ihnen nur mal eine Palet­te auf den Fuß gefal­len …?) Von da könn­ten Sie auch auf die Lie­be zu Ihren Kin­dern oder zur Lie­be zu Ihrer Frau kom­men. Ein Wald­gän­ger sind Sie jeden­falls nicht. – Kommt Ihnen das gan­ze Nazi-Geschwur­bel Put­lers nicht selt­sam vor? Vor ein paar Tagen wur­de in den MSM bereits von Put­lers ‚Ent­na­zi­fi­zie­rung’ auf Putins Kampf gegen den ‚Faschis­mus’ geschwenkt. Man will sich das Hei­lig­tum ‚Nazi’ also nicht mit Put­ler teilen.
Dass Sie ver­wahr­lo­sen, weil Sie unter Ihres­glei­chen sind, kommt Ihnen wohl nicht in den C2H6O-Sinn?
‚Die Manie­ren sind eine Erfin­dung von Aris­to­kra­ten zur Eta­blie­rung höfi­scher Beneh­mens­stan­dards gewe­sen. Die Ent­ste­hung der bür­ger­li­chen Pri­vat­sphä­re war ihnen auf Dau­er nicht för­der­lich. Die Pri­vat­heit führ­te zur Unge­zwun­gen­heit, dann zur Nach­läs­sig­keit, schließ­lich zurück zur Vul­ga­ri­tät. Die meis­ten Men­schen ver­wahr­lo­sen, wenn sie mit sich oder ihres­glei­chen allein blei­ben, und ver­lie­ren jedes Gefühl für ein manier­li­ches Auf­tre­ten vor ande­ren. In jün­ge­rer Zeit erle­ben wir das tris­te Schau­spiel, wie die pri­va­te Ver­wahr­lo­sung den öffent­li­chen Raum erobert.’ (ein Zitat aus dem letz­ten Acta-Ein­trag – M. K.)
Ich schei­ße auf Aris­to­kra­ten. Und Aris­to­kra­ten schei­ßen sowie­so auf Typen wie Sie, auch wenn die sich in Trach­ten höhe­rer Krei­se prä­sen­tie­ren. Lesen Sie mal ‚Eta­blier­te und Außen­sei­ter’ von Nor­bert Elias.
Der Herr P.”
Der Absen­der nennt sich „Pri­va­tier”. Er klingt wie ein NATO-Pro­pa­gan­dist mit west­lin­ker Sozia­li­sa­ti­on, der irgend­wann doch ange­fan­gen hat, Ernst Jün­ger zu lesen. Für die west­lin­ke Sozia­li­sa­ti­on sprä­che nicht nur die Idee, ich äußer­te mich hier tak­tisch mit Blick auf irgend­wel­che Genos­sen, son­dern vor allem die bis an die Schwach­sinns­gren­ze bla­sier­te psy­cho­lo­gi­sie­ren­de Ein­gangs­be­mer­kung, ich sei aus Grün­den mei­ner Sozia­li­sa­ti­on ein Fan von Dik­ta­to­ren, aber eben die­ser Sozia­li­sa­ti­on wegen nicht imstan­de, das zu erken­nen. Wobei er ja wört­lich schreibt, mei­ner Sozia­li­sa­ti­on lie­ge „eine grund­stän­di­ge Gedan­ken­re­form zuguns­ten von Dik­ta­to­ren zugrun­de”, also zuerst die Gedan­ken­re­form, dann die Dik­ta­tur, und das mag im Hin­blick auf die DDR als Pro­dukt des Mar­xis­mus-Leni­nis­mus sogar zutreffen.
Ver­su­chen wir trotz­dem, ein biss­chen Sinn aus dem Gefuch­tel zu zie­hen. Zunächst ein­mal muss man im Rück­blick auf die Geis­tes­ge­schich­te fest­stel­len – ob nun mit Bedau­ern oder, was mich betrifft, mit einem Ach­sel­zu­cken –, dass vie­le bedeu­ten­de Köp­fe Anhän­ger von Dik­ta­to­ren waren; mil­dern wir den Begriff auf Auto­kra­ten ab, kann man sagen: fast alle. Ich unbe­deu­ten­der Kopf übri­gens retro­spek­tiv auch. Ich kann mich frei­lich nicht ent­sin­nen, jemals einen Dik­ta­tor gelobt, geprie­sen, gewür­digt, ja auch nur gou­tiert zu haben. Als ich ver­gleichs­wei­se (!) freund­li­che Wor­te über Putin fand, war er noch Autokrat.
Die The­se, dass Men­schen mit Dik­ta­tur­so­zia­li­sa­ti­on anfäl­lig für auto­ri­tä­re Struk­tu­ren und Argu­men­te sei­en und kei­nen Sinn für die Frei­heit besä­ßen, fin­de ich exakt so ein­leuch­tend wie ihr Gegen­teil. „Wie jeder, der einst Ket­ten trug,/ Hört über­all er – Ket­ten­klir­ren”, heißt es in der „Fröh­li­chen Wis­sen­schaft”; Nietz­sche über­schreibt den Vers mit „Der Unfreie” und gibt ihm damit eine Deu­tung, die nicht zwin­gend ist; gera­de der eins­ti­ge Unter­drück­te ver­mag ja die Frei­heit oft viel mehr zu schät­zen als der von Hau­se aus Freie. Mit ande­ren Wor­ten: Wer ein­mal Ket­ten trug, hört zwar ihr Klir­ren auf immer (und bleibt damit ein Leben lang von sei­ner eins­ti­gen Unfrei­heit geprägt), doch ob er auf die­se Tat­sa­che mit einem star­ken Frei­heits­wil­len reagiert oder als ein auf Gehor­sam dres­sier­ter Unter­tan wei­ter­lebt, liegt bei ihm.
Was mich betrifft, an den der Vor­wurf ja geht, glau­be ich ohne zu errö­ten sagen zu dür­fen, dass ich zu den freie­ren Köp­fen die­ses Lan­des gehö­re, wobei ich frei gar nicht mal im Sin­ne der „frei­en, sehr frei­en Geis­ter” des eben zitier­ten Kame­ra­den Nietz­sche mei­ne, son­dern ein­fach im Sin­ne der geis­ti­gen Unab­hän­gig­keit. Was ande­re den­ken und tun, inter­es­siert mich durch­aus, aber nicht im Sin­ne mei­ner Recht­lei­tung. Ich bin all­er­gisch, womög­lich sogar immun gegen Kol­lek­ti­vis­men wel­cher Art auch immer. Das ist mein nach­hal­len­des Kettenklirren.
Als mit einem Fai­ble fürs Dik­ta­to­ri­sche Grund­ge­präg­ter schrei­be ich erstaun­lich posi­tiv über Mei­nungs­frei­heit, Grund­rech­te und Gewal­ten­tei­lung, fin­den Sie nicht auch, „Herr P.”? Bei der soge­nann­ten Demo­kra­tie ver­hält es sich etwas anders, Demo­kra­tie ist ledig­lich ein Modus der Mehr­heits­fin­dung bzw. doch eher ‑her­stel­lung, ohne den Rechts­staat ist auch die Demo­kra­tie eine Räu­ber­höh­le. Russ­land ist ja pro for­ma eine, und die west­li­chen Demo­kra­tien sind gera­de dabei, ihren jewei­li­gen Demos zu ent­mün­di­gen und lang­fris­tig abzu­schaf­fen, um auf for­mell demo­kra­ti­sche Wei­se eine Art woke Welt­dik­ta­tur – sie wer­den es anders nen­nen – zu eta­blie­ren. Für alle west­li­chen Völ­ker bedeu­tet Demo­kra­tie der­zeit, dass man ihren Kin­dern und Kin­des­kin­dern die Hei­mat nimmt. Man nimmt ihnen die Tra­di­tio­nen und Natio­nal­kul­tu­ren, bis hin­ein in die täg­lich neu aus­zu­han­deln­de All­tags­kul­tur. Man nimmt ihnen ihre Spra­che. Man nimmt ihnen ihre Fami­li­en. Man nimmt ihnen sogar ihr Geschlecht.
Im bes­ten Deutsch­land aller Zei­ten, der aller­bes­ten Demo­kra­tie auf Erden, sind die öffent­lich bekann­ten Mit­glie­der der ein­zi­gen Oppo­si­ti­ons­par­tei Pari­as, denen man die Autos anzün­det, die Häu­ser beschmiert, die man mit media­lem Unflat bewirft, Hotel­zim­mer, Bank­kon­ten, Tagungs­or­te, Par­la­ments­pos­ten, die nor­ma­len bür­ger­li­chen Umgangs­for­men und den Wie­der­ein­stieg ins Berufs­le­ben ver­wei­gert. Im bes­ten Deutsch­land aller Zei­ten schafft man gera­de offi­zi­ell die Ener­gie­ver­sor­gung, den Ver­bren­nungs­mo­tor, also prak­tisch die Volks­wirt­schaft ab, sowie im Namen der Gesund­heit, des Kli­mas und der Hl. Diver­si­ty fol­gen­de Grund­rech­te (ein­ge­schränk­te Grund­rech­te sind bereits abge­schaff­te Grund­rech­te): das auf Mei­nungs­frei­heit, auf For­schungs­frei­heit, auf Ver­samm­lungs­frei­heit, auf kör­per­li­che Unver­sehrt­heit, auf die Unver­letz­lich­keit der Woh­nung, auf Eigen­tum und Wirtschaftsfreiheit.
Wozu schon wie­der die­ser dem Besu­cher des Klei­nen Eck­la­dens ja satt­sam bekann­te Ser­mon? Um dar­an zu erin­nern, dass die west­li­chen Demo­kra­tien im All­ge­mei­nen und die deut­sche im Beson­de­ren alles ande­re als Garan­ten von Einig­keit und Recht und Frei­heit sind. Was aber, wenn einer plötz­lich vor der Wahl steht zwi­schen einer sol­chen Demo­kra­tur und einer Auto­kra­tie, die einem alle wirt­schaft­li­chen und pri­va­ten Frei­hei­ten lässt (mit Aus­nah­me von Regie­rungs­kri­tik – aber Nan­cy Fae­ser arbei­tet dar­an), weder die Tra­di­ti­on, noch die Völ­ker und Natio­nen, noch das Chris­ten­tum, noch das Brauch­tum (der Ein­hei­mi­schen), noch die Fami­lie, noch die Geschlech­ter, noch die geschlech­te­run­ge­rech­te Spra­che schlei­fen will? Da kann der eine oder die ande­re schon wan­kel­mü­tig werden.
Das führt uns zum Kampf der Ukrai­ner, den ich an die­ser Stel­le übri­gens eben­falls als hel­den­haft bezeich­net habe, denn sie kämp­fen nicht für das kor­rup­te Regime einer ame­ri­ka­ni­schen Mario­net­te, son­dern für die Frei­heit ihres Vol­kes, selbst über sein Schick­sal zu bestimmen.
(Ber­li­ner Zei­tung von gestern.)
Dass man die Armen nach ihrem EU-Bei­tritt eben­falls der woken Gehirn­wä­sche unter­wer­fen will, wis­sen die meis­ten von ihnen noch nicht. Deut­sches Geld, sofern noch vor­han­den, soll sie ani­mie­ren, ihre Umer­zie­hung klag­los hin­zu­neh­men. Mei­ne Hoff­nun­gen rich­ten sich auf eine Alli­anz der Süd­ost- und Ost­eu­ro­pä­er mit den Bal­ten und der Ukrai­ne als Wider­stands­block gegen die west­li­chen Neo-Jakobiner.
Noch ein Wort zur Schluss­be­mer­kung des Schrei­bers. Mei­ne eigent­li­che Inten­ti­on war das Lob der Manie­ren, und fai­rer­wei­se habe ich ihre Schöp­fer mit­er­wähnt. Aber miss­ver­stan­den zu wer­den, muss man in Kauf neh­men, wenn man sich vor Publi­kum äußert. Die Aris­to­kra­ten sind aus­ge­stor­ben, inso­fern kön­nen sie nicht tun, was „Herr P.” in ple­be­ji­scher Derb­heit zum Aus­druck bringt (ein wei­te­rer Grund, ihn für links­so­zia­li­siert zu hal­ten). Ansons­ten: Ver­ges­sen Sie’s. Die Her­zo­gin von Guer­man­tes hät­te ange­regt mit mir geplaudert.
PS: Ich bin kein Wald­gän­ger, das ver­mu­ten Sie rich­tig. Ich bin eher Wiesngänger.

***

„Ihr Ein­trag von den sich für Indi­vi­du­en hal­ten­den Lem­min­gen erin­ner­te mich augen­blick­lich an eine kurio­se Deutsch­stun­de in der 13. Klas­se im Gym­na­si­um in ***”, nimmt ein ande­rer Leser Bezug auf mei­nen Ein­trag vom 27. Juni. „Fast zwei Jah­re lang hat­ten wir einen ‚pro­gres­si­ven’ Leh­rer, der uns aller­hand moder­ne Lum­pen­li­te­ra­tur lesen ließ, gegen die ich stän­dig auf­be­gehr­te. Je ent­zück­ter mei­ne Klas­sen­ka­me­ra­den waren von Erek­ti­ons­be­schrei­bun­gen und den selt­sam nied­ri­gen Abgrün­den mit­tel­mä­ßi­ger Pro- und Ant­ago­nis­ten, des­to mehr pie­sack­te ich sie damit, wie flach, wie stumpf, wie bil­lig das alles war, wie es nur eine Anein­an­der­rei­hung von ver­meint­li­chen Tabu­brü­chen, die kol­lek­tiv beklatscht wur­den, und Effekt­ha­sche­rei dar­stell­te und wie schon im nächs­ten Jahr­zehnt kein Mensch mehr die­se Tex­te ken­nen oder gar schät­zen würde.
Ich war natio­na­lis­ti­scher als sie alle, ich war kos­mo­po­li­ti­scher als sie alle, ich war reli­giö­ser als sie alle, ich hat­te trotz mei­ner Ver­wei­ge­rung die bes­te Deutsch­no­te von allen (der Leh­rer bewer­te­te mich danach, wie ich mei­ne Posi­ti­on ver­tei­dig­te, erließ mir sogar zum Teil die Lek­tü­re), und sie konn­ten mich nicht aus­ste­hen, was ich gut ver­ste­hen kann. Als es schließ­lich fast vor­bei war mit der Schu­le und der Leh­rer in die Run­de frag­te, was die Ele­ven denn ger­ne noch bespre­chen woll­ten, quoll schließ­lich alles aus ihnen her­aus: ihr Her­zens­wunsch war ein Inqui­si­ti­ons­pro­zess und ein Auto­da­fe, das schon seit Mona­ten auf sei­ne Ver­kün­di­gung harr­te. Inter­es­san­ter­wei­se ließ der Leh­rer das zu, gab ihnen völ­lig freie Hand und beob­ach­te­te sicht­lich belus­tigt vom Rand das wil­de Treiben.
Es begann mit der Ankla­ge, ich wäre nicht wie sie. Ich bekann­te mich schul­dig. Ein Schwall von emo­tio­nal vor­ge­tra­ge­nen Ein­zel­vor­wür­fen, in wel­cher Wei­se ich nun genau abwei­che, folg­te. Ich bekann­te mich schul­dig. Die Vor­wür­fe wur­den grup­piert und mit Kate­go­rie­na­men ver­se­hen. Ich stimm­te allem zu. Eine der Anklä­ge­rin­nen frag­te mich ent­nervt, war­um ich ein­se­he, dass ich anders wäre, und mich offen­sicht­lich doch nicht schlecht füh­le. ‚Nun, des­we­gen’, sag­te ich. Da brach alle Höl­le los, und sie ver­such­ten, wild durch­ein­an­der­ru­fend, mir zu erklä­ren, war­um ihr Sein mei­nem Sein über­le­gen wäre.
Und hier kom­men wir zu Ihrem Ein­trag, denn das wil­de Geru­fe bekam schnell eine Rich­tung: ‚Du bist so reli­gi­ös! Wir glau­ben nicht an so einen Blöd­sinn!’, ‚Du bist so natio­na­lis­tisch!’, ‚Du bist so Un-wohn­ort-lich!’, ‚Wir sind frei!’, ‚Du bist ein­ge­fah­ren und vor­ein­ge­nom­men!’, ‚Wir sind tole­rant!’, ‚Du hast Vor­ur­tei­le!’ und schließ­lich, end­lich kam die Haupt­an­kla­ge, in die vie­le mit­ein­stimm­ten: ‚Wir sind indi­vi­du­ell!! Du bist ange­passt und unselb­stän­dig, unmo­dern und gesteu­ert! Gib dei­ne abwei­chen­den Mei­nun­gen auf und wer­de auch ein Indi­vi­du­um, so wie wir!’ Ich muss­te laut los­la­chen (und der Leh­rer eben­so), es war ein­fach zu gro­tesk. Ich schei­ter­te letzt­end­lich bei dem Ver­such, ihnen die Komik nahe­zu­brin­gen, die von einer Meu­te gleich­ge­schal­te­ter Indi­vi­du­al­lis­ten aus­strahlt, aber sie waren durch das Lachen des Leh­rers genug ver­un­si­chert, dass sie den Angriff abbliesen.
Ach, hät­te es damals Han­dys mit ihren Mit­schnei­de­mög­lich­kei­ten gegeben.”

***

Ich habe vor ein paar Tagen hier eine Foto­mon­ta­ge ver­öf­fent­licht, die sug­ge­riert, dass die Öffent­lich-Recht­li­chen ihre Wet­ter­kar­ten im Lau­fe der Jah­re in einer dra­ma­ti­schen Rot­ver­schie­bung prä­sen­tier­ten, um die Kli­ma­ent­wick­lung zu dra­ma­ti­sie­ren. Meh­re­re Leser monier­ten, das stim­me nicht. Sie haben wohl recht.

Hier die Wet­ter­kar­te der Tages­schau vom 15. Juli 2010 (Link zur Sendung).

Ich kann mir kein abschlie­ßen­des Urteil erlau­ben, aber ein­mal mehr zeigt sich, dass man jedes Meme und jedes Pos­ting prü­fen muss, bevor man es veröffentlicht.

PS:

Wei­ter hier.

***

Die durch­aus rüh­ren­de Unter­stüt­zung, die Lan­ce Arm­strong sei­nem auf die schie­fe Bahn gera­te­nen ehe­ma­li­gen Kon­kur­ren­ten Jan Ull­rich seit eini­gen Mona­ten wid­met, erin­nert an das Ver­hält­nis von Boris Spas­ski zu Bob­by Fischer, nur dass es wei­land der Unter­le­ge­ne war, der dem eins­ti­gen Riva­len Jah­re spä­ter dabei hel­fen woll­te, sein Leben wie­der in den Griff zu bekom­men. Der­zeit läuft irgend­wo eine mehr­tei­li­ge TV-Doku über Ull­rich, ich las in den Medi­en, dass der Ame­ri­ka­ner dar­in über den Deut­schen sagt: „Er mach­te mir Angst, kein ande­rer. Die­ser Mann ließ mich früh auf­ste­hen. Er hat mein Leben ver­än­dert. Er hat­te mehr Talent.” Ein gro­ßer, Zeit und Raum fül­len­der Kon­kur­rent ist ein gran­dio­ses Geschenk und den wenigs­ten ver­gönnt, denn sie müs­sen ja selbst groß sein.

Nun wis­sen wir inzwi­schen, dass Arm­strong betro­gen hat. Ich habe nichts Grund­sätz­li­ches gegen Doping, ich fin­de dopen­de Sport­ler zumin­dest vor­bild­li­cher als Dro­gen ein­wer­fen­de Büh­nen­schramm­ler, es haben damals ja sowie­so alle gedopt, und was waren das für pracht­vol­le Ren­nen mit stun­den­lang getre­te­nen Watt­zah­len an den Gren­zen der Vor­stell­bar­keit! Doch im Film erklärt Ull­richs dama­li­ger Betreu­er Rudy Peve­na­ge, frü­her selbst ein erfolg­rei­cher Rad­pro­fi, er sei sich sicher, dass Arm­strong ande­re Waf­fen beses­sen habe als sei­ne Geg­ner. „Wir haben nicht über­trie­ben, alles war medi­zi­nisch unter Kon­trol­le, und dann wird er so weg­ge­bla­sen von Arm­strong. Dann sind es nicht die glei­chen Waffen.”

Ich habe die­se Duel­le sei­ner­zeit ver­folgt und unter der Domi­nanz des Amis gelit­ten, als hät­te er mich selbst zuschan­den gefah­ren. Wahr­schein­lich hat er nicht nur pro­fes­sio­nel­ler und här­ter trai­niert als Ull­rich, son­dern auch pro­fes­sio­nel­ler und här­ter gedopt. Sei­ne über­mensch­li­chen Leis­tun­gen und sei­ne beein­dru­cken­de Sie­ger­men­ta­li­tät hat Arm­strong bekann­lich als eine direk­te Fol­ge sei­ner Krebs­er­kran­kung beschrie­ben, und das wird schon stim­men. Er führ­te sein über­stan­de­nes Krebs­lei­den auch als Argu­ment gegen die Doping­ver­däch­ti­gun­gen an, unter denen er jah­re­lang stand, indem er sag­te: „Wer glaubt, dass ich vier Zyklen Che­mo­the­ra­pie ertra­gen habe, nur um dann mein Leben durch die Ein­nah­me von Epo aufs Spiel zu set­zen, muss ver­rückt sein.”

Ich kauf­te ihm das damals ab. Ich hat­te nicht ver­stan­den, dass der Satz in Wahr­heit hei­ßen muss: Was ist die­ses Epo schon im Ver­gleich zur Che­mo? Ich war dem Tod so nahe, ich habe so gelit­ten, dass Doping dane­ben nur ein Klacks ist.

PS: Leser *** weist mich auf ein Inter­view hin, wel­ches die DDR-Sprin­te­rin Rena­te Ste­cher – ihre Auf­trit­te fal­len bereits in die Zeit der gro­ßen Opti­mie­rung mit uner­laub­ten Sub­stan­zen – der Welt gab.

Über das Duell Ull­rich gegen Arm­strong wer­den noch Men­schen reden, wenn sämt­li­che natur­be­las­se­nen Sport­ler zu Staub zer­fal­len sind.

 

Vorheriger Beitrag

29. Juni 2022

Nächster Beitrag

Klonovsky live: Acta diurna - Folge 2

Ebenfalls lesenswert

30. März 2022

Jede Beschäf­ti­gung mit sich selbst führt unwei­ger­lich in eine Tris­tesse, die nur zu lin­dern ist durch den Ver­gleich…