11. April 2023

Neu­es Wort im ZDF („Ter­ra X”) gelernt: die Urein­woh­nen­den.
Was aber, wenn die Urein­woh­nen­den nicht mehr unter den Leben­den weilen?

PS: „Aber das kön­nen Sie doch selbst durch­de­kli­nie­ren (oder ‑kon­ju­gie­ren?): Urein­woh­nen­de, die nicht mehr unter den Leben­den wei­len, sind Ureinwohnendgewesene.”
(Leser ***)

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Jemand sag­te: Ich bin ein tole­ran­ter – im Sin­ne der Gleich­gül­tig­keit – und libe­ra­ler Mensch – im Sin­ne der Libe­ra­li­tät, nicht des Libe­ra­lis­mus –; von mir aus kön­nen die Leu­te leben, wie sie wol­len, und auch für die absur­des­te Par­tei stim­men, ohne dass ich vor ihnen davon­lau­fe. Nur bei Men­schen, die NPD oder Grü­ne wäh­len, hört der kom­mu­ni­ka­ti­ve Spaß bei mir auf.

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Frau­en ver­schlei­ern? Ande­re Kul­tu­ren, ande­re Sit­ten. Min­der­jäh­rig­e­ne­hen und Ehren­mor­de? Nun ja. Stei­ni­gun­gen? Wenn es denn unbe­dingt sein muss. Aber das Weinverbot…

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Das soli­des­te Mit­tel gegen Ras­sis­mus ist – Ricar­da, halt dich fest! – die Libido.

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„In Ame­ri­ka, wo die Zivil­ge­sell­schaft dem Staat vor­aus­ging, wur­de auch das Lyn­chen erfun­den”, bemerkt Pas­cal Bruck­ner süf­fi­sant in sei­nem lesens­wer­ten Buch „Ein nahe­zu per­fek­ter Täter. Die Kon­struk­ti­on des wei­ßen Süd­enbocks”. Dar­in fin­det sich auch der fol­gen­de Passus:

„Ende des letz­ten Jahr­hun­derts haben wir vie­le neue Frei­hei­ten gewon­nen. Das soll­te ein Grund zur Freu­de sein. Vie­le Akti­vis­ten sehen in die­sen neu­en Frei­hei­ten jedoch nur das gro­ße Hin­der­nis für die Frei­heit an sich. Aus die­sem Grund wer­den die erreich­ten Fort­schrit­te vehe­ment ver­leug­net. Es wird so getan, als befin­den wir uns noch im 19. Jahr­hun­dert, als müss­te man Armee­ba­tail­lo­ne gegen die Tyran­nei des Anci­en Régime anfüh­ren. Es ist eine Logik des Alles oder Nichts: Ent­we­der Frei­heit und Gleich­heit herr­schen abso­lut oder gar nicht; noch das gerings­te Pri­vi­leg einer Grup­pe wird als Mons­tro­si­tät emp­fun­den. Frei­heit geht Hand in Hand mit Ver­ant­wor­tung und besteht auch dar­in, per­sön­li­che Feh­ler nicht ande­ren zuzu­schrei­ben. Frei­heit for­dert, dass wir die aktu­ell gras­sie­ren­de Kul­tur der Abbit­te über­win­den. Je mehr neue Rech­te Ein­zel­per­so­nen oder Grup­pen erhal­ten, des­to mehr neue Fein­de erfin­den sie und des­to vehe­men­ter pran­gern sie die ver­meint­li­che Herr­schaft an. Hier­in besteht das Unglück einer uner­sätt­li­chen Frei­heit, die sich kei­nen Moment der Ruhe gestat­ten kann. Die­se ver­zwei­fel­te Suche wird zum Fluch, wenn es ihr nicht gelingt, zu einer neu­en Lebens­kunst zu füh­ren. Die neue­re Geschich­te der west­li­chen Kul­tur ist nichts ande­res als die gleich­zei­ti­ge Anhäu­fung von Tabus und Frei­hei­ten: Man öff­net eine Tür, wäh­rend man eine ande­re ver­schließt. Die­ses gegen­sei­ti­ge Blo­ckie­ren der Eman­zi­pa­tio­nen macht schwin­de­lig und bestärkt den Wunsch nach einer Eman­zi­pa­ti­on von der Eman­zi­pa­ti­on. Es droht uns ein unheil­vol­les Gespenst der end­lo­sen Befrei­ung, das die Ver­bo­te ver­viel­facht. Die von uns erwor­be­nen Rech­te rich­ten sich gegen uns wie Ohrfeigen.”

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Der Süd­deut­sche Beob­ach­ter lädt zur Märchenstunde.

Allein in die­sen sechs Zei­len ste­hen so vie­le Falsch­aus­sa­gen, dass man sich den von der Bezahl­schran­ke ein­ge­heg­ten Rest schen­ken kann. Weder ist die Skla­ve­rei eine „Erfin­dung der Neu­zeit” gewe­sen, son­dern sie war eine Kon­stan­te der Welt­ge­schich­te seit den ers­ten Rei­chen und Hoch­kul­tu­ren, noch leb­ten im Euro­pa der Neu­zeit in nen­nens­wer­ter Zahl afri­ka­ni­sche Skla­ven, und folg­lich gab es in Euro­pa kei­ne von ihnen bewirt­schaf­te­ten Plan­ta­gen (in Über­see schon). Euro­pas Auf­stieg zur Welt­macht hat­te mit Afri­ka nahe­zu nichts zu tun – gäbe es kei­nen afri­ka­ni­schen Kon­ti­nent, wäre die euro­päi­sche Geschich­te kaum anders ver­lau­fen (die „Out-of-Africa”-Theorie in die­sem Zusam­men­hang ein­mal unbe­rück­sich­tigt gelas­sen) –, son­dern mit den wirk­lich „wich­ti­gen Erfin­dun­gen” der euro­päi­schen Neu­zeit wie Buch­druck, Mikro­skop, Fern­rohr, Spreng­stoff, Artil­le­rie, Dampf­kraft, schließ­lich Elek­tri­zi­tät und Indus­trie. Weder Plan­ta­gen noch Skla­ven waren dazu nötig, es gab genug wei­ße Lohn­ar­bei­ter, wobei natür­lich erwähnt wer­den soll­te, dass bis weit ins 18. Jahr­hun­dert auch zahl­lo­se Euro­pä­er von Mus­li­men ver­sklavt wur­den, zuletzt von Pira­ten aus den Bar­bar­esken­staa­ten, ohne deren wüs­tes Wal­ten weder der Kolo­nia­lis­mus ent­stan­den noch die Skla­ve­rei in Afri­ka von den Wei­ßen abge­schafft wor­den wäre.

Inwie­weit wie­der­um die mit schwar­zen Skla­ven betrie­be­ne Plan­ta­gen­wirt­schaft in den USA dazu bei­trug, dass Ame­ri­ka zur Super­macht auf­stieg und Euro­pa schließ­lich in die­ser Rol­le beerb­te, mögen Wirt­schafts­his­to­ri­ker berech­nen; beson­ders groß kann der Bei­trag frei­lich nicht gewe­sen sein, denn die agra­ri­schen Süd­staa­ten, wo die meis­ten Skla­ven arbei­te­ten, waren dem indus­tria­li­sier­ten Nor­den öko­no­misch recht deut­lich unterlegen.

Zwei Fra­gen am Ran­de: Ver­dankt auch die isla­mi­sche Welt, in die noch mehr schwar­ze Skla­ven ver­schleppt wur­den als nach Ame­ri­ka, ihren Auf­stieg – und dann wohl auch den Abstieg – Afri­ka? Und gesetzt den Fall, Afri­ka habe Euro­pa groß gemacht, viel­leicht steigt es ja mal selbst auf?

Übri­gens: In Togo liegt die Baum­wol­le heu­te auf Platz zwei der wich­tigs­ten Export­gü­ter, und die Plan­ta­gen dafür haben wei­land die deut­schen Kolo­nis­ten ange­legt. Die Skla­ve­rei aber haben sie bemer­kens­wer­ter­wei­se been­det. Über­all, wohin die Deut­schen ihre Stie­fel setz­ten, schaff­ten sie die Skla­ve­rei ab (die in Schwarz­afri­ka seit unvor­denk­li­chen Zei­ten prak­ti­ziert wur­de). In Deutsch-Kame­run etwa ende­te die Skla­ve­rei offi­zi­ell anno 1895, bis 1900 war sie völ­lig ver­schwun­den. Die Zahl der Skla­ven in Ost­afri­ka unter deut­scher Herr­schaft fiel von ca. einer Mil­li­on anno 1890 auf ca. 200.000 im Jahr 1914; in den 1920er Jah­ren war sie pas­sé. Die viel­leicht bün­digs­te Zusam­men­fas­sung des­sen, was der deut­sche Kolo­nia­lis­mus war, lie­fer­te der nie­der­säch­si­sche Medi­zi­ner und Ent­de­cker Lud­wig Wolf – er starb 1889 in West­afri­ka an Mala­ria –, indem er den König von Daho­mé über­zeug­te, sei­ne Skla­ven nicht bei den all­jähr­li­chen Opfer­ri­ten umzu­brin­gen, son­dern in der Land­wirt­schaft einzusetzen.

Wie ver­hält es sich aber mit der Behaup­tung, die wei­ßen hät­ten die Kolo­nien „aus­ge­plün­dert”? Keh­ren wir vor der eige­nen Tür. Das Han­dels­vo­lu­men aller deut­schen Kolo­nien über­stieg nie mehr als 0,5 Pro­zent des gesam­ten Han­dels des Deut­schen Rei­ches, der Kolo­nia­lis­mus war für das Kai­ser­reich eher ein Ver­lust­ge­schäft. Sym­pto­ma­tisch ist Bis­marcks Stoß­seuf­zer: „Ich will nichts von neu­en Land­ge­win­nen hören, ich will wirt­schaft­li­che Erfol­ge in Ost­afri­ka sehen.”

Der zum Inter­view gebe­te­ne Herr French, der nicht nur Jour­na­list, son­dern auch Foto­graf, nein: Pho­to­graph und Pro­fes­sor an einer Jour­na­lis­ten­schu­le ist, hat natür­lich ein Buch ver­öf­fent­licht, in dem er sei­ne The­sen aus­brei­tet; es trägt den Titel „Born in Black­ness: Afri­ca, Afri­cans, and the Making of the Modern World, 1471 to the Second World War”, die deut­sche Über­set­zung heißt: „Afri­ka und die Ent­ste­hung der moder­nen Welt. Eine Glo­bal­ge­schich­te”. Eine „eben­so schmerz­haf­te wie not­wen­di­ge Lek­tü­re, die demü­tig wer­den lässt”, hat der Rezen­sent der New York Times Book Review durch­lit­ten, und Demü­ti­gung könn­te wohl der Zweck des Wer­kes sein. Auch in die­sem Buch kom­men die mus­li­mi­schen Ver­skla­ver nicht vor, weil die sich par­tout nicht demü­ti­gen las­sen wol­len und bei ihnen ent­schä­di­gungs­fi­nan­zi­ell nichts zu holen ist; die sind noch nicht so weit.

Mit Fug darf mir jede­frau vor­wer­fen, dass es unse­ri­ös sei, über ein Buch zu schrei­ben, das ich nicht gele­sen habe, und sogar das Inter­view zum Buch aus Bezahl­schran­ken­grün­den nicht zu lesen, obwohl ich gera­de in Form einer „Zelt­in­ger Son­nen­uhr” Ries­ling Spät­le­se von Mar­kus Molitor das Äqui­va­lent eines gan­zen Monats­abos des Süd­deut­schen Beob­ach­ters weg­zi­sche. Eben.

Bei den eng­lisch­spra­chi­gen Ama­zon-Rezen­sio­nen fällt auf, dass sie samt und son­ders sub­stanz­los und fak­ten­frei sind und nach ama­zon-Stu­den­ten‑, nein: Stu­die­ren­den­re­zen­sio­nen (Geis­tes­wis­sen­schaf­ten) klin­gen. Zwei Beispiele:

„Ein außer­ge­wöhn­li­ches und gut geschrie­be­nes und recher­chier­tes Buch, das die Art und Wei­se, wie Geschich­te von Wei­ßen gelehrt und erzählt wur­de, in Fra­ge stellt. Der Autor gräbt tief in die his­to­ri­schen Auf­zeich­nun­gen, um drei über­zeu­gen­de, lang anhal­ten­de und schäd­li­che Mythen — die Ära der euro­päi­schen Ent­de­cker, die indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on und den ame­ri­ka­ni­schen Exzep­tio­na­lis­mus — zu dekon­stru­ie­ren und sie dann ange­mes­sen rund um die Skla­ve­rei neu zusam­men­zu­stel­len. In die­ser genaue­ren Nach­er­zäh­lung wur­de die Neu­zeit von Gier getrie­ben, die auf Grau­sam­keit auf­bau­te und durch die Mühe und das Trau­ma ver­sklav­ter Afri­ka­ner ein­ge­lei­tet wur­de (mit einem klei­nen Völ­ker­mord als Zugabe).”

Die Gier, die Grau­sam­keit, der Skla­ven­han­del und die Skla­ve­rei sind his­to­ri­sche Tat­sa­chen, aber sie waren nicht die Ursa­che der indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on. Über den „Völ­ker­mord” kann man übri­gens ver­schie­de­ner Ansicht sein (bit­te auf der ver­link­ten Sei­te ein biss­chen scrol­len, bis erst­mals der Name „von Tro­tha” auf­taucht). Die deut­schen Kolo­ni­al­her­ren haben aller­dings nicht nur bei der Nie­der­schla­gung des Here­ro-Auf­stan­des den Tod Tau­sen­der Here­ro bewirkt – das Wort bewirkt ist mit Bedacht gewählt (sie­he den ver­link­ten Text) –, son­dern auch Ost­afri­ka von der Schlaf­krank­heit erlöst, mit­hin also deut­lich mehr Leben geret­tet als genom­men. Fried­rich Karl Klei­ne, Fort­set­zer der For­schun­gen von Robert Koch und Mit­ar­bei­ter von Paul Ehr­lich, ent­wi­ckel­te 1916 den Wirk­stoff „Bay­er 205“, spä­ter „Ger­ma­nin“ genannt, mit dem die­se medi­zi­ni­sche Groß­tat voll­bracht wur­de. Typi­scher­wei­se exis­tiert nicht ein­mal ein Wiki­pe­dia-Arti­kel dar­über (ich prä­zi­sie­re: kein Arti­kel, der sich die­ser wahr­schein­lich hun­dert­tau­send­fa­chen Lebens­ret­tung wid­met, nur ein recht dür­rer Text über den Wirk­stoff).

Die zwei­te Rezen­si­on lau­tet: „Ich habe mich immer gefragt, ob Afri­ka Teil der west­li­chen Zivi­li­sa­ti­on ist, da es sel­ten erwähnt wird, wenn die Geschich­te erzählt wird. Der Autor von ‚Born in Black­ness‘ beant­wor­tet die­se Fra­ge defi­ni­tiv mit sei­ner beein­dru­ckend doku­men­tier­ten, klar erklär­ten Erzäh­lung der wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen afri­ka­ni­scher Res­sour­cen (Gold) und afri­ka­ni­scher Arbeits­kräf­te (Skla­ven) auf die Ent­wick­lung West­eu­ro­pas, Afri­kas und Ame­ri­kas. Wenn Howard French dem Geld folgt, sehen wir, wie die moder­ne west­li­che Zivi­li­sa­ti­on als Ergeb­nis unein­ge­stan­de­ner Aus­beu­tung und Gewalt Gestalt annimmt. Es ist kei­ne ‚Wohl­fühl­ge­schich­te’, aber die meis­ten wah­ren Geschich­ten über gro­ße mensch­li­che Leis­tun­gen sind es nicht. Als Afro­ame­ri­ka­ner erfuhr ich, dass der Erfolg unse­rer moder­nen Welt ohne die von mei­nen Vor­fah­ren geleis­te­te Arbeit nicht mög­lich gewe­sen wäre; dass Schwar­ze kei­nes­wegs belang­los, son­dern ent­schei­dend dafür waren, dass das kapi­ta­lis­ti­sche Wirt­schafts­sys­tem zu dem Finanz­mo­tor wur­de, der es heu­te sowohl in Euro­pa als auch in Ame­ri­ka ist.”

Schwar­ze waren ent­schei­dend für das kapi­ta­lis­ti­sche Wirt­schafts­sys­tem (und kein auf Schuld­re­fle­xe dres­sier­ter Wei­ßer lacht über die­sen Non­sens): Das sind erwünsch­te Illu­sio­nen, aus denen wohl ein neu­er Mythos designt wer­den soll, um eine Gleich­heit aller Men­schen zu kon­stru­ie­ren, die vor Gott und dem Gesetz besteht, aber sonst eben eine Illu­si­on ist. Nichts, was auf Unwahr­hei­ten fußt, kann Bestand haben. Geschich­te ist nun mal gesche­hen, die Ungleich­heit bzw. Ungleich­zei­tig­keit der Ent­wick­lung auf den ver­schie­de­nen Kon­ti­nen­ten ist eine Tat­sa­che, die sich nicht dadurch aus der Welt schaf­fen lässt, dass man sie leug­net oder die Ent­wi­ckel­te­ren zu Nach­kom­men von Schur­ken erklärt. Es sind ja auch kaum Afri­ka­ner, die das tun, son­dern wei­ße west­li­che Lin­ke; die Afri­ka­ner haben dem Schau­spiel des west­li­chen Fla­gel­lan­ten­tums in his­to­ri­cis lan­ge ungläu­big zuge­se­hen, und nun ergrei­fen sie halt die Gele­gen­heit, davon zu pro­fi­tie­ren, die einen mit Ent­schä­di­gungs­for­de­run­gen, die ande­ren, ein paar Intel­lek­tu­el­le, dadurch, dass sie in den ver­hass­ten Wes­ten aus­wan­dern und dort das Geschäft der Ankla­ge betrei­ben. Aber ohne die west­li­chen Lin­ken, die sich ein Ersatz­pro­le­ta­ri­at geschaf­fen haben, um ihren Neid­hass gegen den Kapi­ta­lis­mus und die west­li­che Kul­tur aus­zu­le­ben, wür­de das nicht funk­tio­nie­ren. Die­se Figu­ren beherr­schen mitt­ler­wei­le das west­li­che Bil­dungs­we­sen, sie haben die Uni­ver­si­tä­ten in Gesin­nungs­ir­ren­an­stal­ten ver­wan­delt, in denen weder his­to­ri­sche Tat­sa­chen noch öko­no­mi­sche Fak­ten von Belang sind und inzwi­schen auch die Natur­ge­set­ze nicht mehr gel­ten, weil Wei­ße sie ent­deckt und miss­braucht haben.

Des­halb mer­ke: Die tür­ki­schen Gast­ar­bei­ter haben nach dem Krieg Deutsch­land wie­der auf­ge­baut, die indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on in Euro­pa hät­te ohne afri­ka­ni­sche Skla­ven und afri­ka­ni­sches Gold nie­mals statt­ge­fun­den, der Reich­tum Euro­pas beruht auf ame­ri­ka­ni­schen Skla­ven­plan­ta­gen. Und mein Groß­va­ter hat übri­gens „À la recher­che du temps per­du” erfun­den (auf­ge­schrie­ben und sich ange­eig­net hat’s dann der Proust).

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Nach dem neu­en, von Anti­ras­sis­ten ver­fass­ten Kate­chis­mus wur­de ich bereits als Ras­sist geboren.

Und kei­nes­wegs nur ich.

(Ich habe die­se genia­le Sot­ti­se Bernd Zel­lers hier schon ein­mal ver­öf­fent­licht, und heu­te wird es nicht das letz­te Mal gewe­sen sein.)

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Der neue schot­ti­sche First Minis­ter Hum­za You­saf beklag­te in einer Rede (vor sei­ner Wahl), dass in Schott­land sämt­li­che wich­ti­gen Stel­len von Wei­ßen besetzt sei­en (anders als in Schwarz­afri­ka und im Ori­ent, wo die wich­tigs­ten Stel­len aus Grün­den von Tole­ranz bzw. Viel­falt von Schwar­zen und Ori­en­ta­len gehal­ten wer­den). Die­ser Vor­wurf, denn um einen sol­chen han­delt es sich wohl, gilt im Wes­ten zwar als tren­dy und zeit­geist­ge­deckt, aber zugleich ist er latent ras­sis­tisch und vor allem irrele­vant. Vor­wurfs­ge­rech­te Sub­stanz gewän­ne die Aus­sa­ge erst, wenn sie lau­te­te: Dort sit­zen Inkom­pe­ten­te, Kor­rup­te und Trottel.

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Apro­pos. Zwei Netz­fun­de zur Diver­si­ty:

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Der­weil in Chi­na die neu ans Netz gehen­den Koh­le­kraft­wer­ke die umfal­len­den Reis­sä­cke ersetzt haben, grei­fen in Deutsch­land zum drit­ten Mal die Sozia­lis­ten nach der Macht. Sie tun dies stets im Namen des Guten und zu Ihrem bzw. ihrem Bes­ten. Immer­hin ändern sie die Maskerade.

Die­se wehr­haf­te Kli­ma­de­mo­kra­tie wird, wie es scheint, eine wahr­haf­te Exper­to­kra­tie sein.

Kli­ma und Demo­kra­tie kön­ne man nur gemein­sam schüt­zen, sta­tu­iert der mit dem Repor­ter­preis aus­ge­zeich­ne­te t‑online-Essay­ist, der in sei­nem Text aus Grün­den der Sach­lich­keit immer nur von „Erd­er­hit­zung” spricht. Wäh­rend Auto­kra­tien die­se Erhit­zung ver­gleichs­wei­se locker weg­ste­cken, sind libe­ra­le Gesell­schaf­ten in hohem Maße gefähr­det – des­we­gen gibt es in Zen­tral­afri­ka auch kei­ne libe­ra­len Gesell­schaf­ten (q.e.d.). Nur eine auto­kra­tisch ver­stan­de­ne libe­ra­le Gesell­schaft, in der das Aus­spre­chen des Wor­tes „Öko­dik­ta­tur” mit dem sozia­len Tod des Unein­sich­ti­gen geahn­det wird – Frei­heit ist Ein­sicht in die Not­wen­dig­keit –, ver­heißt Rettung.

Wie es zuge­hen könn­te in der „wehr­haf­ten Kli­ma­de­mo­kra­tie”, schil­dert eine wei­te­re Kan­di­da­tin für das künf­ti­ge Polit­bü­ro der Kli­ma-Exper­to­kra­tie, die im ruhm­rei­chen Spar­ta­kis­ten­blatt taz den Kapi­ta­lis­mus bekämpt – ihr aktu­el­les Buch heißt „Das Ende des Kapi­ta­lis­mus” –, Phi­lo­so­phie und Geschich­te stu­diert hat und eben­falls Absol­ven­tin der Hen­ri-Nan­nen-Schu­le war. (Wenn das der alte Nan­nen wüsste!)

Und zwar im Kun­den­ma­ga­zin Schrot&Korn, das über Bio­lä­den und Bio­super­märk­te ver­teilt und vom Bio Ver­lag Aschaf­fen­burg her­aus­ge­ge­ben wird. Nach Ver­lags­an­ga­ben ist es die „auf­la­gen­stärks­te Zeit­schrift im Bio­be­reich“ in Deutsch­land. Leser *** sand­te mir freund­li­cher­wei­se eini­ge Aus­zü­ge, die mir bei mei­nen faschis­to­iden Ein­kaufs­ge­wohn­hei­ten sonst ent­gan­gen wären:

Den Ukrai­ne­krieg könn­ten wir einst­wei­len offen­bar noch unterstützen.

Die Pro­fi­teu­re der sub­ven­tio­nier­ten Wind­kraft bräch­ten auch für­der­hin ihr Scherf­lein ins ohne­hin immer Trockenere.

Auf Ver­zichts-Sel­fies müss­te eben­falls nie­mand ver­zich­ten; nur auf Fleisch, Autos, Flug­rei­sen und sol­ches Gedöns.

Wenn ich das so lese, bestärkt es mich in mei­ner Ein­stel­lung, dass die Erd­er­wär­mung das klei­ne­re Übel wäre.

Od’r?

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Täu­sche ich mich, oder haben gera­de die­je­ni­gen, die am lau­tes­ten for­dern, die Men­schen mögen sich auf „Dis­rup­tio­nen” in ihrem Leben gefasst machen, den meis­ten Bam­mel vor dem Klimawandel?

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Bei all dem Erd­er­hit­zungs­stress habe ich zuletzt die pan­de­mi­sche Pro­ble­ma­tik etwas vernachlässigt.

Zu bedeu­ten hat das alles nichts.

Medi­en­ex­per­ten beru­hi­gen in sol­chen Fäl­len, die angeb­li­che Gleich­schal­tung sei gar kei­ne, der Text stam­me ledig­lich von ein und der­sel­ben Nach­rich­ten­agen­tur, von der alle die­se Zei­tun­gen eben Tex­te bezö­gen. Aber das ist ja das Pro­blem: Mit der zen­tra­len Nach­rich­ten­agen­tur der DDR – ADN hieß sie – sah das Ergeb­nis genau so aus.

PS: Lese­rin *** „möch­te nicht uner­wähnt las­sen, dass der wie­der auf­er­stan­de­ne ‚Jesus’ der Quer­den­ker, Micha­el Ball­weg, nun gedenkt, sei­ne Finan­zen jetzt mit Hil­fe der ‚letz­ten Gene­ra­ti­on’ auf­zu­bes­sern, nach­dem sei­ne Quer­den­ker-Geld­quel­le aus Aktua­li­täts­grün­den nicht mehr zur Ver­fü­gung steht. Lei­der fällt fast kei­nem sei­ner Apos­tel auf, dass der bemer­kens­wert ver­söhn­li­che Ein­druck, den er nach sei­ner Ent­las­sung mach­te, im Wider­spruch zu sei­ner finan­zi­el­len Unschuld steht.

Ein unschul­di­ger, zu Unrecht fest­ge­nom­me­ner ‚Gerech­tig­keits- und Frei­heits­mensch’ spa­ziert nicht mit einem fried­se­li­gen Gesichts­aus­druck aus dem Gefäng­nis, in dem man ihm gera­de neun Mona­te sei­nes Lebens gestoh­len hat. Das ist psy­cho­lo­gisch gese­hen ein äußerst ver­däch­ti­ges Beneh­men. (Er hat über eine Mil­li­on Euro an Spen­den­gel­dern ein­ge­nom­men und kei­ner­lei Buch­füh­rung über die Aus­ga­ben ange­strebt. Sei­ne Fir­ma soll schon lan­ge in finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten ste­cken.) Oppo­si­tio­nel­le Strö­mun­gen sind offen­sicht­lich sein Geschäfts­mo­dell. Nun wanzt er sich eben an die nächs­te Bewe­gung heran.
Passt sogar zu ihm wie ich fin­de. Er sieht bei genaue­rer Betrach­tung auch aus wie ein seich­ter, unge­pfleg­ter Grüner.”
Ist da womög­lich jemand im Knast umge­dreht worden?

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„Ein The­ma”, schreibt Leser ***, „treibt mich als Sozio­lo­ge und Ost­ler, der 89 mit demons­triert hat, zuneh­mend um, weil es eine fun­da­men­ta­le Geschichts­fäl­schung zuguns­ten des selbst­ge­rech­ten Wes­tens ist (Wes­ten hier = BRD, West­eu­ro­pa, ‚Wer­te­wes­ten’). Zum The­ma DDR und Russ­land etc. gibt es einen wich­ti­gen Punkt: All die­ser Dreck von Sozia­lis­mus und Kom­mu­nis­mus ist im Wes­ten ent­stan­den! Die­se West-Ideen haben 100 Mil­lio­nen Men­schen das Leben gekos­tet, und die meis­ten davon nicht im Westen.

Marx ist aus Trier, Wes­ten, NRW (nein, Rhein­land-Pfalz – Leser ***)! Engels ist aus Wup­per­tal, Wes­ten, NRW! Der Begriff Kom­mu­nis­mus hat mit der ‚Pari­ser Kom­mu­ne’ zu tun, und die ist nur aus dem zuvo­ri­gen links­extre­mis­ti­schen Jakobiner*Innen-Blutbad namens ‚Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on(Wes­ten!) und der Het­ze der West­ler Marx & Co. mit ihrem ‚Kom­mu­nis­ti­schen Mani­fest’ (in Lon­don ist das Manu­skript ein­ge­gan­gen, im Wes­ten erschie­nen!) her­aus zu ver­ste­hen. Auch den Begriff Sozia­lis­mus haben Pfaf­fen und Salon­lin­ke in Frank­reich, Ita­li­en, Eng­land erfun­den, also West­ler! Und wir Ost­ler von Thü­rin­gen bis Wla­di­wos­tok muss­ten es aus­ba­den, wäh­rend der Wes­ten in Saus und Braus leb­te und mit den Roten symphatisierte.
Marx wur­de aus Preu­ßen raus­ge­schmis­sen, hat im west­li­chen Exil in Frank­reich und Eng­land wei­ter­ge­hetzt, gegen Preu­ßens Pro­test. Die SPD-Zei­tung ‚Vor­wärts’ im Pari­ser Exil (Wes­ten!) hat das Atten­tat auf den preu­ßi­schen König und sei­ne eben­falls unbe­waff­ne­te Frau als his­to­risch ein­ma­li­ge Groß­tat beju­belt. Ein Redak­teur damals: der gott­ver­fluch­te Marx. (Mei­nes Wis­sens hat Marx nur in den 1840er Jah­ren für den Vor­wärts geschrie­ben – M.K.)
Der Het­zer Lenin wur­de aus Russ­land raus­ge­schmis­sen, hat im west­li­chen Exil in der Schweiz wei­ter­ge­hetzt, wur­de dann durch die Dumm­heit der deut­schen Reichs­füh­rung in den Kriegs­geg­ner Russ­land inji­ziert, damit der Virus der Revo­lu­ti­on Russ­land zer­stört. Hat es getan – und ist von da um die gan­ze Welt gezo­gen, und hat auch West­eu­ro­pa und jetzt auch Ame­ri­ka in sei­ner woken Gestalt fest in den Kral­len. Hit­ler und Mus­so­li­ni waren bekann­ten­ma­ßen zumin­dest zu Anfang Sozia­lis­ten, auch die­se bei­den stamm­ten nicht aus Osteuropa.
1968 ist der gan­ze Ost­block gegen die Roten auf­ge­stan­den – wäh­rend der zuneh­mend rote Wes­ten Mao, Sta­lin etc. beju­belt hat (Paris, West-Ber­lin). Eine gro­ße Zahl der schlimms­ten Dik­ta­to­ren der Welt sind an Unis des Wes­tens aus­ge­bil­det worden.
Nur mit die­sem Wis­sen kann man Mit­tel-Ost­eu­ro­pa, Orban und die Ost­ler ver­ste­hen. Also: Dan­ke, Wes­ten, du Brut­stät­te der Roten Pest, seit Jahr­hun­der­ten. Dan­ke für Nix!
Nur wenn das erst­mal allen klar ist, kom­men wir weiter.”
Auch die grü­ne Pest kommt aus dem Westen …
…, mit­samt der nied­rigs­ten jemals in einem Par­la­ment gemes­se­nen Intel­li­genz (was die Maid nicht von der Ver­ant­wor­tung für ihre dumm­dreis­ten Behaup­tun­gen – es han­delt sich qua­si um ein Update der von ihrem Genos­sen Trit­tin pos­tu­lier­ten Kugel Eis – entbindet).
Die grü­nen Verderber:*_innen jenes Lan­des, das in deren Augen ohne­hin nur ein „mie­ses Stück Schei­ße”, „zum Kot­zen” oder dra­ma­ti­scher Ände­run­gen zum Drauf­freu­en bedürf­tig ist, die­se Mario­net­ten­krea­tu­ren nicht zu has­sen, wäre wohl des Guten zuviel und allen­falls eine Her­aus­for­de­rung für Faki­re oder maso­chis­ti­sche Pro­tes­tan­ten (bei­na­he ein Pleo­nas­mus, ich weiß).
Den­noch: Ex ori­en­te lux!
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