19. Januar 2024

Aus der Sicht unse­res Klei­nen Dok­tors wäre die Erfin­dung der Lehnitz­see­kon­fe­renz durch das Refe­rat Cor­rec­tiv eine aus­zeich­nungs­wür­di­ge Akti­on gewe­sen. Prak­tisch aus dem Nichts wur­de ein die gesam­te Öffent­lich­keit durch­zit­tern­der Skan­dal geschaf­fen. Und wie alle Medi­en mit­zo­gen, sogar noch schlim­me Details hin­zu­er­fan­den, die Öffent­lich-Recht­li­chen vor­ne­weg, wie auch die Kunst­sze­ne mobil mach­te und die Schau­spie­ler am Ber­li­ner Ensem­ble sich das letz­te ver­blie­be­ne Pein­lich­keits­emp­fin­den von der Lip­pe bis­sen! Gut, die haben alle­samt den Staat als Geld­ge­ber, die krie­chen stets durch weit offe­ne Türen, es war alles von lan­ger Hand vor­be­rei­tet und abge­spro­chen, aber wie die Fak­ten­er­fin­der und ihre zahl­rei­chen Echo­ge­ber die Gele­gen­heit genutzt haben, die schlag­zei­len­be­herr­schen­den Bau­ern­pro­tes­te durch eine crea­tio ex nihi­lo zu ver­drän­gen, der Maxi­me fol­gend, dass die Öffent­lich­keit immer nur einen Skan­dal ver­trägt und jeder neue den vor­he­ri­gen bei­sei­te schiebt, à la bon­ne heu­re! Es war ein Lehr­stück der Lüge­n­äther­an­rüh­rung – nie­mand habe am frag­li­chen Abend im Land­haus Adlon über Ver­trei­bun­gen oder Depor­ta­tio­nen gere­det, ver­si­cher­ten mir zwei Teil­neh­mer, denen ich ver­traue –, des­sen ein­zi­ger Zweck dar­in besteht, die Grün­ro­ten an der Macht zu hal­ten, indem der poli­ti­sche Kon­kur­rent geruf­mor­det und so als Koali­ti­ons­part­ner der Uni­on unmög­lich gemacht wird.

Im Ber­li­ner Ensem­ble hos­pi­tier­te ich zuletzt im Novem­ber 1989 einer Lesung aus dem Buch „Schwie­rig­kei­ten mit der Wahr­heit” von Wal­ter Jan­ka, eines „Reform­kom­mu­nis­ten” (ich muss immer lachen bei dem Begriff), den das Obers­te Gericht der DDR wegen „kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­rer Umtrie­be” und „Boy­kott­het­ze” 1957 zu fünf Jah­ren Zucht­haus mit ver­schärf­ter Ein­zel­haft ver­ur­teilt hat­te – es las übri­gens Ulrich Mühe. Sze­ni­sche Lesun­gen über das Wir­ken staat­lich bestell­ter Spit­zel und ihre Beob­ach­tungs­ob­jek­te gehö­ren seit­her gewis­ser­ma­ßen zum Reper­toire des Hau­ses, wobei heu­te bloß beruf­li­che und sozia­le Exis­ten­zen zer­stört wer­den und kaum jemand, sofern er kei­ne Arm­brüs­te gehor­tet hat, noch als poli­ti­scher Häft­ling in ver­träum­te Ein­zel­zel­len wan­dert. Im Gesin­nungs­exhi­bi­tio­nis­mus­wett­streit allein der Ost­ber­li­ner Thea­ter hat das BE mit der (Täter-)Volksbühne und dem Maxim-Gor­ki-Thea­ter eine bärin­nen­star­ke Kon­kur­renz, wes­halb die höchst­spon­ta­ne sze­ni­sche Dar­bie­tung der von Cor­rec­tiv über­wie­gend erfun­de­nen Pro­to­kol­le der Het­zer von Pots­dam ein Gebot der Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie unter den Bedin­gun­gen gene­rel­ler kul­tur­be­trieb­li­cher Links­grün­ver­sifft­heit war.

„Ich weiß gar nicht, womit man das ver­glei­chen könn­te. Selbst im pri­mi­tivs­ten NVA-Thea­ter habe ich sol­ches Zeug nicht gese­hen”, schrieb mir ein säch­si­scher Bekann­ter mit DDR-Exper­ti­se über den Auf­tritt der Zäpf­chen im BE. Er hat­te noch nicht der tags dar­auf im Bun­des­tag zele­brier­ten soge­nann­ten Debat­te zum sel­ben The­ma gelauscht, die ja nichts weni­ger als das war, son­dern ein­mal mehr ein cre­scen­die­ren­des kol­lek­ti­ves und sich gegen­sei­tig über­bie­ten­des Ein­heu­len auf die gemein­sa­me Ton­fre­quenz im rhe­to­ri­schen Kampf gegen die rech­te Oppo­si­ti­on, deren Exis­tenz nicht unbe­dingt die, aber „unse­re” Demo­kra­tie so sehr bedroht.

Am bemer­kens­wer­tes­ten an der gro­ßen Rede­schlacht, deren Wie­der­ho­lung ich gern bei Waf­fen­gleich­heit erleb­te, erschien mir, dass alle Spre­cher der Wehr­par­tei­en so taten, als sei das staat­lich ein­ge­fet­te­te Fak­ten­er­fin­der­kol­lek­tiv von Cor­rec­tiv eine seriö­se Infor­ma­ti­ons­quel­le. Uni­so­no plap­per­ten alle nach, was die Agit­prop-Com­bo ver­brei­tet hat­te, spe­zi­ell die Mär, man habe zu Pot­sam die „Depor­ta­ti­on von Mil­lio­nen Aus­län­dern” bera­ten, obwohl dafür nicht der kleins­te Beleg vorliegt.

(Bernd Zel­ler)

Zum Geheim­tref­fen am Lehnitz­see hat Ulrich Vos­ger­au ges­tern im Welt­wo­che-Inter­view alles Nöti­ge gesagt. Ich kann dem nichts hin­zu­fü­gen, son­dern fas­se nur die aus mei­ner Sicht rele­van­ten Aus­sa­gen zusam­men: Eine pri­va­te Zusam­men­kunft wird mit nach­rich­ten­dienst­li­chen Mit­teln, zumin­dest teil­fi­nan­ziert aus Steu­er­gel­dern, bespit­zelt; eine Pro­pa­gan­da­trup­pe, staat­lich zumin­dest teil­fi­nan­ziert, ver­brei­tet Lügen über den Inhalt eines dort gehal­te­nen Vor­trags zur Abschie­bungs­fra­ge, der sich tat­säch­lich unge­fähr auf jener poli­ti­schen Linie beweg­te, wie sie von der Regie­rung immer­hin im Koali­ti­ons­ver­trag ange­kün­digt und von Olaf Scholz vor kur­zem im Spie­gel-Gespräch bestä­tigt, wenn auch nicht im Ansatz rea­li­siert wor­den ist; die­se Lügen wer­den von den eta­blier­ten Medi­en und den Alt­par­tei­red­nern unge­prüft über­nom­men, und da drei AfD-Poli­ti­ker im Gäs­te­haus Adlon anwe­send waren, unter­stellt man nun der gesam­ten Oppo­si­ti­on im Bun­des­tag, sie ver­fol­ge die her­bei­ge­lo­ge­ne Absicht, Mil­lio­nen Aus­län­der mit Gewalt aus Deutsch­land zu depor­tie­ren, wes­halb sie vom Ver­fas­sungs­schutz über­wacht oder am bes­ten gleich ver­bo­ten wer­den müs­se. Denn dann stün­de, trotz des gewal­ti­gen Abschmie­rens der Grü­nen, einer künf­ti­gen schwarz-grü­nen Koali­ti­on, die von den Medi­en rasch in eine grün-schwar­ze ver­wan­delt wer­den wür­de, nichts mehr im Wege.

Und wie die Zivil­ge­sell­schaft nach­zog und über­all spon­ta­ne Kund­ge­bun­gen gegen „rechts” insze­nier­te, zum Bei­spiel in Pots­dam! – Oder mit 50.000 Demons­tran­ten in Ham­burg, wie eben die Tages­schau mel­det; vie­le Net­to­steu­er­zah­ler dürf­ten sich nicht dar­un­ter befun­den haben.

Damals han­del­te es sich womög­lich – wenn Sie mich fra­gen: wahr­schein­lich – um eine Fal­se-flag-Akti­on der Sta­si, die bra­ven Ossis gin­gen gegen ein Phan­tom auf die Stra­ße. Nichts ande­res läuft der­zeit. 50.000 Ham­bur­ger demons­trie­ren gegen eine fik­ti­ve Bedro­hung, erfun­den von einer Art Chi­mä­re aus schwar­zer Pro­pa­gan­da­ein­heit und Neostasi.

Ges­tern erreich­te mich eine Rund­mail der Ver­an­stal­te­rin des „Kon­ser­va­ti­ven Ape­ri­tifs” – ich ste­he auf dem Ver­tei­ler, weil ich dort auch ein­mal auf­ge­tre­ten bin und unter gro­ßem Hal­lo die Wie­der­ein­füh­rung der Skla­ve­rei und die Aus­hun­ge­rung von Stadt­be­zir­ken mit grü­ner Wäh­ler­mehr­heit gefor­dert habe –, in der sie mit­teilt, dass das geplan­te nächs­te Zusam­men­tref­fen nicht statt­fin­den kön­ne; bei der per Live­stream über­tra­ge­nen Kam­pa­gne im Ber­li­ner Ensem­ble sei­en Ter­min und Ort öffent­lich ver­kün­det wur­den, „um die Durch­füh­rung unse­res Tref­fens zunich­te zu machen. Obgleich ich mich in den letz­ten Tagen bereits um Sicher­heits­per­so­nal geküm­mert hat­te, führt die Offen­le­gung unse­res Ter­mins nun zu einer Situa­ti­on, in der weder ich, noch die Haus­her­ren des Land­hau­ses Adlon mit gutem Gewis­sen für die Sicher­heit der Ver­an­stal­tung ein­tre­ten können.”

Die­se Links­extre­mis­ten ver­hin­dern inzwi­schen also bereits pri­va­te Zusam­men­künf­te poli­tisch Anders­den­ken­der – mir ist kein ein­zi­ger umge­kehr­ter Fall bekannt. Ihnen? Das wird uns dann als Rechts­ruck ver­kauft. Die War­nung vor einem angeb­lich dro­hen­den Faschis­mus ist das kon­stan­te Begleit­ge­räusch bei der Errich­tung eines lin­ken Regimes.

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„Lie­ber Herr Klo­novs­ky, als jun­ger Poli­to­lo­ge habe ich mich län­ge­re Zeit mit nach­rich­ten­dienst­li­cher Des­in­for­ma­ti­on beschäf­tigt. Als ich die Correctiv-‚Recherche’ las, ist mir die ekla­tan­te Ähn­lich­keit die­ser Akti­on zu einer ‚covert action’ (‚akti­ve Maß­nah­me’ im KGB-Wort­ge­brauch) auf­ge­fal­len, die vor lan­ger Zeit vom tsche­chi­schen Geheim­dienst aus­ge­führt wor­den war, der sog. Ope­ra­ti­on Nep­tun (bit­te nicht ver­wech­seln mit dem gleich­na­mi­gen Täu­schungs­ma­nö­ver der Alli­ier­ten in WK2). Die­se Ope­ra­ti­on ist im Buch des Über­läu­fers Ladis­lav Bitt­man (‚Geheim­waf­fe D’) beschrie­ben, kommt aber auch in Watz­la­wicks ‚Wie wirk­lich ist die Wirk­lich­keit’ zur Spra­che (S. 139). Von daher soll­te sie recht bekannt sein. Zumin­dest eine Mit­ar­bei­te­rin von Cor­rec­tiv hat Psy­cho­lo­gie stu­diert und kennt höchst­wahr­schein­lich Watz­la­wick. Eine ande­re Mit­ar­bei­te­rin – Kim­ber­ly Nico­laus – hat sich laut Cor­rec­tiv-Web­sei­te mit ‚Emo­ti­on in der Des­in­for­ma­ti­on’ beschäf­tigt; Kennt­nis von Watzlawick/Bittman ist da mehr als wahrscheinlich.
Was sind, grob gesagt, die Par­al­le­len die­ser alten Ope­ra­ti­on der Tsche­chen und der Akti­on von Correctiv?
1. Man erlangt Kennt­nis von irgend­wel­chen Infor­ma­tio­nen, die, für sich allein genom­men, wenig spek­ta­ku­lär und von begrenz­tem Inter­es­se für die Öffent­lich­keit sind. Im Fal­le der Cer­ne Jeze­ro-Akti­on waren das alte Nazi-Unter­la­gen, bei Cor­rec­tiv war das Sell­ners Buch und die Nach­richt, dass er auf einer Zusam­men­kunft spre­chen wür­de, wo auch AfD-Leu­te anwe­send wären.
2. Nun muss der Stoff so ‚auf­be­rei­tet’ wer­den, dass man ihn als ‚Sen­sa­ti­on’ ver­kau­fen kann, um so die Vor­aus­set­zung für sei­ne poli­ti­sche Wir­kung zu schaf­fen. Im Fal­le der Tsche­chen war dies der insze­nier­te Fund der Nazi-Unter­la­gen in einem See, bei Cor­rec­tiv die ver­deck­te Lau­sch­ope­ra­ti­on bei einem ‚gehei­men’ Treffen.
3. Des wei­te­ren sorgt man dann unter­stüt­zend dafür, dass die Sen­sa­ti­ons­ge­schich­te mit Hil­fe von Tritt­brett­fah­rern wei­ter­ge­spon­nen wird und so ein Eigen­le­ben gewinnt. Die Tsche­chen nutz­ten dazu den Kon­takt zu öster­rei­chi­schen His­to­ri­kern und die deut­sche Links­pres­se, Cor­rec­tiv füt­tert damit ein Thea­ter­stück. Von den ÖR-Medi­en wer­den dann  eigen­stän­dig Aspek­te wie Haut­far­be und Eth­nie zu den Sell­ner-Aus­sa­gen dazugedichtet.
Ich hal­te die Ähn­lich­kei­ten im Vor­ge­hen für ins Auge sprin­gend. Es sieht so aus, als ob die Cor­rec­tiv-Leu­te die alte Akti­ve Maß­nah­me des tsche­chi­schen Diens­tes als Blue­print genom­men haben, um einen poli­ti­schen Wir­kungs­tref­fer zu erzielen.
Mit kon­spi­ra­ti­ven Grüßen,
Leser ***”

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Cor­rec­tiv brach­te es bekannt­lich auch fer­tig, das pri­va­te (= gehei­me) Tref­fen am Lehnitz­see rhe­to­risch mit der Wann­see­kon­fe­renz zu ver­lei­men. Die­sel­be Kli­en­tel, die eine sol­che Asso­zia­ti­on in die Öffent­lich­keit stemmt, regt sich dar­über auf, wenn der eine oder ande­re DDR-gestähl­te Zeit­ge­nos­se gewis­se Ver­glei­che zwi­schen der Cor­rec­tiv-Akti­on und Miel­kes Neu­gier auf „Das Leben der Ande­ren” zieht. Der Wann­see­kon­fe­renz­ver­gleich ist nicht nur wegen einer min­des­tens bas­tona­de­wür­di­gen Obs­zö­ni­tät fest­hal­tens­wert, son­dern auch unter dem Aspekt, dass die Ver­harm­lo­sung des Natio­nal­so­zia­lis­mus hier­zu­lan­de bekannt­lich als sozia­ler Äch­tungs­grund oder sogar als Straf­tat­be­stand gilt. Aber nur in eine Richtung.

Ein Bei­spiel. Der ehe­ma­li­ge AfD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Flo­ri­an Jäger ver­öf­fent­lich­te am 6. Dezem­ber 2021 ein Video bei You­Tube, in dem er unter ande­rem die Wor­te sprach: „Im Herbst 1938 ent­lud sich in der Pogrom­nacht ein soge­nann­ter Volks­zorn gegen Juden im Deut­schen Reich. (…) Aktu­ell wird nach bekann­tem Mus­ter ein Sün­den­bock für das kata­stro­pha­le Poli­tik­ver­sa­gen der Regie­ren­den gesucht und Söder hat ihn gefun­den. Es ist der ‚Unge­impf­te’.“ Im Video wird über­dies ein State­ment von Joe Biden („Mei­ne Geduld mit den Unge­impf­ten ist jetzt vor­bei”) einem Zitat von Joseph Goeb­bels gegen­über­ge­stellt  („Unse­re Geduld mit den Juden geht zu Ende”).

Zwei Wochen nach der Ver­öf­fent­li­chung, am 21. Dezem­ber, stand mor­gens die Poli­zei vor Jägers offen­bar aus dem bes­ten Deutsch­land aller Zei­ten her­aus­füh­ren­den Tür. Ein Spre­cher der Gene­ral­staats­an­walt­schaft bestä­tig­te spä­ter dem Jour­na­lis­ten Alex­an­der Wal­l­asch, „dass die von Ihnen ange­spro­che­ne Haus­durch­su­chung bei der von Ihnen genann­ten Per­son wegen des Tat­ver­dachts der Volks­ver­het­zung gemäß § 130 StGB statt­ge­fun­den hat. Das zugrun­de lie­gen­de Ermitt­lungs­ver­fah­ren wird vom Zen­tra­len Anti­se­mi­tis­mus­be­auf­trag­ten der Baye­ri­schen Jus­tiz, der bei der Zen­tral­stel­le zur Bekämp­fung von Extre­mis­mus und Ter­ro­ris­mus (ZET) bei der Gene­ral­staats­an­walt­schaft Mün­chen ange­sie­delt ist, geführt.“

Nein, lie­be Kin­der, in einem Rechts­staat wäre so etwas nicht mög­lich, weder das Ver­fah­ren wegen eines Mei­nungs­de­lik­tes noch eine Haus­durch­su­chung des­we­gen – was sol­len, neben­bei, die Beam­ten dort eigent­lich auf­stö­bern? Gesin­nungs­ar­se­na­le? Argu­men­ta­ti­ons­mu­ni­ti­on? Streng­ge­nom­men gäbe es auch den Para­gra­phen 130 in sei­ner inzwi­schen vor­lie­gen­den Form zwar in einer DDR 2.0., aber in einem Rechts­staat nicht.

Am 6. Juli 2022 ver­ur­teil­te das Amts­ge­richt Fürs­ten­feld­bruck Jäger gleich­wohl wegen Volks­ver­het­zung (eigent­lich: Täter­volks­ver­het­zung) zu 90 Tages­sät­zen à 60 Euro. Zur Begrün­dung hieß es: „Dem Ange­klag­ten war bewusst, dass der Inhalt des Vide­os sowie der hier­zu von ihm ver­fass­te Kom­men­tar geeig­net waren, die wäh­rend der Herr­schaft des Natio­nal­so­zia­lis­mus sys­te­ma­tisch durch­ge­führ­te Ver­fol­gung von Juden und deren kon­se­quen­te Tötung in den Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern zu ver­harm­lo­sen, indem der Ange­klag­te die­ses Vor­ge­hen und die­se Hand­lun­gen mit den Maß­nah­men und Äuße­rung gegen­über unge­impf­ten Per­so­nen vergleicht.”

Und: „Indem der Ange­klag­te die Ver­bre­chen, die im Rah­men der Reichs­po­grom­nacht began­gen wur­den, den Maß­nah­men und Äuße­run­gen gegen­über unge­impf­ten Per­so­nen gegen­über­stellt und hier­durch einen Zusam­men­hang her­stellt, ver­harm­lost und baga­tel­li­siert der Ange­klag­te die­se Verbrechen.”

Na gott­sei­dank hat er kei­nen Zusam­men­hang zwi­schen der Wann­see­kon­fe­renz und einem Tref­fen von Lau­ter­bach und dem Tier­arzt mit der STIKO hergestellt!

5400 Stei­ne, das ist zwar allen­falls das Sechs­tel einer Wär­me­pum­pe, aber der unbe­lehr­ba­re Mann ging trotz­dem in Beru­fung. Das Land­ge­richt Mün­chen II, 6. Straf­kam­mer, wies sie im August 2023 ab. Zur Begrün­dung ver­stieg sich das Gericht vor allem in die Kom­men­ta­re unter dem Video – es gab derer 530, neben 2954 Likes, und sie waren, wie das Gericht fest­stell­te, teil­wei­se zustim­mend, teil­wei­se ableh­nend (die Poin­te folgt noch). Frei­lich arbei­te­te die Münch­ner 6. Straf­kam­mer unge­fähr wie die isar­städ­ti­sche Gesin­nungs­pres­se, indem sie aus­schließ­lich sol­che Kom­men­ta­re in Jus­ti­ti­as Waag­scha­le leg­te, aus denen sich fol­gern ließ, dem Ange­klag­ten müs­se bewusst gewe­sen sein, „dass sein Video geeig­net war, den öffent­li­chen Frie­den zu stö­ren”. Mehr noch: „Es liegt auf der Hand und war auch dem Ange­klag­ten klar, dass Rezi­pi­en­ten des Vide­os dies als Auf­ruf zum Han­deln und schlimms­ten­falls sogar zur Bege­hung von Gewalt­ta­ten ver­ste­hen würden.”

Das Beru­fungs­ge­richt beschäf­tig­te sich eben­falls mit dem Pro­blem der Ver­harm­lo­sung und erklär­te: „Ein Ver­harm­lo­sen liegt auch in den Fäl­len vor, in denen die Ver­bre­chen gegen die Juden nicht negiert wer­den, son­dern mit der gegen­wär­ti­gen (oder eige­nen) Situa­ti­on ver­gli­chen wer­den, um die gegen­wär­ti­gen poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen zu kri­ti­sie­ren.” Da der Ange­klag­te sich damit ver­tei­dig­te, er habe kei­nes­wegs die Ermor­dung der Juden ver­harm­lo­sen, son­dern auf men­schen­ver­ach­ten­de Pro­pa­gan­da­mus­ter hin­wei­sen wol­len, beschie­den die Rich­ter, dies sei „unter Berück­sich­ti­gung der Begleit­um­stän­de nicht der allei­ni­ge Inhalt des Videos”.

Man muss theo­re­tisch also nur zehn Kom­men­ta­to­ren in die Spur schi­cken, die unter Ali­as­na­men bekun­den, es rei­che jetzt, die Regie­rung gehe zu weit, nun müs­se gehan­delt wer­den, und schon steht die Poli­zei vor der Tür und der Video­ver­brei­ter spä­ter vor Gericht – oder inter­pre­tie­re ich da etwas falsch?

Aber es gibt noch die ange­kün­dig­te Poin­te bezie­hungs­wei­se Rich­ter in Mün­chen. (Ich sage noch, da es für einen Para­dig­men­wech­sel exakt einer Juris­ten­ge­ne­ra­ti­on bedarf, dann kön­nen wir ohne gro­ße Ände­run­gen im GG und im StGB wie­der DDR oder schon Gre­at reset oder sonst­was spie­len, und alle wer­den mit­ma­chen; die Juris­pru­denz ist so wenig eine exak­te Wis­sen­schaft wie die Phi­lo­so­phie oder die Geschichts­schrei­bung und folgt wie die­se dem Zeit­geist.) Mit einem ein­stim­mi­gen Beschluss hob der 7. Straf­se­nat des Baye­ri­schen Obers­ten Land­ge­rich­tes am 15. Janu­ar 2024 die Urtei­le des Amts­ge­richts Fürstenfeldbruck und des Land­ge­richts München II auf. Der Ange­klag­te wur­de frei­ge­spro­chen, die Kos­ten des Ver­fah­rens und die dem Ange­klag­ten ent­stan­de­nen Aus­la­gen hat die Staats­kas­se zu tragen.

Das Obers­te Land­ge­richt beschei­nig­te den Volks­ver­het­zungs­de­tek­to­ren eine „rechts­feh­ler­haf­te” Aus­le­gung, über­dies hät­ten die Kol­le­gen „die Reich­wei­te des Art. 5 Abs. 1 GG in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se ver­kannt. Der Sinn­ge­halt der inkri­mi­nier­ten Äuße­rung des Ange­klag­ten ist – anders als das Land­ge­richt meint – kei­nes­wegs zwin­gend dahin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Umgang mit Unge­impf­ten ver­gleich­bar sei mit den Maß­nah­men, denen die jüdische Bevöl­ke­rung in Deutsch­land bereits bei den Novem­ber­po­gro­men 1938 aus­ge­setzt war; eine der­ar­ti­ge Aus­sa­ge würde den Tat­be­stand des § 130 Abs. 3 StGB aller­dings grund­sätz­lich erfüllen (…). Es liegt nach dem Gesamt­zu­sam­men­hang des Bei­tra­ges viel­mehr min­des­tens genau­so nahe, dass der Ange­klag­te damit zum Aus­druck brin­gen woll­te, dass von der Poli­tik immer ein­fa­che und popu­lis­ti­sche Lösun­gen und ‚Sündenböcke’ gesucht würden, und dass das 1938 die Juden und heu­te die Unge­impf­ten sei­en. Dafür spricht bereits, dass der Ange­klag­te die Ver­fol­gung der Juden nicht negiert oder rela­ti­viert, son­dern dar­auf ver­weist, dass die Juden an der dama­li­gen wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on im Reich genau­so wenig schuld gewe­sen sei­en wie die Unge­impf­ten an der Pan­de­mie. Die Poli­tik sei viel­mehr damals wie heu­te auf der Suche nach Schul­di­gen, gegen die sich der Volks­zorn rich­ten sol­le. In die­ser letzt­ge­nann­ten Deu­tung wäre die Äuße­rung des Ange­klag­ten offen­sicht­lich vom Schutz­be­reich des Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.”

Die­se mög­li­che Aus­le­gung habe das Land­ge­richt zwar erkannt, aber ohne nähe­re Begründung ver­wor­fen und dabei ins­be­son­de­re auf Kom­men­ta­re unter dem Bei­trag des Ange­klag­ten ver­wie­sen, die sei­ne Äuße­run­gen im Sin­ne der Aus­le­gung des Land­ge­richts ver­stan­den hät­ten. Da es aber auch anders­lau­ten­de Kom­men­ta­re gab, wie die Kam­mer selbst ange­merkt hat­te, sei damit bewie­sen, dass man das Video auch im Sin­ne des Ange­klag­ten ver­ste­hen konnte.

Um sol­che libe­ra­len – im Sin­ne der Libe­ra­li­tät, nicht des Libe­ra­lis­mus – und wei­sen Ent­schei­dun­gen künf­tig aus­zu­schlie­ßen, muss wohl das Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz dahin­ge­hend ver­schärft wer­den, dass die Platt­form­be­trei­ber fehl­deut­ba­re Kom­men­ta­re sofort löschen müssen.

Der Süd­deut­sche Beob­ach­ter ist jeden­falls sau­er über die­sen Sieg der Meinungsfreiheit.

Die Holo­caust-Ver­harm­lo­sung durch Wann­see­kon­fe­renz­ver­glei­che, wie sie die Pro­pa­gan­dis­ten von Cor­rec­tiv in tau­sen­de arg­lo­se Hir­ne pflanz­ten, hat die süd­deut­sche Regio­nal­ga­zet­te mei­nes Wis­sens nicht mora­lisch verurteilt.

***

Apro­pos unstatt­haf­te DDR-Vergleiche.

Hören Sie sich die­se Wor­te der Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin an. Das schreit nicht nur nach dem Ver­gleich, das ten­diert in Rich­tung Nachfolge.

Und der noch.

– Aber wir kämp­fen doch gegen den Faschismus!
– Ja, das haben wir doch auch getan!

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Zur Remi­gra­ti­on.

Leser *** sen­det mir einen Arti­kel aus dem Badi­schen Tag­blatt und schreibt dazu: „Gam­bier, 2014 ille­gal ein­ge­reist, aus­ge­wie­sen, wie­der ein­ge­reist, kurz in U‑Haft, danach ein­ein­halb Jah­re Haft wg. schwe­rer Kör­per­ver­let­zung (mit Mes­ser) und noch­mals knapp 2 1/2 Jah­re wg. Dro­gen­han­dels. Nach 1 Jahr drau­ßen (war­um nicht danach abge­scho­ben??) die bes­tia­li­sche Ver­ge­wal­ti­gung… Wer hat das zuge­las­sen? Und war­um sind Gesprächs­tref­fen über Remi­gra­ti­on sol­cher Gestal­ten grundgesetzwidrig?!”

Dazu pas­send:

Bei Cor­rec­tiv, den Grü­nen, im BE und an der Ham­bur­ger Relo­ti­us­spit­ze heißt das aber depor­tie­ren!

Allons enfants de la patrie!

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Zur aktu­el­len Wetterlage.

„Bei ver­schie­de­nen deut­schen Fern­seh- und Hör­funk­sen­dern ist Mojib Latif häu­fig zu Gast im Stu­dio als Exper­te zum The­ma glo­ba­le Erwär­mung (‚Kli­ma­wan­del’). Für sei­ne For­schungs­ar­beit und die Fähig­keit zur Ver­mitt­lung der Wis­sen­schaft in der Öffent­lich­keit erhielt er 2015 den Deut­schen Umwelt­preis der Deut­schen Bun­des­stif­tung Umwelt. Er sei ein Wis­sen­schaft­ler, ‚der Wis­sen schaf­fe, der die­ses Wis­sen aber auch in die Brei­te ver­mitt­le’. (…) Am 19. Novem­ber 2021 wur­de Mojib Latif zum neu­en Prä­si­den­ten der Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten in Ham­burg gewählt.”
(Quel­le: Zeitgeistschrottsammelstelle)

Die Kli­ma­ka­ta­stro­phi­ker lei­den wahr­schein­lich am meis­ten unter der Kür­ze des Men­schen­le­bens. Wäh­rend poli­ti­sche Apo­ka­lyp­ti­ker hin und wie­der noch erle­ben dür­fen, wie zutref­fend ihre Pro­gno­sen waren, ster­ben die Kli­maora­kler weg, bevor sie auch nur den Hauch einer grund­le­gen­den Ver­än­de­rung beob­ach­ten können.

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Eine Anmer­kung pro domo. Im aktu­el­len Heft von Tichys Ein­blick bin ich der­je­ni­ge, der den Fra­ge­bo­gen beant­wor­tet. Bedau­er­li­cher­wei­se hat jemand in der Redak­ti­on Hand an eini­ge Ant­wor­ten gelegt, sicher­lich mit guten Absich­ten, aber wie das so ist, nut­zen manch­mal selbst die bes­ten nichts. (Es sei denn, man ist Mus­lim; der zwei­te Kalif Umar hat einem Hadith zufol­ge über das Jüngs­te Gericht gesagt: „Die Hand­lun­gen wer­den nach den Absich­ten beur­teilt. Jedem Mann wird zuteil, was er beab­sich­tigt hat.“) Die erwähn­ten Ände­run­gen fal­len, mit einer Aus­nah­me, nie­man­dem außer mir auf – ich wür­de bei Ver­meer oder Cho­pin nie den Vor­na­men mit­schrei­ben, und bei Tschechows Tsche­but­y­kin nicht oben­drein noch den Vaters­na­men; ich sage „bei Tische” und nicht „bei Tisch” („Vor Tische las man’s anders”) und fra­ge mich, was einen Men­schen rei­tet, die­ses e weg­zu­strei­chen –, doch die besag­te Aus­nah­me möch­te ich hier rich­tig­stel­len, weil sie unter Sach­kun­di­gen den Ein­druck erwe­cken könn­te, dass ich nicht weiß, wor­um es eigent­lich geht. Es han­delt sich um die­se Antwort:

Ich hat­te geschrie­ben: Mal­lo­ry. Den Namen sei­nes Beglei­ters setz­te der oder die wohl­mei­nen­de Redakteur(in) dazu. Immer­hin stie­gen bei­de ja gemein­sam los an jenem 8. Juni 1924 – und kehr­ten nie zurück. Seit­dem dis­ku­tie­ren Alpi­nis­ten, ob Mal­lo­ry auf dem Gip­fel war, und zwar nur er. Irvi­ne traut das nie­mand zu. Wäh­rend Irvi­ne ein eher uner­fah­re­ner Berg­stei­ger war, stand Mal­lo­ry im Ruf, der bes­te Klet­te­rer sei­ner Zeit zu sein. Die bei­den wähl­ten den Auf­stieg über Nord­ost­grat – die ers­te doku­men­tier­te Bezwin­gung des höchs­ten Ber­ges der Erde durch Edmund Hil­la­ry und Ten­zing Nor­gay erfolg­te anno 1953 über den weni­ger schwie­ri­gen Süd­ost­grat –, und auf die­sem Weg lie­gen, durch­weg bereits in der Todes­zo­ne, drei Fels­stu­fen. Die zwei­te davon ist der soge­nann­te Second Step.

Die­se Wand wäre für sport­li­che Klet­te­rer im Elb­sand­stein­ge­bir­ge oder in den Dolo­mi­ten kei­ne Hür­de, aber der Second Step liegt auf 8.610 Metern Höhe, was wegen der extre­men Tem­pe­ra­tu­ren allein beklei­dungs­tech­nisch zu erheb­li­chen Bewe­gungs­ein­schrän­kun­gen führt, von der dün­nen Luft ganz abge­se­hen; Mal­lo­ry und Iri­vi­ne schlepp­ten des­halb noch schwe­re Sau­er­stoff­fla­schen auf Tra­ge­ge­stel­len mit. Die Lei­ter, die Sie auf dem Pho­to sehen, steht dort übri­gens erst seit 1975.

Was 50 Jah­re zuvor an die­ser Stel­le geschah, wis­sen wir nicht. Womög­lich war Irvi­ne an irgend­ei­ner Stel­le zurück­ge­blie­ben und Mal­lo­ry allein wei­ter­ge­stie­gen. Man ist heu­te gemein­hin der Ansicht, dass er den Second Step unter den dama­li­gen Vor­aus­set­zun­gen nicht über­win­den konn­te und umkeh­ren muss­te. Als splee­ni­ger Bri­te hat­te es sich Mal­lo­ry aller­dings in den Kopf gesetzt, unbe­dingt den höchs­ten aller Gip­fel zu bezwin­gen – „Becau­se it’s the­re”, ant­wor­te­te er ein­mal auf die Fra­ge, war­um –, und er gehör­te einem Schlag von Klet­te­rern an, denen das Hin­auf­kom­men wich­ti­ger als die Rück­kehr sein konnte.

Geor­ge Mal­lo­ry trug stets ein Foto sei­ner Frau Ruth am Kör­per. Er hat­te ihr ver­spro­chen, dass er es auf dem Gip­fel des Ever­est able­gen wer­de. 1999 fan­den Alpi­nis­ten 700 Meter unter­halb des Gip­fels sei­nen Leich­nam – der von Irvi­ne ist bis heu­te ver­schol­len –, mit der Vor­der­sei­te nach unten lie­gend und sehr gut erhal­ten. In sei­ner Brust­ta­sche trug der Tote einen Brief von Ruth, aber das Bild war nicht mehr da …

 

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