Freunde der Hetze, Connaisseure des Hasses

Es folgt der Text mei­nes zwei­ten Pod­casts vom 5. Juli (zu sehen ist er nach wie vor hier.)

 

Seit eini­ger Zeit dür­fen wir den Bul­le­tins der ein­schlä­gi­gen Bun­des­für­sor­ge­stel­len ent­neh­men, dass „Hass“ und „Het­ze“ an die Spit­ze der Pla­gen getre­ten sind. Ich wür­de sagen, es begann unge­fähr anno 2015, also im Jah­re des Will­kom­mens­staats­streichs. War­um gera­de in die­ser Zeit, gilt all­ge­mein als rät­sel­haft. Die Fra­ge, ob man als Bür­ger eine Regie­rung has­sen darf, die so mas­siv das Recht bricht wie das Kabi­nett Mer­kel in den Zei­ten der soge­nann­ten Flücht­lings­kri­se, ist bekannt­lich mit Nein beant­wor­tet und bereits als Fra­ge sank­tio­niert wor­den. Ers­tens näm­lich, belehr­ten und beleh­ren uns eini­ge furcht­ba­re, aber auch frucht­ba­re Juris­ten, sei die Ein­wan­de­rung von bis zu zwei Mil­lio­nen meist kul­tur­frem­den und bil­dungs­fer­nen Migran­ten, über­wie­gend jun­gen Män­nern, mit all ihren unvor­teil­haf­ten Fol­gen für Leben, Gesund­heit, sexu­el­le Selbst­be­stim­mung, Eigen­tum und Staats­fi­nan­zen der ange­maß­ten Ein­hei­mi­schen kein Rechts­bruch, son­dern durch Arti­kel 1 Grund­ge­setz gedeckt gewesen.

Der deut­sche Men­schen­wür­de­pas­sus, der die mili­tä­ri­sche durch die mora­li­sche Expan­si­on voll­wer­tig ersetzt hat, gilt näm­lich für die gesam­te Welt, wäh­rend die Wehr­macht ja über Nord­afri­ka nicht hinauskam.

Zwei­tens und noch wich­ti­ger: Wie geschul­te Hass-Dia­gnos­ti­ker aus Poli­tik, Medi­en und den uni­ver­si­tä­ren Wider­stands­nes­tern der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten ver­si­chern, bricht die­se Aver­si­on gegen alles Gute und Gut­ge­mein­te voll­kom­men grund­los aus, ver­brei­tet sich als eine Art men­ta­le Pest und befällt vor allem sich als männ­lich defi­nie­ren­de Wei­ße, spe­zi­ell deut­sche und ganz beson­ders ost­deut­sche. Wer nach Ursa­chen für den Hass sucht, ist wahr­schein­lich bereits selbst infi­ziert. Nur die Ver­hän­gung einer stren­gen Qua­ran­tä­ne über die Has­ser kann uns vor ihnen ret­ten, beglei­tet von rigi­den Maß­nah­men der Hass­pro­phy­la­xe, die auch schon mal die Grund­rech­te tan­gie­ren dür­fen. Wenn erst der Atlan­tik­wall des Has­ses bzw. die Woh­nun­gen der Has­ser erstürmt sind, steht dem Diver­si­ty-Glück aller from­men Erdenkin­der nichts mehr im Wege.

Des­we­gen muss die Bun­des­re­gie­rung Maß­nah­men gegen die­sen Hass und die ihm als sym­bio­ti­sche Klet­te anhän­gen­de Het­ze ergreifen.

Der ers­te woke deut­sche Jus­tiz­mi­nis­ter Hei­ko „Auf­ste­hen statt weg­du­cken“ Maas – für Gour­mets: das kroa­ti­sche Wort Usta­scha bedeu­tet übri­gens „Auf­ste­hen“ –, unser Hei­ko Maas hat­te die Ver­fol­gung von „Hate speech“ im Inter­net als ers­ter zur Chef­sa­che erklärt und mit dem Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz in eine Rechts­form gegos­sen, die in Län­dern wie der Tür­kei, Weiß­russ­land und Malay­sia peni­bel stu­diert und zumin­dest in Tei­len über­nom­men wur­de. Obwohl er nie wirk­lich pro­duk­tiv gear­bei­tet hat, besitzt auch unser Genos­se Hei­ko – er lebe hoch! Hoch! Hoch! – sei­nen Anteil am exzel­len­ten Ruf Deutsch­lands als Export­na­ti­on von nun­mehr sogar Zensurgesetzen.

Seit dem 30. März 2021 gilt in Kein-schö­ner-Land-zu-die­ser-Zeit ein „Gesetz zur Bekämp­fung des Rechts­extre­mis­mus und der Hass­kri­mi­na­li­tät“. Im Grun­de ist ja bei­des das­sel­be. Hass ist rechts. Wer hasst, ist rechts. Fra­gen Sie Ralf Ste­g­ner. Wer vor­her nicht rechts war, wird es durch den Hass. Wenn Lin­ke oder Mos­lems has­sen, ver­wan­deln sie sich prak­tisch in Rech­te. Wenn Sie sich lin­ke Gegen­de­mons­tran­ten bei einer rech­ten Kund­ge­bung anschau­en, sehen Sie, wie sich Lin­ke durch Hass in Rech­te verwandeln.

Das Gesetz zur Bekämp­fung des Rechts­extre­mis­mus und der Hass­kri­mi­na­li­tät wur­de noch durch die Mer­kel-Regie­rung instal­liert, also unter dem Innen­mi­nis­ter Horst See­ho­fer. Gleich nach ihrer Wahl und Ernen­nung zog die neue Nan­ny für Inne­res, Nan­cy Fae­ser, nach. Am 17. Dezem­ber droh­te die won­ni­ge Sozi­al­de­mo­kra­tin via Twit­ter: „Wer im Netz Hass und Het­ze ver­brei­tet, bekommt es mit der Poli­zei zu tun.“ Eine Innen­mi­nis­te­rin, die nicht zu wis­sen vor­gibt, dass die Straf­ver­fol­gung der Jus­tiz und nicht der Poli­zei obliegt, hat den Rechts­staat ver­las­sen – ich woll­te ursprüng­lich schrei­ben: hat den Rechts­staat geis­tig ver­las­sen, aber Fae­ser und geis­tig, das ist wie Hof­rei­ter und gepflegt. Eine Innen­mi­nis­te­rin, die dem Volk für Gesin­nungs­de­lik­te mit der Poli­zei droht, ist reif für jede Art Diktatur.

Am 22. März mel­de­te das ZDF Voll­zug. Unter der Schlag­zei­le „Bun­des­wei­te Haus­durch­su­chun­gen“ las man: „Mehr als 100 Beschul­dig­te in 13 Bun­des­län­dern: Im Kampf gegen Hass im Netz haben Ermitt­ler bun­des­weit Ver­däch­ti­ge ver­nom­men sowie Häu­ser und Woh­nun­gen durch­sucht.“ Es ver­hält sich aber nicht so, dass erst Frau Fae­ser die Haus­durch­su­chung als Schild und Schwert im All­par­tei­en­kampf gegen Gesin­nungs­de­lin­quen­ten ein­ge­führt hät­te. So inter­view­te bei­spiels­wei­se der im Fel­de des Has­ses unbe­sieg­te Süd­deut­sche Beob­ach­ter im Juli 2019 einen Staats­an­walt, der schon damals auf die­se Wei­se gegen Hass­kri­mi­nel­le vor­ging. „Die Beschul­dig­ten sind extrem erstaunt, wenn die Poli­zei vor der Tür steht”, erklär­te der Straf­ver­fol­ger. Denn damit haben die­se Het­zer doch nie und nim­mer gerech­net! Sie dach­ten wohl, in einem Staat, des­sen Gerich­te über­las­tet sind, der aber­tau­sen­de Haft­be­feh­le nicht voll­streckt, vie­le nicht­vir­tu­el­le Täter lau­fen lässt – eben sind in Frank­furt sechs Schwer­kri­mi­nel­le, die wegen ver­such­ten Tot­schlags, Raubs und Kör­per­ver­let­zung in der Unter­su­chungs­haft saßen, ent­las­sen wor­den, weil kein Gerichts­ter­min frei war –, und der sich von Clans vor­füh­ren lässt, sie dach­ten wohl, sage ich, in einem sol­chen Staat kämen sie mit ihrem Ver­bal­ge­fur­ze unbe­hel­ligt durch!

Darf man ein Land bzw. die Funk­ti­ons­eli­ten eines Lan­des has­sen, in dem die Poli­zei bei Gesin­nungs­de­lin­quen­ten Haus­durch­su­chun­gen ver­an­stal­tet, wäh­rend wirk­li­che Gewalt­kri­mi­nel­le in Frei­heit gesetzt wer­den? Nein! Denn: Hass ist kei­ne Meinung.

Unter die­sem Mot­to star­te­te das Lan­des­kri­mi­nal­amt Nie­der­sach­sen im April unter ande­rem via Twit­ter eine Kam­pa­gne. Das BKA unter­stütz­te und ret­weete­te den Aufruf:

„Wir gegen Hass und Het­ze! Sei dabei. Erstel­le ein Foto mit #Has­sistk­ei­ne­Mei­nung. Kopie­re die­sen Text für dei­nen eige­nen Post. Und raus damit.
Mel­de Hasskommentare.
Erstat­te Anzei­ge bei der Polizei.“

Also man kann über die Bul­len in der Zone viel Übles sagen. Aber pau­schal geduzt haben sie einen nicht. Der Ton­fall erin­nert eher an die FDJ. Oder an die Grü­ne Jugend.

Die­se Kam­pa­gne ist in meh­rer­lei Hin­sicht pikant. Zunächst ein­mal ist die Poli­zei nicht im Min­des­ten dazu beru­fen oder gar berech­tigt, die Straf­wür­dig­keit irgend­wel­cher Hand­lun­gen fest­zu­le­gen; das ist die Sache der Legis­la­ti­ve. BKA und LKA ver­fol­gen Straf­ta­ten, aber weder kön­nen noch dür­fen sie defi­nie­ren, was eine Straf­tat ist. Mit ande­ren Wor­ten: Die Exe­ku­ti­ve wird hier ein­deu­tig über­grif­fig, und zwar in Rich­tung einer poli­ti­schen Polizei.

Zugleich fuch­teln die Kri­mi­na­ler mit einem juris­tisch prak­tisch unde­fi­nier­ten Begriff her­um. Der Begriff „Hass“ wie auch sein sia­me­si­scher Zwil­ling „Het­ze“ kommt expli­zit nur im Straf­tat­be­stand der Volks­ver­het­zung (§ 130 StGB) vor. Hier wird unter Stra­fe gestellt, gegen „eine natio­na­le, ras­si­sche, reli­giö­se oder durch ihre eth­ni­sche Her­kunft bestimm­te Grup­pe“ zum Hass auf­zu­sta­cheln, wenn dies in einer Wei­se geschieht, „die geeig­net ist, den öffent­li­chen Frie­den zu stö­ren”. Das StGB stellt also nicht den Hass als sol­chen unter Straf­an­dro­hung, son­dern des­sen Auf­sta­che­ler unter bestimm­ten Bedingungen.

Dar­über hin­aus ist Hass kein Delikt, nicht ein­mal eine Hand­lung, son­dern ein Gefühl – und für eine Tat allen­falls ein Motiv. Die Aus­sa­ge, Hass sei kei­ne „Mei­nung”, ist seman­tisch unge­fähr so sinn­voll wie die, Geschwin­dig­keit sei kein Bil­dungs­kri­te­ri­um. Es ist schie­rer Non­sens. Wie ver­hält es sich, neben­bei, mit der Lie­be? Oder dem Neid? Ist Lie­be eine Meinung?

Das LKA Nie­der­sa­chen und das Bun­des­kri­mi­nal­amt wer­ben also mit einem Slo­gan, der seman­ti­scher Bull­shit ist, dafür, dass Bür­ger ande­re Bür­ger anzei­gen. In einem Rechts­staat mit funk­tio­nie­ren­der Vier­ter Gewalt wäre das der Anfang vom Ende eini­ger poli­ti­scher Karrieren.

Es gibt ein Vor­bild für den von BKA und LKA wei­ter­ver­wurs­te­ten Spruch, näm­lich die von Links­extre­mis­ten ver­brei­te­te Flos­kel: „Faschis­mus ist kei­ne Mei­nung, son­dern ein Ver­bre­chen.” Den zwei­ten Teil sol­len wir uns auto­ma­tisch hin­zu­den­ken: Hass ist ein Ver­bre­chen. Wie wir gese­hen haben, stimmt auch das nicht, weil Hass eine Emo­ti­on ist, gegen die sich der Mensch oft gar nicht weh­ren kann. Es stimmt ja auch nicht, dass Faschis­mus kei­ne Mei­nung ist. Zum Bei­spiel hat­ten vie­le Faschis­ten eine dezi­dier­te Mei­nung von den Mar­xis­ten bzw. Kom­mu­nis­ten, denn ohne deren mas­sen­mör­de­ri­sche und kul­tur­ver­nich­ten­de Bewe­gung hät­te es den Faschis­mus ja gar nicht gege­ben. Ist Mar­xis­mus kei­ne Mei­nung, son­dern ein Ver­bre­chen? Ist Sozia­lis­mus kei­ne Mei­nung? (Ich fra­ge für Nan­cy Faeser.)

Und last but not least kommt hin­zu: Auch Hass ist von der Mei­nungs­frei­heit gedeckt, sofern der Has­ser mit sei­nen Äuße­run­gen nicht in die straf­rechts­re­le­van­ten Berei­che wie Belei­di­gung, Ver­leum­dung usw. vordringt.

Am 5. Dezem­ber 2016 ver­öf­fent­lich­ten die Wis­sen­schaft­li­chen Diens­te des Bun­des­ta­ges ein Gut­ach­ten „Hass und Het­ze im Straf­recht”. Hass, heißt es dort, wer­de „sei­tens der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung defi­niert als ‚eine gestei­ger­te, über die blo­ße Ableh­nung oder Ver­ach­tung hin­aus­ge­hen­de feind­se­li­ge Hal­tung gegen den betref­fen­den Bevöl­ke­rungs­teil’“. Aller­dings kön­ne eine sach­li­che, wahr­heits­ge­mä­ße Bericht­erstat­tung in kei­nem Fall als Auf­sta­cheln zum Hass ange­se­hen wer­den, auch wenn sie „in ten­den­zi­el­ler Absicht“ erfol­ge und geeig­net sei, „ein feind­se­li­ges Kli­ma gegen einen Teil der Bevöl­ke­rung zu schaffen“.

Das gel­ten­de Straf­recht „knüpft die Straf­bar­keit stets an Hand­lun­gen, nicht allein an Mei­nun­gen, Über­zeu­gun­gen oder die Täter­per­sön­lich­keit“, heißt es wei­ter. „Gedan­ken, Über­zeu­gun­gen und Mei­nun­gen kön­nen für sich genom­men nicht straf­recht­lich rele­vant sein. Hass an sich mag also etwa aus mora­li­schen Grün­den abge­lehnt wer­den, ist jedoch nicht straf­bar. Auch die Qua­li­fi­ka­ti­on einer Äuße­rung als ‘Het­ze’ besagt noch nichts über deren straf­recht­li­che Relevanz.“

Hass ist nicht straf­bar, schön dass hin und wie­der jemand die­se Tat­sa­che in Erin­ne­rung ruft. Der Mensch darf has­sen, er muss bis­wei­len has­sen, Nazis zum Bei­spiel oder Grü­ne, Trump oder Biden, Pino­chet oder Pinoc­chio oder Deutsch­land, die­ses mie­se Stück Schei­ße, was macht das für einen Unterschied?

Die ers­te Kam­mer des ers­ten Sena­tes des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, damals noch unter Paul Kirch­hof, hat am 28. Novem­ber 2011 in einem Beschluss erklärt (und man soll­te die­se Wor­te, wie es heißt, an alle Wän­de schreiben):

„Vom Schutz­be­reich der Mei­nungs­frei­heit umfasst sind zum einen Mei­nun­gen, das heißt durch das Ele­ment der Stel­lung­nah­me und des Dafür­hal­tens gepräg­te Äuße­run­gen. Sie fal­len stets in den Schutz­be­reich von Art. 5 GG, ohne dass es dabei dar­auf ankä­me, ob sie sich als wahr oder unwahr erwei­sen, ob sie begrün­det oder grund­los, emo­tio­nal oder ratio­nal sind, oder ob sie als wert­voll oder wert­los, gefähr­lich oder harm­los ein­ge­schätzt wer­den. Sie ver­lie­ren die­sen Schutz auch dann nicht, wenn sie scharf und über­zo­gen geäu­ßert wer­den. Der Mei­nungs­äu­ßern­de ist ins­be­son­de­re auch nicht gehal­ten, die der Ver­fas­sung zugrun­de lie­gen­den Wert­set­zun­gen zu tei­len, da das Grund­ge­setz zwar auf die Wer­te­loya­li­tät baut, die­se aber nicht erzwingt. Neben Mei­nun­gen sind vom Schutz des Art. 5 GG aber auch Tat­sa­chen­mit­tei­lun­gen umfasst, soweit sie Vor­aus­set­zung für die Bil­dung von Mei­nun­gen sind bezie­hungs­wei­se sein kön­nen. Nicht mehr in den Schutz­be­reich des Art. 5 GG fal­len hin­ge­gen bewusst oder erwie­sen unwah­re Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen, da sie zu der ver­fas­sungs­recht­lich gewähr­leis­te­ten Mei­nungs­bil­dung nichts bei­tra­gen kön­nen. Aller­dings dür­fen die Anfor­de­run­gen an die Wahr­heits­pflicht nicht so bemes­sen wer­den, dass dar­un­ter die Funk­ti­on der Mei­nungs­frei­heit leidet.”

Hin­ter die­sen Sät­zen kann die Mei­nungs­frei­heit ein dau­er­haf­tes Biwak auf­schla­gen, das wis­sen auch Gevat­te­rin Fae­ser, Genos­se Ste­g­ner und Kame­rad Hal­den­wang. Nicht ein­mal unter Mer­kels Gefolgs­mann und Pro­te­gé Ste­phan Har­barth wird das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt es wagen, die­sen eigent­lich unver­zeih­li­chen Beschluss rück­gän­gig zu machen. Des­we­gen gehen unse­re Woken ande­re, smar­te­re Wege. Beim Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz leg­ten sie die unmög­li­che Ent­schei­dung dar­über, was Hass und Het­ze sei, in die Hän­de der gro­ßen online-Unter­neh­men, die sie zugleich mit der Andro­hung mons­trö­ser Geld­stra­fen unter Lösch­druck setzten.

Da man nicht die gesam­te Oppo­si­ti­on sper­ren kann und vie­le es schaf­fen, sich über einen Anwalt in ihr Netz­werk zurück­zu­kla­gen, über­nimmt heu­te die soge­nann­te Zivil­ge­sell­schaft, an der Nase her­um­ge­führt von soge­nann­ten NGOs, die Exklu­si­on und Stig­ma­ti­sie­rung der Falsch­mei­ner. Die Neo­fa, die sich Anti­fa nennt, küm­mert sich um deren ana­lo­ge Betreu­ung. Die Poli­zei bit­tet um Mit­hil­fe bei der Auswahl.

Den eigent­li­chen Sinn der Haus­durch­su­chun­gen hat ein roter Klas­si­ker, Mao Tse-tung, in die geflü­gel­ten Wor­te gefasst: „Bestra­fe einen, erzie­he hun­dert.“ Die­je­ni­gen Falsch­mei­ner, denen man poli­zei­lich oder juris­tisch nicht bei­kom­men kann, wer­den statt­des­sen vom Twit­ter­mob, den gelenk­ten Medi­en und links­extre­men Anschwär­zer­com­bos wie der Ama­deu Anto­nio Stif­tung in der Öffent­lich­keit zu Unbe­rühr­ba­ren erklärt, mit denen man nicht ver­kehrt, kei­ne Geschäf­te macht, bei denen man kei­ne Wer­bung schal­tet usw. All das geschieht mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von SPD und Grü­nen. Über­all, wo die Mei­nungs­frei­heit ein­ge­schränkt und an der Gewal­ten­tei­lung her­um­ma­ni­pu­liert wird, haben Rote und Grü­ne ihre Fin­ger im Spiel. Zar­te­re Gemü­ter könn­ten in Ver­su­chung gera­ten, sie  sie dafür zu hassen.

Neu­er­dings fin­den also in Kein-schö­ner-Land regel­mä­ßig Haus­durch­su­chun­gen wegen Pro­pa­gan­da­de­lik­ten statt. Mor­gens klin­gelt die Poli­zei, durch­wühlt die Woh­nung und beschlag­nahmt Lap­tops, Hän­dis und was weiß ich noch. Wel­chen Sinn mag eine Haus­durch­su­chung bei einem Men­schen erfül­len, der Poli­ti­ker oder Migran­ten beschimpft hat? Was soll bei ihm daheim gefun­den wer­den? Wel­che Beweis­mit­tel will man beschlag­nah­men? Noch nicht ver­öf­fent­lich­te Folgebeschimpfungen?

Aber will ich etwa leug­nen, dass im Netz und andern­orts Hass und Het­ze ver­brei­tet wer­den? Kei­nes­wegs. Ich will nur bestrei­ten, dass es sich um Straf­ta­ten han­delt. Ein paar ein­schlä­gi­ge Exempel.

So haben bei­spiels­wei­se der „Boden­satz des Gesell­schaft“ (Win­fried Kret­sch­mann, Grü­ne) und aller­lei ande­res „Pack“ (Sig­mar Gabri­el, SPD) die „rechts­extre­me AfD-Ban­de“ (Ralf Ste­g­ner, SPD) bzw. „Brut“ (Cem Özd­emir, Grü­ne) bzw. die „AfD-Idio­ten“ (noch­mals ken­ne­risch der idio­ten­kun­di­ge Ste­g­ner) oder eben die „Schan­de für Deutsch­land“ (das war Mar­tin Schulz, Wür­se­len) in den Bun­des­tag gewählt. Seit­her haben wir den Salat, näm­lich „einen Hau­fen rechts­ra­di­ka­ler Arsch­lö­cher im Par­la­ment“ (so der arsch­loch­kun­di­ge ehe­ma­li­ge SPD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Johan­nes Kahrs).

An Weih­nach­ten mel­de­ten die Medi­en, dass der Ras­tat­ter AfD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de Roland Oberst nach einer Coro­na-Infek­ti­on ver­stor­ben sei. Der Grü­nen-Poli­ti­ker Jür­gen Kasek, zuletzt säch­si­scher Lan­des­vor­stands­spre­cher der Par­tei für die mora­lisch geho­be­ne­ren Stän­de, twit­ter­te die Todes­nach­richt ver­se­hen mit dem Kom­men­tar: „Coro­na hat mehr gegen Nazis getan als die Sicherheitsbehörden.“

„Alle AfD­ler gehö­ren in die Gas­kam­mer“, twit­ter­te wie­der­um eine in Gie­ßen ansäs­si­ge Poli­ti­ke­rin der Lin­ken, also der SED, mit dem ent­zü­cken­den Namen Bian­ca Deu­bel. Spä­ter woll­te sie sich schlau mit der Beteue­rung aus der Sache win­den, es sei – nein, dies­mal kei­ne Sati­re, zur Sati­re kom­men wir gleich – Päd­ago­gik gewe­sen: Die Schwe­fel­par­tei­ler soll­ten die Gas­kam­mern bzw. deren Über­res­te zur poli­tisch-his­to­ri­schen Schu­lung auf­su­chen. Der lang­jäh­ri­gen CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Eri­ka Stein­bach, heu­te AfD, hat­te Deu­bel übri­gens am sel­ben Tag eben­falls via Twit­ter zuge­ru­fen: „Ich freue mich schon, wenn ich auf ihrem Grab tan­zen kann.“ Was nicht zwin­gend bedeu­tet, dass die Lin­ke einer poli­ti­schen Kon­kur­ren­tin den Tod gewünscht hat; mög­li­cher­wei­se soll­te Frau Stein­bach ihr Grab auch nur zu Schu­lungs­zwe­cken auf­su­chen, sagen wir: zur spi­ri­tu­el­len Schulung.

Für eine gewis­se Aus­ge­wo­gen­heit der Wei­ter­bil­dungs­lo­ka­li­tä­ten votier­te Jonas Sti­ckel­broeck, Chef der Grü­nen Jugend in Kre­feld, als er den Tweet absetz­te: „Ich bin dafür, dass der nächs­te Par­tei­tag der Jun­gen Uni­on im Gulag statt­fin­det.“ Spä­ter ent­schul­dig­te er sich für sei­ne miss­ver­stan­de­ne „Sati­re“.

Mer­ke: Der Rech­te hetzt, der Lin­ke macht nur einen Witz. Die rech­ten Flach­pfei­fen sind oben­drein noch zu blöd, um Sati­re zu kapie­ren. Oma Umwelt­sau? Sati­re! Deniz Yücels „Der bal­di­ge Abgang der Deut­schen ist Völ­ker­ster­ben von sei­ner schöns­ten Sei­te.“ Sati­re! Eine Gra­zie namens Hen­g­ameh Yag­hoo­bi­fa­rah, die in ihrer taz-Kolum­ne Poli­zei­be­am­te als „Müll­men­schen“ und „Abfall“ bezeich­ne­te? Was für eine begna­de­te Satirikerin!

Kei­nes­falls feh­len darf in die­ser Gott­be­gna­de­ten-Gale­rie der Mode­ra­tor Jan Böh­mer­mann, der in sei­ner ZDF-Sen­dung zur letz­ten Land­tags­wahl in Sach­sen sag­te: „Das ein­zi­ge, was die­ses Bun­des­land noch ret­ten kann, ist eine Koali­ti­on aus Roter Armee und Roy­al Air Force.“ (Rote Armee wür­de er heu­te nicht mehr sagen, der Jan hat näm­lich immer Lun­te und Wit­te­rung!) Einen ähn­li­chen feuch­ten sati­ri­schen Traum hat­te in der WDR-Sen­dung Night­Wa­sh ein Mädel namens Maria Cla­ra Gropp­ler, ihrer Stel­len­be­schrei­bung zufol­ge Komö­di­an­tin, die nach den von einer ande­ren Komö­di­an­tin erfun­de­nen „Hetz­jag­den“ zu Chem­nitz emp­fahl, die Nazi­stadt mit Napalm zur Räson zu bringen.

Eine Sarah Boset­ti indes, ihrer Selbst­ein­schät­zung nach Komi­ke­rin, frag­te in ihrer ZDF-Sen­dung: „Wäre die Spal­tung der Gesell­schaft wirk­lich etwas so Schlim­mes? Sie wür­de ja nicht in der Mit­te aus­ein­an­der­bre­chen, son­dern ziem­lich weit rechts unten. Und so ein Blind­darm ist ja nicht im stren­ge­ren Sin­ne essen­ti­ell für das Über­le­ben des Gesamt­kom­ple­xes.“ Vom über­flüs­si­gen Organ zum Para­si­ten ist es nur ein klei­ner Schritt. Der erwähn­te Gevat­ter Böh­mer­mann bezeich­ne­te als im Diens­te der Volks­ge­sund­heit maul­wer­ken­der Sozi­al­hy­gie­ni­ker alle Kin­der als „unver­ant­wort­li­che klei­ne Halb­menschen“, die sich stän­dig infi­zier­ten. „Was Rat­ten in der Zeit der Pest waren, sind Kin­der zur­zeit für Covid-19: Wirtstiere.“

Lang­weilt Sie der woke Hass schon?

Eine durch zahl­rei­che Medi­en-Auf­trit­te im Zusam­men­hang mit dem G7-Gip­fel auf Schloss Elmau bekannt gewor­de­ne und trotz ihrer Gewalt­phan­ta­sien bis ins ZDF-Mor­gen­ma­ga­zin durch­ge­reich­te soge­nann­te Akti­vis­tin namens Lisa Pöt­tin­ger teil­te via Twit­ter mit: „Ich hal­te es für legi­tim, die Adres­sen von Nazis, Kli­ma­fa­schos und Konzerneigentümer:innen zu ver­öf­fent­li­chen. Die Fra­ge ist halt, was dann damit gemacht wird: Das Haus mit Far­be bewer­fen oder Gra­fit­ti, cool. Gewalt gegen Leu­te schwie­rig…“. Aber Schwie­rig­kei­ten sind bekannt­lich dazu da, um über­wun­den zu werden!

All die­se sym­pa­thi­schen Äuße­run­gen haben eines gemein: Wegen ihnen wird nie­mand gesperrt. Wegen ihnen wird nie­mals eine Haus­durch­su­chung statt­fin­den. Und immer­hin das ist gut so. Aber wie ver­hält es sich mit dem Hass, den die Urhe­ber sol­cher State­ments zum Aus­druck bringen?

Die etwas Älte­ren wer­den sich noch an die Kolum­nen „100 Zei­len Hass“ des Schrift­stel­lers Maxim Bil­ler erin­nern, die von 1987 bis 1996 im Maga­zin Tem­po erschie­nen sind und schon etwas mit Edel­schim­mel über­zo­gen sein mögen. 2017 hat der Ver­lag Hoff­mann & Cam­pe-Ver­lag Bil­lers gesam­mel­te Hass­ti­ra­den als Buch ver­öf­fent­licht. Also ist Hass doch nicht so schlecht? „Jede Kolum­ne ist ein poin­tier­ter Indi­zi­en­pro­zess im Dienst nur einer Sache: dem Kampf für das Gute und gegen alles Schlech­te“, beru­higt der Klap­pen­text­au­to­mat des Ver­la­ges. Natür­lich glaubt außer ein paar Zeit-Abon­nen­tin­nen nie­mand über acht Jah­ren sol­cher Kin­der­gärt­ne­rin­nen­pro­sa, doch sie führt uns näher an den Kern des neu­en deut­schen Hass­pro­blems. Hass ist näm­lich nicht gleich Hass, so wie Brand­stif­tung nicht gleich Brand­stif­tung ist. Ent­schei­dend sind die Motive.

Bil­lers Hass­zie­le waren fast immer kom­pa­ti­bel mit dem lin­ken, „links­li­be­ra­len“, grü­nen Zeit­geist. Moch­te er auch mal den Vege­ta­ris­mus ver­spot­ten, geschah dies natür­lich nicht ohne Hin­weis auf jenen eines ehe­ma­li­gen Reichs­kanz­lers. Sei­ne Hass­ko­lum­ne hat­te neben einer grund­so­li­den, ja grund­an­stän­di­gen Aver­si­on gegen alles Deut­sche nur ein Motiv: Gel­tungs­sucht. Er woll­te sich nach oben has­sen. Das ist nicht schön, aber Brauch, und somit gewis­ser­ma­ßen aus Gewohn­heit legi­tim. Außer­dem ist die Pro­sa der Gel­tungs­süch­ti­gen oft bes­ser als die der Beschei­de­nen. Aber das ist hier nicht das The­ma. Hal­ten wir fest: So lan­ge die Rich­tung stimmt, darf gehasst werden.

Erin­nern wir uns an die lin­ke Folk­lo­re gegen das „Schwei­ne­sys­tem“ und den „Bul­len­staat“ – die Hass­wor­te gal­ten der Bun­des­re­pu­blik der 1980er Jah­re, dem zweit­fried­lichs­ten Sozi­al­pa­ra­dies nach dem Auen­land. Wenn der Nach­wuchs der rot­grü­nen Funk­tio­nä­re die „Hass­kap­pe“ auf­setz­te, war das tolerabel.

In einem Land, wo die Vize­prä­si­den­tin des Par­la­ments in einer Demo mit­lief, wel­cher ein Spruch­band „Deutsch­land, du mie­ses Stück Schei­ße“ vor­an­ge­tra­gen wur­de – unse­re Clau­di weiß ja gar nicht, wie wahr die­se Aus­sa­ge ist –, in einem Land, des­sen Jus­tiz­mi­nis­ter eine Punk­band für ihr Enga­ge­ment gegen „rechts“ lob­te, die in ihren Lie­dern unter ande­rem: „Deutsch­land ist schei­ße – Deutsch­land ist Dreck!“ oder „Deutsch­land ver­re­cke, das wäre wun­der­bar!“ grölt, in einem sol­chen Land scheint der Hass in der Tat ein Pro­blem zu sein. Unse­re Bes­ser­men­schen tun also gut dar­an, den gesell­schafts­fä­hi­gen Hass vom ver­werf­li­chen zu trennen.

Im Febru­ar 2014 ließ sich die – man sagt wohl: Akti­vis­tin – Anne Helm, damals Pira­ten­par­tei, heu­te Mit­glied der Lin­ken, mit der Auf­schrift „Thanks Bom­ber Har­ris“ auf ihrem nack­ten und durch­aus cha­rak­ter­vol­len Ober­kör­per zusam­men mit einer ande­ren Men­schen­freun­din in Dres­den foto­gra­fie­ren, um dem seit Brexit-Tagen aber auch nicht mehr ganz kosche­ren eng­li­schen Nach­barn für die Ein­äsche­rung der Schuld­stadt ihren nach­träg­li­chen Dank abzu­stat­ten. Frau Helm ist inzwi­schen Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der SED im Ber­li­ner Abgeordnetenhaus.

Julia Schramm, frü­her eben­falls Piraten‑, heu­te eben­falls Links­par­tei, begrüß­te die Akti­on mit dem Tweet „Sau­er­kraut, Kar­tof­fel­brei – Bom­ber Har­ris, Feu­er frei“. Das Wort „Kar­tof­fel­brei“ bezog sich nach Dar­stel­lung der taz dar­auf, dass die deut­schen Kar­tof­feln in Dres­den zu Brei gebombt wur­den. Kann es, fragt sich der unbe­tei­lig­te sagen wir mal: Poly­ne­si­er, etwas Hass­erfüll­te­res geben, als die Bom­bar­die­rung einer Stadt zu fei­ern und deren Wie­der­ho­lung her­bei­zu­phan­ta­sie­ren, weil dort Per­so­nen mit ande­rer Gesin­nung demonstrieren?

Offen­bar. Hät­te die Dame denn sonst für die Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung arbei­ten kön­nen, wel­che wie­der­um dem Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um bei der Aus­mer­zung von „Hate Speech” auf Face­book assistiert?

Und dann erst der gei­fern­de Hass auf Donald Trump, die hem­mungs­lo­sen Beschimp­fun­gen, die öffent­lich aus­ge­leb­ten Ermor­dungs­phan­ta­sien – unmög­lich kann aller Hass schlecht sein. Die bes­ten Tei­le der deut­schen Bevöl­ke­rung stün­den ja sonst unter Verdacht!

Den Hass wie­der­um vie­ler neu zu uns gesto­ße­ner Mit­bür­ger auf Chris­ten, Kir­chen und vor allem auf Juden, wie er sich in „Hamas, Hamas, Juden ins Gas!“-Rufen oder im Froh­lo­cken über die Wald­brän­de in Isra­el arti­ku­lier­te, las­sen wir hier mal kul­tur­sen­si­bel weg, sonst gera­ten wir noch in den Ruch der Ausländerfeindlichkeit.

Aber und apro­pos: Wie ver­hält es sich eigent­lich mit jener? Der Anti­pa­thie gegen eine gewis­se ins Land strö­men­de Kli­en­tel zu weh­ren, scheint ja das eigent­li­che Ziel aller takt­vol­len Zen­sur­be­stre­bun­gen zu sein. Wenn mich mei­ne Beob­ach­tun­gen nicht täu­schen, begann die gro­ße Zeit des Has­ses und der Het­ze erst im Jahr des freund­li­chen Gesichts der Bun­des­kanz­le­rin. Die Bun­des­re­gie­rung wäre ja nicht die ers­te Staats­füh­rung, die Sym­pto­me bekämpft, wel­che sie mit ihrer Poli­tik sel­ber her­vor­ge­ru­fen hat.

Der Pro­test gegen eine Mas­sen­im­mi­gra­ti­on von über­wie­gend Analpha­be­ten, die meis­tens jung, männ­lich, zum Teil gewalt­tä­tig, natur­ge­mäß auf der Suche nach Sex sind und immer mehr öffent­li­chen Raum bean­spru­chen, ist kei­nes­wegs „dumpf“ oder „irra­tio­nal“, son­dern hat öko­no­mi­sche und sozia­le Grün­de. Die Ver­wand­lung eines eth­nisch rela­tiv homo­ge­nen Lan­des in einen Viel­völ­ker­staat inner­halb von ein, zwei Gene­ra­tio­nen kann sich schwer­lich kon­flikt­frei voll­zie­hen, von bei­den Sei­ten. In Poli­tik, Medi­en und der woken Schi­cke­ria hofft man offen­bar, die­sem Pro­blem durch Dis­kri­mi­nie­rung und Ver­fol­gung der Pro­tes­tie­ren­den unter den Ein­hei­mi­schen begeg­nen zu kön­nen, weil von dort der gerings­te Wider­stand droht.

Bis­lang spra­chen wir ledig­lich von Hass und Het­ze mit Wor­ten. Es soll aber auch hand­fes­te Hass­straf­ta­ten geben. Schau­en wir auf die Zeit­geistschrott­sam­mel­stel­le (beim letz­ten Pod­cast monier­te ein Zuse­her, die Wiki­pe­dia sei viel zu unse­ri­ös, um dar­aus zu zitie­ren; aber als Sym­ptom taugt sie alle­mal). Unter dem Stich­wort „Hass­kri­mi­na­li­tät“ steht dort:

„Eine EU-Stu­die iden­ti­fi­zier­te im Jahr 2006 18.142 Fäl­le von Hass­kri­mi­na­li­tät in Deutsch­land, von denen 17.597 von rechts­extre­men Ideo­lo­gien moti­viert waren; Im Ver­gleich gab es 2006 in den USA 7.722 Fäl­le von Hasskriminalität.“

Ich hal­te kurz inne: Ohne dass die Poli­zei viel davon mit­be­kam – und Sie, mei­ne Damen und Toxi­schen, sofern Sie damals schon auf­nah­me­fä­hig waren, wahr­schein­lich auch nicht –, gab es in Deutsch­land 2006 zwei­ein­halb­mal so vie­le Hass­straf­ta­ten wie in den USA, obwohl die USA vier­mal so vie­le Ein­woh­ner haben. Es mag viel­leicht auch dar­an lie­gen, dass die Zah­len in Ame­ri­ka nicht von der EU erho­ben wur­den. War­um 2006?, wer­den man­che fra­gen. Wahr­schein­lich weil kei­ne spä­te­ren Stu­di­en vor­lie­gen. Aber war­um hat man die­ses offen­bar furcht­ba­re Pro­blem in den Fol­ge­jah­ren ein­fach ignoriert?

Ich neh­me an, Sie ken­nen die­se Art von Stu­di­en. Sie ähneln jenen über Fein­staub und Stick­oxi­de. Alles steht und fällt mit der Defi­ni­ti­on des Begriffs Hass­kri­mi­na­li­tät. Als Beleg dafür, dass Ermitt­lungs­be­hör­den, Jus­tiz oder Medi­en das Hass­mo­tiv nicht the­ma­ti­sier­ten, führt Wiki­pe­dia nur ein ein­zi­ges Bei­spiel an:

„So wur­de 2016 ein anti­se­mi­ti­scher ver­such­ter Tot­schlag in Nürn­berg im Urteil und in der Pres­se­ar­beit von Jus­tiz und Poli­zei als unpo­li­ti­sches Trun­ken­heits­de­likt baga­tel­li­siert. Auch wei­te Tei­le der Bericht­erstat­tung the­ma­ti­sier­ten das Motiv nicht. Der Täter, der das Opfer ins U‑Bahn-Gleis­bett stieß und durch Trit­te dar­an hin­der­te, wie­der zum Bahn­steig hin­auf­zu­stei­gen, erklär­te bei sei­ner Fest­nah­me: ‚Ich habe das gemacht, weil er ein Jude ist. Das nächs­te Mal mache ich es rich­tig‘ und ‚Ich has­se alle Juden.‘“

Ich fürch­te, hier wur­de von den Medi­en kei­nes­wegs nur das Motiv nicht the­ma­ti­siert. Ham­burgs Ver­fas­sungs­schutz­chef Tors­ten Voß hat soeben sei­nen Bericht über das Jahr 2021 vor­ge­legt und erklärt, die Zahl der extre­mis­ti­schen Straf­ta­ten mit anti­se­mi­ti­schem Hin­ter­grund sei von 45 auf 63 gestie­gen. Davon wur­den 57 den „Rech­ten“ zuge­rech­net, obwohl jeder in Deutsch­land leben­de Jude und gewiss auch der Herr Voß wis­sen, dass Gewalt gegen Juden fast aus­schließ­lich von Mos­lems aus­geht, aber viel­leicht ging es nur um Hakenkreuze.

Der Täter zu Nürn­berg kann selbst­ver­ständ­lich die gro­ße Aus­nah­me sein, einer jener Mann-beißt-Hund-Zwi­schen­fäl­le, die die Regel zugleich bestä­ti­gen und über­strah­len. Die signi­fi­kan­te Zunah­me von auf Glei­se „geschubs­ten“ Men­schen – die Wahr­heits- und Qua­li­täts­me­di­en schrei­ben immer „geschubst“ – hängt bekannt­lich mit jenen Will­kom­mens­exzes­sen zusam­men, gegen die sich gera­de die Rech­ten immer gewehrt haben. In der poli­zei­li­chen Sta­tis­tik gibt es eine Ten­denz, Straf­ta­ten von Migran­ten als „rechts­extre­mis­tisch“ zu rubri­zie­ren, wenn sich kein ande­res Motiv auf­trei­ben lässt, und natür­lich ist das poli­tisch gewollt. Zugleich will die Regie­rung Migran­ten schnel­ler und unkom­pli­zier­ter ein­bür­gern. Wenn dann ein Mos­lem einen Juden aufs Gleis schubst, kön­nen die Medi­en tri­um­phie­rend das anti­se­mi­ti­sche Hass­ver­bre­chen eines rechts­extre­men Deut­schen ver­mel­den, ohne mit all­zu kon­kre­ten Infor­ma­tio­nen zum Täter das „Nar­ra­tiv“ zu stö­ren. Wer sich anschlie­ßend im Netz in der­ben Wor­ten über die­sen tie­fen­ver­lo­ge­nen Eti­ket­ten­schwin­del echauf­fiert, dem kann es pas­sie­ren, dass die Poli­zei mor­gens in aller Herr­göt­tin­nen­frü­he bei ihm daheim vor­stel­lig wird. Und da behaup­ten Leu­te, es gebe kein Per­pe­tu­um mobile!

Wenn ich zurück­den­ke – ich habe ja nun auch schon 60 Jah­re auf dem all­mäh­lich sich run­den­den Buckel – , dann kann ich mich an kei­ne Peri­ode erin­nern, in der so oft von Hass und Het­ze gere­det bzw. dage­gen ange­pre­digt wur­de wie der­zeit. In der alten Bun­des­re­pu­blik sowie­so nicht. Doch auch in der DDR hör­te ich die­se Begrif­fe nicht vier­tel­so­oft wie heute.

Was es in Erichs des Ein­zi­gen Arbei­ter- und Bau­ern­pa­ra­dies gab, war die soge­nann­te „staats­feind­li­che Het­ze“, Nach­fol­ge­rin der in den 1950ern – also vor mei­ner Zeit – noch gebräuch­li­chen „Boy­kott­het­ze“. Im StGB der DDR, § 106, hieß es (ich zie­he den Inhalt etwas zusammen):

„Wer mit dem Ziel, die sozia­lis­ti­sche Staats- oder Gesell­schafts­ord­nung der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik zu schä­di­gen oder gegen sie auf­zu­wie­geln, die staatlichen,
poli­ti­schen, öko­no­mi­schen oder ande­ren gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik oder Reprä­sen­tan­ten oder die Tätig­keit staat­li­cher oder gesell­schaft­li­cher Orga­ne und Ein­rich­tun­gen dis­kri­mi­niert, wird mit Frei­heits­stra­fe von einem Jahr bis zu fünf Jah­ren bestraft.“

Ein Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot, damals schon! Sie durf­ten als DDR-Bür­ger die Genos­sen Miel­ke und Hon­ecker nicht mit staats­feind­li­cher Het­ze dis­kri­mi­nie­ren, bloß weil die Sie unter­drück­ten. Davon kön­nen heu­ti­ge Bun­des­mi­nis­ter nur träu­men – und wie wir wis­sen, tun sie das auch: Der aktu­el­le Ver­fas­sungs­schutz­be­richt lis­tet einen von Fae­ser und Hal­den­wang aus dem Gess­ler­hut gezau­ber­ten neu­en Delikt­be­reich namens: „Ver­fas­sungs­schutz­re­le­van­te Dele­gi­ti­mie­rung des Staates“.

In der „Ehe­ma­li­gen“ – man nennt sie die ehe­ma­li­ge DDR, um sie bes­ser von der zukünf­ti­gen unter­schei­den zu kön­nen – fiel prak­tisch jede Kri­tik an Par­tei und Regie­rung unter „staats­feind­li­che Het­ze“. Tau­sen­de gin­gen des­we­gen in den Knast. Aber ins­ge­samt war das nur eine klei­ne Min­der­heit, noch klei­ner als heu­te die Grup­pe der Quer­den­ker, wes­halb in pro­gres­si­ven Krei­sen bestrit­ten wird, dass die DDR ein Unrechts­staat war. Ob der­zeit jemand wegen Mei­nungs­de­lik­ten ein­sitzt bzw. wie vie­le, weiß ich nicht; ich ver­mu­te, dass über­wie­gend Bewäh­rungs- und Geld­stra­fen ver­hängt wer­den. Die Gerich­te dürf­ten öffent­lich­keits­wirk­sa­me Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit halb­wegs intel­li­gen­ten Leu­ten scheu­en, die sich einen guten Anwalt leis­ten kön­nen, weil jeder Jurist weiß, wel­che juris­ti­sche Moor­land­schaft er mit dem Gesin­nungs­straf­recht betritt; es wer­den wahr­schein­lich eher Hohl­bir­nen oder arme Würst­chen ange­klagt und abge­straft, damit man irgend­wel­che Erfol­ge vor­wei­sen und im Ein­schüch­te­rungs-Schlepp­netz noch ein paar Ängst­li­che mit­fan­gen kann. Ein Staat, der Haus­durch­su­chun­gen durch­führt, muss schließ­lich lie­fern, sonst wird er unglaubwürdig.

Der aktu­el­le § 130 Volks­ver­het­zung ist ein ähn­li­cher Gum­mi­pa­ra­graph wie der 106er im DDR-Straf­ge­setz­buch. Gum­mi­pa­ra­graph bedeu­tet, dass der Zeit­geist und eine ihm höri­ge, von ihm geform­te Rich­ter­ge­ne­ra­ti­on dar­aus sehr elas­ti­sche Stri­cke dre­hen kön­nen. Denn was genau unter „kol­lek­ti­ve Ver­ächt­lich­ma­chung“ fällt, bleibt einer erheb­li­chen Will­kür über­las­sen. Jede Inter­pre­ta­ti­on einer Sta­tis­tik über Migran­ten­kri­mi­na­li­tät balan­ciert am Ran­de der Ver­leum­dung. Also lässt man so etwas bes­ser – und das ist der Sinn der immer stär­ker poli­ti­sier­ten Jus­tiz hier­zu­lan­de. Was uns Leu­te wie Nan­cy Fae­ser oder auch der Bun­des­prä­si­dent zuru­fen, lau­tet: Hal­tet die Klap­pe! Wie Umfra­gen zum Stan­de der Mei­nungs­frei­heit zei­gen, wirkt die Dro­hung auch.

„Es ist leich­ter, mit dem Trin­ken auf­zu­hö­ren als mit dem Has­sen“, befand der Schrift­stel­ler Phil­ip Roth. Der Hass gehört zur mensch­li­chen Natur und ist unab­schaff­bar wie sei­ne Kehr­sei­te, die Lie­be. Die The­se, dass Hass in Gewalt umschlägt, ist nicht gesi­cher­ter als die Ver­mu­tung, dass arti­ku­lier­ter Hass Gewalt erset­zen kann. Solan­ge er sich nur ver­bal aus­tobt und dabei straf­recht­lich rele­van­te Sach­ver­hal­te nicht berührt, wird man mit ihm leben müssen.

Hass – die­ser Aspekt wird oft unter­schla­gen – rich­tet sich gemein­hin von unten nach oben. Wo er nicht gestillt wer­den kann und zum ohn­mäch­ti­gen Hass wird, sucht er sich Um- und Schleich­we­ge, also ein Ven­til, und mit den sozia­len Medi­en steht ihm heu­te ein recht kom­mo­des Ven­til zur Ver­fü­gung. Ein Gut­teil des soge­nann­ten Has­ses ist ohn­mäch­ti­ger Wider­spruch, der sich nicht anders zu arti­ku­lie­ren weiß.

Der Phi­lo­soph Aurel Kol­nai schrieb in sei­nem „Ver­such über den Haß”: „Man zieht nicht in die wei­te Welt, um Böse­wich­ter aus­fin­dig zu machen, die man mit Grund und mit Genuß wird has­sen kön­nen; man haßt nur das Böse, das irgend­wie an einen her­an­tritt, in den Lebens­kreis des Sub­jek­tes ein­dringt und dort womög­lich auch ‚Scha­den’ stiftet.”

Umge­kehrt wür­de ich den Böh­mer­män­nern und Hen­g­amehs bei ihren auf den ers­ten Blick so hass­erfüllt wir­ken­den Tira­den kei­nen wirk­li­chen Hass unter­stel­len. Sie wis­sen genau, dass sie nach unten kübeln – die­se Figu­ren wären viel zu fei­ge für den umge­kehr­ten Fall –; wahr­schein­lich wer­den sol­che Leu­te von einem Gefühls­ge­misch aus Wut über unbot­mä­ßi­ge Anders­mei­nen­de und simp­lem Sadis­mus ange­trie­ben, viel­leicht unter­legt mit einer Spur Selbst­hass aus Ein­sicht in den eige­nen pein­li­chen Opportunismus.

Freun­de der Het­ze und Con­nais­seu­re des Has­ses, ich bin am Ende mit mei­ner heu­ti­gen Betrach­tung. Ich darf nicht enden, ohne einen Klas­si­ker zu bemü­hen. „Es ist doch immer­hin Cha­rak­ter im Haß”, erklär­te Goe­the einer nicht ganz siche­ren Über­lie­fe­rung zufol­ge. Im „Divan” wur­de er deutlicher:

„Dann zuletzt ist unerläßlich,
Daß der Dich­ter man­ches hasse,
Was unleid­lich ist und häßlich
Nicht wie Schö­nes leben lasse.”

 

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