6. April 2024

Die­se Über­schrift ist falsch.

Das Gegen­teil trifft zu: End­lich beginnt unser Reichs­dis­kurs­füh­rer, die Welt zu verstehen.

Im Text liest man die für mei­ner Mut­ter zwei­ten Sohn wie Äols­har­fen klin­gen­de Ver­mu­tung, der Skep­ti­zis­mus des Kant-Anti­po­den und Auf­klä­rungs­be­spöt­ters Johann Georg Hamann schei­ne „den spä­ten Haber­mas erfasst zu haben”. Herr­schafts­frei­er Dis­kurs? Zwang­lo­ser Zwang des bes­se­ren Argu­ments? Post­tra­di­tio­na­le Iden­ti­tät? Nie hat man auch nur eine Schwanz­fe­der davon gesehen.

Mer­ke: „Das poli­ti­sche Ver­mächt­nis des Lin­ken ist die Lieb­lings­lek­tü­re des Reaktionärs.”
Nicolás Gómez Dávila

***

„Sen­ti­men­tal har­ras­ment.” Die­se Begriffs­schöp­fung stammt von Phil­ip­pe Muray, der die Gene­ra­ti­on Schnee­flöck­chen bereits 1991 im Blick hat­te: „Frü­her ging der Nihi­lis­mus in Rot-Schwarz, inzwi­schen ist er babyrosa.”

Muray, Alt­phi­lo­lo­ge und Ver­tei­di­ger des Las­ters – er war ein lei­den­schaft­li­cher Rau­cher und nahm sich die Frei­heit, 2006 an Lun­gen­krebs zu ster­ben –, ver­öf­fent­lich­te unmit­tel­bar nach dem (schein­ba­ren) Zusam­men­bruch des Ost­blocks sein pro­phe­ti­sches Buch „Das Reich des Guten” („L’Em­pire du Bien”). In die­sem Impe­ri­um wird es ihm zufol­ge so zugehen:

„Es reicht ihnen nicht, jeden Wider­stand zum Ver­stum­men gebracht zu haben; sie müs­sen per­ma­nent sein Schreck­ge­spenst an die Wand malen.”

„Die Ope­ra­ti­on ’sau­be­re Ver­gan­gen­heit’ ist prak­tisch abgeschlossen.”

„Nur weil sich alle einig sind, weil alle gegen den Tod, gegen Apart­heid, gegen Krebs und Wald­brän­de sind, nur weil alle für Tole­ranz, Kos­mo­po­li­tis­mus und den Aus­tausch zwi­schen den Völ­kern und Kul­tu­ren ein­tre­ten, ist das noch kein Grund, es nicht tau­send­mal am Tag zu wiederholen.”

„Seit­dem das Prin­zip abge­seg­net wur­de, dass unser Han­deln nicht nur für uns selbst, son­dern auch, ja vor allem für die ande­ren Kon­se­quen­zen hat, kennt die hygie­ni­sche und mora­li­sche Über­wa­chung kein Hal­ten, kennt die geis­ti­ge Macht der ‚Wis­sen­schaft­ler’ kei­ne Gren­zen mehr.”

„Den Ein­fall des ‚pas­si­ven Rau­chens’ hal­te ich für eine der gro­ßen Errun­gen­schaf­ten der Gegen­wart, man wird sie ver­all­ge­mei­nern, aus­deh­nen und auf ande­re Berei­che anwenden.”

„Die inzwi­schen fest ver­wur­zel­te Über­zeu­gung, dass jeder jedem gleich­wer­tig ist und dass sich schon immer alle ähn­lich waren, führt dazu, dass sich jeder Belie­bi­ge legi­ti­miert sieht, sei­ne eige­ne Psy­cho­lo­gie bruch­si­che­ren Genies zu leihen.”

„Frank­reich ist gegen­über Deutsch­land deut­lich im Rück­stand, was die Ein­glie­de­rung von Behin­der­ten ins Berufs­le­ben angeht … gegen­über Groß­bri­tan­ni­en, was die Stel­lung von Frau­en in der Poli­tik betrifft … gegen­über Hol­land in Bezug auf das Bild von Homo­se­xu­el­len in den Medi­en… gegen­über den USA in der fil­mi­schen Auf­ar­bei­tung sei­ner kolo­nia­len Vergangenheit.”

„Das unmit­tel­bar bevor­ste­hen­de Ver­ein­te Euro­pa wird die Gele­gen­heit sein, unse­ren letz­ten ‚pri­va­ten Las­tern’ den Gar­aus zu machen.”

***

Ich muss­te an Muray den­ken, als ich die Mit­tei­lung der Sar­di­nen las, dass in ihrem Schwarm genug Viel­falt herrsche.

Als das „Mani­fest für einen neu­en öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk in Deutsch­land” ver­öf­fent­licht wur­de, sprach mein inne­rer Vor­ur­teils­souf­fleur: Medi­en wie der Spie­gel wer­den die­ses Mani­fest nicht mel­den, son­dern es erst erwäh­nen, wenn die eta­blier­ten Viel­falts­be­ton­mi­scher und Tole­ranz­sta­chel­draht­zie­her ihren Kri­ti­kern vor­wer­fen, sie ver­brei­te­ten Mär­chen. Bzw. Lügen. (Goog­le schlägt unter „Der Spie­gel” übri­gens die Fra­ge vor: „Ist der ‚Spie­gel’ öffent­lich-recht­lich?”, was mich lächerte.)

Die Arbeits­ge­mein­schaft der öffent­lich-recht­li­chen Redak­teurs­aus­schüs­se bei ARD, ZDF, Deutsch­land­ra­dio und Deut­sche Wel­le (Agra) teil­te am Don­ners­tag mit: „Der Ein­druck, dass in den Sen­dern nur vor­ge­ge­be­ne Mei­nun­gen dis­ku­tiert und ver­brei­tet wür­den und nur ‚Mainstream’-Themen und ‑Bericht­erstat­tung statt­fin­den könn­ten, ist falsch.” Es gebe „über­all eine leb­haf­te Streit­kul­tur, bei der alle Mei­nun­gen geäu­ßert wür­den. Bericht­erstat­tung fin­de grund­sätz­lich nach jour­na­lis­ti­schen Prin­zi­pi­en statt”, refe­riert der Spie­gel. „Dass ein Doku­ment wie das soge­nann­te Mani­fest erschei­ne, sei Aus­druck der Tat­sa­che, dass in den ARD-Medi­en­häu­sern Mei­nungs­viel­falt und Mei­nungs­frei­heit herrschten.”

In der Ehe­ma­li­gen nann­te man das Dia­lek­tik: Dass der Genos­se Bier­mann über­haupt sei­ne Lie­der schrei­ben kann, ist Aus­druck der Tat­sa­che, dass in der DDR Mei­nungs­viel­falt herrscht.

Was die Mei­nungsfrei­heit betrifft, wür­de mich inter­es­sie­ren, wie es um die beruf­li­che Situa­ti­on der Unter­zeich­ner in einem hal­ben Jahr steht.

***

Für die Anna­len, eins.

Auch die Sta­si und ihre Gäs­te in Ber­lin-Hohen­schön­hau­sen hat­te nach dem Ende der DDR viel zu reden und ein­an­der zu verzeihen.

Für die Anna­len, zwei.

Gegen die Dumm­heit wird jede Stim­me gebraucht. Dumm ist, wer etwas ande­res meint als die tote Hose Cam­pi­no. „Wir sind vie­le” heißt jetzt: „Wir sind die Klu­gen”. So klingt die aggres­si­ve Infan­ti­li­tät einer Sek­te. Der Regie­rungs­punk ist die höchs­te Form der Rebel­li­on gegen die Oppo­si­ti­on. „Die Ärz­te” dür­fen bei die­sem Wett­streit der Regie­rungs­zäpf­chen nicht feh­len. „Demo­kra­tie” heißt ihr neu­es­tes Fabri­kat, das mit KI-gene­rier­tem Video einen säku­lar­re­li­giö­sen Manich­äis­mus ver­brei­tet, als hät­te unser klei­ner hin­ken­der Dok­tor aus Rheydt Regie geführt.

Demo­kra­tie ist nicht allein „die viel­leicht mäch­tigs­te Idee der Gala­xie” (Letz­te­rer nur um des Rei­mes wil­len), son­dern sie muss unbe­dingt vor den Lau­nen des Demos geschützt wer­den, denn die Demo­kra­tie ist geschei­tert, wenn sie kei­ne lin­ken Mehr­hei­ten hervorbringt.

Jenen Tei­len des Demos, die nicht links wäh­len, soll­te das Stimm­recht und am bes­ten die Exis­tenz ent­zo­gen werden.

Es wird noch ein­mal farb­lich ver­deut­licht, wor­aus sich eine gute Demo­kra­tie zusammensetzt.

Demo­kra­tie­fein­de indes sehen so aus (die KI übt noch).

Oder so.

Das Klein­chen mit der Schlan­gen­zun­ge, in der apo­ka­lyp­ti­schen Sym­bo­lik der Anti­christ, ist wahr­schein­lich Trump (Höcke? Sell­ner?) als Baby.

Ohne den Meis­ter Uri­an aus Thü­rin­gen geht sowie­so nix.

Nie wie­der ist jetzt, da haben die schram­meln­den Fatz­kes durch­aus recht. Am Ende ihres Songs erschießt ein – sicher­heits­hal­ber en minia­tu­re gehal­te­ner – Bun­des­wehr­pan­zer die Fein­de der Demo­kra­tie (= Rech­te = Nazis).

Ihre Sym­bo­lik geht in Flam­men auf.

Die Bot­schaft der rot­grü­nen Regie­rungs­com­bo ist die nämliche:

„Immer nur meckern auf das blö­de Scheiß-System,/Das ist so bequem.” Sin­gen soge­nann­te Punks.

Knall­deut­sche Pun­ker für rot­grü­nen Gesin­nungs­ter­ror, für Can­cel Cul­tu­re, Haus­durch­su­chun­gen, Kontensperrungen…

Ohne KI sah der Kampf gegen Rechts übri­gens noch so aus.

„Sag mir, wo du stehst. Wir haben ein Recht dar­auf, dich zu erkennen!”

Damals war es nur eben kein Punk.

***

Ich war­te schon lan­ge darauf.

Het­ze mit Fak­ten. Ganz übel.

Auch dar­an wer­den wir uns in einer rot­grü­nen Demo­kra­tur nach Cam­pi­nos und der Ärz­te Geschmack gewöh­nen müs­sen. Zu Risi­ken und Neben­wir­kun­gen fra­gen Sie Ihre Ärz­te (oder Arno Breker).

In der Woche vor der Blut­tat soll der Mann vor einem Ein­kaufs­zen­trum und am Bahn­hof ran­da­liert haben, schreibt Bild. Ein Zeu­ge: „Er rief stän­dig: ‚Teu­fel, Teu­fel, Haram, Haram!‘“

Wenn Staats­an­wäl­te der Ansicht sind, dass die Auf­as­sung, der Wes­ten sei haram, einen Men­schen schuld­un­fä­hig mache, dann Gute Nacht Wes­ten, adieu Recht.

Der Mann mag schuld­un­fä­hig sein. Die­je­ni­gen, die ihn und sei­nes­glei­chen nach Euro­pa und nach Deutsch­land hol­ten, sind es nicht.

***

Ges­tern in der Münch­ner Tram sag­te in der Maxi­mi­li­an­stra­ße die auto­ma­ti­sche Stim­me: „Ach­ten Sie beim Aus­stei­gen auf Rad­fah­rer!“ Jah­re­lang hör­te man an die­sen Sta­tio­nen das Dep­pen­par­ti­zip „Rad­fah­ren­de”. Fast wäre ich erschro­cken über die­se Rück­kehr der seman­ti­schen Normalität.

Natür­lich hat Söder das Gen­dern nur aus Kal­kül abge­schafft; er hat sich ein wei­ches Ziel gesucht, durch des­sen Bekämp­fung er sich als kon­ser­va­tiv camou­flie­ren kann. Den­noch: Ein Hauch von 1989 durch­fuhr die Tram. 

***

Wo ich denn auf der Maxi­mi­li­an­stra­ße zum Spei­sen ver­weilt habe, frag­te ein Leser, nach­dem ich die schö­ne Bege­ben­heit get­wit­tert hat­te. Nicht doch – ich war wie­der in der Oper. Nach dem von mir zuletzt sei­ner Insze­nie­rung wegen gelob­ten „Trit­ti­co” bedeu­te­te die­ser „Par­si­fal” die Rück­kehr zur tris­ten Nor­ma­li­tät. Von einer Regie konn­te zwar kaum die Rede sein, aber das Büh­nen­bild von Base­litz war noch düm­mer als die Bil­der die­ses allen Erns­tes immer noch so genann­ten Malers (oder, wie sich die Gauk­ler heu­te bezeich­nen, „Künst­lers”). Die­se Pro­duk­ti­on ist schon ein paar Jah­re alt, aber es steht zu befürch­ten, dass so schnell kei­ne neue fol­gen wird. Freund *** ver­mu­tet, ein paar Base­litz-Radie­run­gen könn­ten dafür ihre Besit­zer gewech­selt haben; wer weiß das schon.

Anfangs konn­te ich sein Büh­nen­bild noch mit Scher­zen kom­pen­sie­ren, etwa der Bemer­kung, ich hät­te gar nicht gewusst, dass der ers­te Akt von Hän­sel und Gre­tel zwei Stun­den dau­ert. Wobei in die­sem selt­sa­men Fins­ter­wald, in dem der ers­te Auf­zug spielt, ein Dino­sau­ri­er­ske­lett her­um­liegt, wahr­schein­lich um zu zei­gen, wie alt die durch zahl­lo­se Wie­der­ge­bur­ten irren­de Kundry tat­säch­lich ist, denn die liegt dar­un­ter. Der vor­sätz­li­che Grund­irr­tum sämt­li­cher „Parsifal”-Inszenierungen seit Wie­land Wag­ner besteht dar­in, die Grals­rit­ter als etwas Nega­ti­ves dar­zu­stel­len; klar: Män­ner­bund, waf­fen­tra­gend, toxisch, kei­ne Frau­en­quo­te, und den rei­nen Toren akzep­tie­ren sie als Migran­ten erst dann, wenn er den hei­li­gen Speer als Entree­bil­let mitbringt.

Sobald der Chor auf­taucht, ver­wan­delt sich „Hän­sel und Gre­tel” in „Body­snat­chers – Angriff der Kör­per­fres­ser” (oder „From Dusk Till Dawn”). Der hl. Gral sieht aus wie ein Fläsch­chen Aqua­vit, was unse­re däni­schen Freun­de freu­en wird. Im drit­ten Auf­zug dreht sich natür­lich die gan­ze Sze­ne­rie auf den Kopf, man weiß ja, wenn man Base­litz heißt, was man dem Ver­nis­sa­gen­pö­bel schul­dig ist, wobei die Welt­be­rühmt­heit die­ses Man­nes mir dar­auf hin­zu­deu­ten scheint, dass auch in der Kunst­ma­fia ein gewis­ser grim­mi­ger Humor herrscht. Regel­recht ekel­er­re­gend sind die Kos­tü­me aller Cho­ris­ten – die Blu­men­mäd­chen ein­ge­schlos­sen –, soge­nann­te Fat­suits mit hän­gen­den Tit­ten, Bäu­chen, Ärschen und bau­meln­den Schwän­zen, prak­tisch Ost­see, FKK, schlimmst­mög­li­cher Fall (man darf sich schau­dernd aus­ma­len, wie heiß es unter die­sen Din­gern wird, gera­de im Som­mer, und die armen Grals­rit­ter tra­gen zuvor noch schwe­re Män­tel dar­über). Wer mag, kann sich hier ein paar Bil­der anschau­en. Der deut­sche Wil­le zur Häss­lich­keit und zum Exhi­bi­tio­nis­mus fei­ert eines sei­ner schau­ri­gen Fes­te. Ich hat­te als Teen­ager das Glück, mei­nen ers­ten „Par­si­fal” in einer Ost­ber­li­ner Aller­welts­in­sze­nie­rung zu erle­ben, und ich bedaue­re all die­je­ni­gen, die sich heu­te im zar­ten Jugend­al­ter in eine sol­che wider­sin­ni­ge und ekli­ge Pro­duk­ti­on ver­ir­ren und in ihrer ästhe­ti­schen Emp­fäng­lich­keit für immer beschmutzt sind.

Aber die Musik! Der zwei­te Auf­zug, da hat­te Nietz­sche recht, ist eigent­lich ein Ope­ret­ten­stoff, doch die herr­li­chen Klang­ge­bir­ge in den bei­den ande­ren schich­te­te das Baye­ri­sche Staats­or­ches­ter, fabel­haft diri­giert von Con­stan­tin Trinks, in schwel­ge­ri­scher Brei­te auf, ohne zu schlep­pen; das ist bei Wag­ner ja stets das Pro­blem, auf das er selbst immer wie­der hin­ge­wie­sen hat. Sehr lobens­wert war auch der Gurn­emanz des Georg Zep­pe­n­feld mit sei­ner unglaub­lich kla­ren Diktion.

Für Inter­kon­ti­nen­tal­flü­ge gibt es bekannt­lich schwar­ze Augen­mas­ken, damit man beim Schla­fen nicht vom Licht gestört wird; viel­leicht soll­te man sol­che Sicht­blen­den sicher­heits­hal­ber mit in die Oper nehmen.

***

Nach der Auf­füh­rung eröff­ne­te mir ein Betei­lig­ter, wor­auf Wag­ners Idee zurück­ge­hen könn­te, die Wun­de des Amfor­tas kön­ne nur der Speer schlie­ßen, der sie schlug: auf den Mythos von Tele­phos, der im Vor­feld des Tro­ja­ni­schen Krie­ges spielt. Aber nie­mand habe sei­nes Wis­sens bis­lang die­se Ver­bin­dung hergestellt.

Tele­phos ist ein Sohn des Hera­kles und der Athe­ne-Pries­te­rin Auge. Um ihn rankt sich eine Aus­set­zungs­sa­ge, die hier nicht wei­ter inter­es­siert. Als die Dana­er auf dem Weg nach Tro­ja ver­se­hent­lich Mysi­en angrif­fen, wur­den sie von den Mysi­ern besiegt, deren Anfüh­rer Tele­phos war. Im Kampf emp­fing er eine Speer­wun­de von der Hand des Achil­leus. Die Wun­de schloss sich nicht, und das Ora­kel ver­kün­de­te, dass nur der­je­ni­ge sie hei­len kön­ne, der sie geschla­gen habe. Tele­phos nahm in sei­ner Not den Sohn des Aga­mem­non, Orest, als Gei­sel und droh­te, das Kind zu töten, wenn ihm kei­ne Hil­fe zuteil wer­de. Dem lis­ten­rei­chen Odys­seus kam schließ­lich die Idee, dass nicht Achil­leus, son­dern des­sen Speer als Ver­ur­sa­cher der Wun­de vom Ora­kel gemeint sei. Schließ­lich wur­de etwas von der Lan­ze abge­schab­ter Rost in die Wun­de gestreut, und sie heilte.

„Wir­kung bewies mein Speer an Tele­phos zwei­mal”, erklärt der Pel­ide bei Ovid (Meta­mor­pho­sen, 12. Buch, Vers 112).

Ich geste­he, dass mir die­se Sage unbe­kannt war, bin mir aller­dings recht sicher, dass Wag­ner sie kann­te. Er las ja mit Cosi­ma jeden Abend die Klas­si­ker, bevor­zugt anti­ke Tex­te, die Tra­gi­ker rauf und run­ter (oder Shake­speare). Ovid kommt in Cosi­mas Tage­bü­chern frei­lich nur ein­mal vor, am 18. Sep­tem­ber 1870 notiert sie: „Abends lesen wir im Ovid, tags zuvor in Lucrez.” Er stand jeden­falls in der Biblio­thek. Wie auch anders?

***

Ich möch­te heu­te mit einem Lite­ra­tur­rät­sel schließen.

Wer hat die­sen Brief von Kleist an Hen­ri­et­te Vogel vor­ge­le­sen und ist dar­über ins Wei­nen geraten?

Der Autor ist übri­gens ein Zeit­ge­nos­se. Von mei­nen Freun­den und Bekann­ten konn­te ihn nie­mand erraten.

 

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