5. Oktober 2023

Es gibt kei­nes­wegs nur zwei Geschlechter.
Son­dern immerhin.

Ohne die Zwei­ge­schlecht­lich­keit – den soge­nann­ten Dimor­phis­mus – hät­te sich, dies da capo geflö­tet und getrom­melt, das mensch­li­che Gehirn nie­mals so weit ent­wi­ckeln kön­nen, dass es sogar Theo­rien wie jene zu ersin­nen ver­moch­te, die Geschlech­ter sei­en ein sozia­les Konstrukt.

***

Gecan­celt zu wer­den, ist kein zwin­gen­der Beweis dafür, dass man die Wahr­heit sagt. Aber nicht gecan­celt zu wer­den ist ein Beweis, dass man nicht die gan­ze Wahr­heit ausspricht.

***

Die Oppo­si­ti­on soll­te im Bun­des­tag ein Ver­brau­cher­schutz-Gesetz ein­brin­gen, das den Ban­ken eine Begrün­dungs­pflicht bei Kon­ten­kün­di­gun­gen auferlegt.

Ich möch­te gern die roten und grü­nen Reden dage­gen hören.

***

Und wenn sie sich auf die Teu­fels­in­seln ver­fügt bzw. geflüch­tet hät­te, die Lum­pen­pres­se hät­te einen „Urlaub” dar­aus gemacht.

The­mis­to­kles mach­te Urlaub in Per­si­en, Ovid mach­te Urlaub in Daki­en, Aver­roes mach­te Urlaub in Luce­na, Dan­te mach­te Urlaub in Vero­na und Tre­vi­so, Cha­teau­bri­and und spä­ter Marx urlaub­ten in Lon­don, de Maist­re stan­des­ge­mäß in Lau­sanne, Vene­dig und St. Peters­burg. Lud­wig der XVIII., die­ser mobi­le Schlem­mer, mach­te Urlaub in Koblenz, Hamm, Turin, Blan­ken­burg, Mit­au und Ayl­es­bu­ry, Hei­ne in Paris, und unser vor­erst letz­ter Kai­ser im Haus Doorn, Utrecht­se Heuvelrug.

Nicht zu ver­ges­sen die zahl­rei­chen an Leib und Leben bedroh­ten Syrer, Afgha­nen, Ira­ner, Ukrai­ner, Schwert­tän­zer und Klin­go­nen, die der­zeit in ’schland Urlaub machen.

Ande­re hät­ten es viel­leicht tun sollen.

Der Bub hat­te vor­her gepos­tet, die AfD-Front­frau habe ihren Wahl­kampf­auf­tritt nicht wegen der Bedro­hungs­la­ge abge­sagt, son­dern weil sie Urlaub mache.

Hät­te Gevat­ter Chrup­al­la viel­leicht auch tun sollen.

Apro­pos Ovid:

Peter Hacks nahm an einer Unter­hal­tung teil, in der dar­über gespro­chen wur­de, ob das Exil der Kunst dien­lich sei. „Als man die gro­ßen Ver­bann­ten durch­ging, über­zeug­te man sich: Marx hat­te das ‚Kapi­tal’, Hei­ne das ‚Win­ter­mär­chen’, Tho­mas Mann ‚Dok­tor Faus­tus’, Lion Feucht­wan­ger ‚Die Füch­se im Wein­berg’ und Brecht ‚Mut­ter Cou­ra­ge’ im Exil geschrie­ben. Nur bei Ovid stimm­te die The­se nicht, sei­ne schöp­fe­ri­sche Kraft hat­te im Exil nach­ge­las­sen. Man stell­te Ver­mu­tun­gen über die Grün­de an.

Hacks mein­te: ‚Er ist wirk­lich die Aus­nah­me, aber 20 Jah­re Rumä­ni­en, das hält kei­ner aus.’ ”

(Aus: „Gott hält viel aus. Zwei­hun­dert Anek­do­ten über Peter Hacks”)

***

Die Vor­ste­he­rin des Bör­sen­ver­eins des Deut­schen Buch­han­dels, Karin Schmidt-Fri­de­richs, fin­det, dass Zen­sur ledig­lich „ein Ange­bot, kein Dog­ma” sei. Damit wider­spricht sie ihrem indi­rek­ten Amts­vor­gän­ger Klaus Höp­cke (Ori­gi­nal-SED). Jeder Ver­lag ent­schei­de das für sich selbst, sag­te sie der Osna­brü­cker Zei­tung. “Genau­so wie der eine gen­dert, der nächs­te nicht.”

Nann­te ich das „Sen­si­ti­vi­ty Rea­ding” Zen­sur? Na wie denn sonst! Es han­delt sich um einen Ein­griff in die Autoren­au­to­no­mie, sogar rück­wir­kend in die Wer­ke der Toten, und das ist Zen­sur. Die neu­en, dies­mal woken Zen­so­ren über­prü­fen lite­ra­ri­sche Tex­te auf „sexis­ti­sche oder ras­sis­ti­sche Ste­reo­ty­pe”; wenn sie fün­dig wer­den, dann strei­chen sie oder erset­zen alte schlim­me „Ste­reo­ty­pe” durch neue stu­ben­rei­ne und meis­tens ste­ri­le (ich habe einen exem­pla­ri­schen Fall hier geschil­dert; ein biss­chen scrol­len). Die lite­ra­ri­sche Qua­li­tät sinkt dadurch so ver­läss­lich wie kon­ti­nu­ier­lich. Klas­si­sche Wer­ke erhal­ten Kom­men­ta­re, prak­tisch Warn­hin­wei­se, sie wer­den „ein­ge­ord­net”, denn in den Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten tum­melt sich heu­te – angeb­lich – eine intel­lek­tu­ell betreu­ungs­be­dürf­ti­ge Gene­ra­ti­on von hoch­emo­tio­na­len Halba­n­alpha­be­ten, die nicht wis­sen, dass frü­her frü­her war und man über vie­le Din­ge anders dach­te als sie selbst, so wie die nächs­te Gene­ra­ti­on über die momen­ta­ne anders den­ken wird, als die­se Schnee­flöck­chen auch nur, sofern über­haupt, ahnen.

„Sen­si­ti­ve Rea­ding” ist das Ende des frei­en Autoren­tums, nicht allein eine Zen­sur der vor­lie­gen­den Tex­te, son­dern zudem ein Ein­griff in jede künf­ti­ge The­men­wahl, denn von allen Gegen­stän­den, Pro­blem­la­gen, Cha­rak­te­ren, Hand­lungs­ver­läu­fen, die als „ras­sis­tisch” oder „sexis­tisch” gela­belt wer­den könn­ten, wer­den die meis­ten Autoren ihre Fin­ger las­sen. Alle Ver­la­ge, die bei die­sem kol­lek­ti­ven Geß­ler­hut­grü­ßen noch nicht mit­tun, wer­den sich ste­tig unter Druck gesetzt sehen, bis sie nach­ge­ben und sich der Her­de anschlie­ßen, um ihre Ruhe zu haben. Wer sich als Autor sträubt, tut das nur ein­mal. Der Ober­zen­sor ist immer die Angst.

„Wohin das Gan­ze führt, man mag es sich nicht aus­ma­len”, schreibt Leser ***, Lek­tor im Ruhe­stand. „Wenigs­tens gibt es noch eini­ge Ver­la­ge, die sich dem Ver­ein nicht ange­schlos­sen oder ihn recht­zei­tig ver­las­sen haben. Die Reak­tio­nen (oder auch Nicht-Reak­tio­nen) der Mit­glie­der wer­den zei­gen, wohin es mit dem Ver­lags­we­sen gekom­men ist. Neu ist das alles ja nicht mehr. Spä­tes­tens nach dem all­ge­mei­nen Beschwei­gen des Van­da­lis­mus gegen den Manu­scrip­tum-Stand 2017 hät­ten alle Alarm­glo­cken schril­len müs­sen. Viel­leicht spie­gelt das fol­gen­de Disti­chon, von dem Sie nach Gut­dün­ken gern Gebrauch machen kön­nen, etwas von der Situation:

Einst­mals waren Zen­so­ren vom Staat aus­ge­hal­te­ne Büt­tel. / Ver­la­ge set­zen sie heut sel­ber in Lohn und Brot.”

Ich weiß gar nicht, was die Maid will, der Geist der 68er herrscht doch. Das Can­celn von Falsch­mei­nern unter den Proffs war damals fast so gebräuch­lich wie heu­te. Es ist erstaun­lich, dass man vie­len Leu­ten im Namen des nächs­ten lin­ken Blöd­sinns immer wie­der ein­re­den kann, ihre Frei­hei­ten aufzugeben.

„Die Frei­heit des Buch­drucks ist die ers­te For­de­rung der ent­ste­hen­den und das ers­te Opfer der rei­fen Demokratie.”
Don Nicolás

PS: Lese­rin *** sen­det mir einen Link, unter wel­chem „anschau­li­che Bei­spie­le der Ver­schlimm­bes­se­rung von Roald Dah­ls wun­der­ba­ren Kin­der­bü­chern” durch Sen­si­ti­ve Cen­sor­ship zu fin­den sind.

„Vor­sicht – es tut weh! Wir ler­nen, Fein­füh­lig­keit bedeu­tet heutzutage:
– Bei der Beschrei­bung jeder erdenk­li­chen kör­per­li­chen Beein­träch­ti­gung muss durch ver­ba­le Gra­tis­so­li­da­ri­tät sicher­ge­stellt sein, dass Ernied­rig­te & Belei­dig­te in unse­rer all-inclu­si­ve-Welt nicht mehr vorkommen.
– Beru­fe wie Sekre­tä­rin oder Super­markt­kas­sie­re­rin sind abso­lu­tes Loser-Level, und man soll­te Frau­en in schrift­stel­le­ri­schen Wer­ken kei­nes­falls mit ihnen in Ver­bin­dung brin­gen, wenn man sich nicht miso­gy­nen und anti­fe­mi­nis­ti­schen Gedan­ken­guts ver­däch­ti­gen las­sen will (zum The­ma ‚top sci­en­tists’ will ich mich jetzt nicht wei­ter äußern).
– Die Klas­si­ker kön­nen auf den Schrott, die kennt eh kei­ner mehr.  Und die Grat­wan­de­rung zwi­schen den Steil­hän­gen ‚Diver­si­ty’ und ‚Neo­ko­lo­nia­lis­mus’ ver­langt dem sen­si­ti­ve re-wri­ter so eini­ge Ver­ren­kun­gen ab.

Ich habe mich daher mit anti­qua­ri­schen Exem­pla­ren von ‚Matil­da’, ‚Sophie­chen und der Rie­se’, ‚Hexen hexen’ etc. ein­ge­deckt, um auch der nach­kom­men­den Gene­ra­ti­on die Freu­den der poli­tisch inkor­rek­ten Lek­tü­re nahe­brin­gen zu können.”

***

„Lie­ber Herr Klo­novs­ky, fin­den Sie nicht auch, dass im Foto der Bun­des­re­gie­rungs­coro­na das Ban­ner des Regen­bo­gens und das der Ukrai­ne fehlen?
Mich hat das sehr unan­ge­nehm berührt, regel­recht ange­fasst, ich füh­le mich von die­sen Per­so­nen des­halb nicht ver­tre­ten, no way!
Nach­denk­lich grüßt in’s Land der unter­ge­hen­den CSU (in vier Tagen ist Besche­rung) Ihr
Leser ***
P.S.: Anbei noch ein Aus­zug vom Inter­net­auf­tritt des ‚ZDF’ (‚Zwangs­fi­nan­zier­tes diver­ses Fernsehen’).
Fin­den Sie nicht auch, dass die Aus­wahl der abge­bil­de­ten Per­so­nen mit zwei Weiß­bro­ten gänz­lich unaus­ge­wo­gen ist? Nix POC, kei­ne Geflüch­te­ten? Da lie­ße sich, bei bes­se­rer Motiv­wahl, so viel machen, ein Fol­low-Up könn­ten hei­ßen ‚Vom Geflüch­te­ten zum Gekleb­ten’ oder so.”
Bernd Zel­ler
War schneller:
„Lie­ber Herr Klo­novs­ky, die letz­te Fra­ge für heu­te: Was sagen Sie als poten­ti­el­le Frau (m/w/d/etc./pp) dazu, wenn akti­ve Kom­mu­nis­ten, deren Par­tei einst für die Begren­zung von Aus­wan­de­rung via Schieß­be­fehl stand, ande­re akti­ve Kom­mu­nis­ten wie den Bun­des­prä­si­den­ten­dar­stel­ler für des­sen pla­ka­ti­ve Popu­lis­men kri­ti­sie­ren, vor­geb­lich Migra­ti­on begren­zen zu wollen?”
***
Ein Post von Elon Musk, dem neu­en Haupt­feind des lin­ken Flü­gels der Menschheit.

Der arge Schelm mit dem ganz unver­gleich­lich dicken Porte­mon­naie ver­brei­tet näm­lich – und zwar kei­nes­wegs nur zur Mut­ter aller Pan­de­mien –, na was schon:

Zitat: „Musk hat am Frei­tag­nach­mit­tag auf X, ehe­mals Twit­ter, einen Post eines Accounts ver­brei­tet, der die Rol­le von deut­schen See­not­ret­tern im Mit­tel­meer kri­ti­siert. ‚Der­zeit sind acht deut­sche NGO-Schif­fe im Mit­tel­meer unter­wegs, um ille­ga­le Ein­wan­de­rer ein­zu­sam­meln, die in Ita­li­en aus­ge­la­den wer­den sol­len’, heißt es in dem Post. ‚Die­se NGOs wer­den von der deut­schen Regie­rung sub­ven­tio­niert. Hof­fen wir, dass die AfD die Wah­len gewinnt, um die­sen euro­päi­schen Selbst­mord zu stop­pen.’ Elon Musk fragt: ‚Ist das der deut­schen Öffent­lich­keit bewusst?’ ”

Bekannt, aber nicht bewusst, denn wenn es ihr bewusst wäre, befän­den wir uns ja mit­ten in den Ver­schwö­rungs­my­then, ‑erzäh­lun­gen und ‑nar­ra­ti­ven.

Der Spie­gel wei­ter: „Das Aus­wär­ti­ge Amt von Außen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock (Grü­ne) reagier­te am Nach­mit­tag auf den Post. ‚Ja, das nennt man Leben ret­ten’, schrieb die deut­sche Behör­de auf Englisch.”

Nehmt das, Verschwörungsmythologen!

Dabei ver­hält es sich eigent­lich ganz sim­pel: See­not­ret­ter ist, wer die Migran­ten an die afri­ka­ni­sche Küs­te bringt; Schlep­per ist, wer sie an die euro­päi­sche schifft.

Ver­schwö­rungs­my­then, so weit das Auge blickt.

Und das noch!

Auch Nius hat zu die­sem The­ma etwas mitzuteilen:

KGE kann also gar nicht so unhel­le sein, wie ich einst mut­maß­te, sie betreibt eben ihr Geschäft, indem sie sich dumm stellt, was ja schon wie­der ziem­lich gescheit ist. Man soll nicht so schnell an sei­nen Mit­men­schen zwei­feln. Eher verzweifeln.

Wie man jeman­den nennt, der an einer Sache betei­ligt ist, die „was von Inva­si­on hat” bzw. eine ist? Zu Risi­ken und Neben­wir­kun­gen einer ehr­li­chen Ant­wort fra­gen Sie Ihren Anwalt oder Arno Breker.

Oder Tim Kellner.

(Mehr dazu hier.)

Hin­ter­grund ist die mehr oder weni­ger klan­des­ti­ne Erwei­te­rung des bis­lang auf die Per­son des Bun­des­prä­si­den­ten beschränk­ten Tat­be­stands der Majes­täts­be­lei­di­gung, genau­er: das im April eta­blier­te neue „Gesetz zur bes­se­ren Bekämp­fung des Rechts­extre­mis­mus und der Hass­kri­mi­na­li­tät”, nomen est omen.

Der spe­zi­ell die Bewoh­ner der „Ehe­ma­li­gen” hei­mat­lich anwe­hen­de Para­graph 188 StGB wur­de um das Delikt der Belei­di­gung erwei­tert, wobei es hier aus­schließ­lich um „im poli­ti­schen Leben des Vol­kes ste­hen­de Person(en)” geht und das poli­ti­sche Leben des Vol­kes „bis zur kom­mu­na­len Ebe­ne” reicht. Die besag­te Belei­di­gung muss öffent­lich und aus Beweg­grün­den began­gen wer­den, „die mit der Stel­lung des Belei­dig­ten im öffent­li­chen Leben zusam­men­hän­gen”, und über­dies „geeig­net” sein, „sein öffent­li­ches Wir­ken erheb­lich zu erschwe­ren”. Dann sind für ech­te Schmäh-Talen­te bis zu drei Jah­re Frei­heits­stra­fe drin. Was eine Belei­di­gung ist, lässt sich juris­tisch nicht wirk­lich fas­sen, wes­halb es sich emp­fiehlt, die Klap­pe zu hal­ten und sein Grund­recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung nicht über­mä­ßig zu strapazieren.

Schlank ist die Ricar­da, gescheit uns­re Kat­rin, geni­al Annalena:
Hüte die Zun­ge, Läs­t’­rer, Jus­ti­tia stopft dir das Maul!

***

Und noch ein Ver­schwö­rungs­my­thos vom Elon.

Das ist aber der bzw. das Letz­te für heute.

***

Von der ande­ren Sei­te des gro­ßen Teichs betrach­tet, sieht die Migra­ti­ons­ka­ta­stro­phe übri­gens so aus.

Auch dort: Fra­gen über Fragen.

***

Man soll­te mal die­sen fünf­zehn­jäh­ri­gen deut­schen Buben im angeb­lich so aus­län­der­feind­li­chen Sach­sen fra­gen, was er von den offe­nen Gren­zen und Mit­tel­meer­schlep­pern hält.

Drei Migran­ten gegen einen Blon­den: die Nor­mal­ver­tei­lung der Zukunft. Haupt­tä­ter übri­gens ein „ein­schlä­gig u. a. wegen Kör­per­ver­let­zung vor­be­straf­ter 14-jäh­ri­ger Ira­ker”. Die Poli­zei führ­te eine „Gefähr­der­an­spra­che” durch. Jetzt kön­nen alle wie­der ruhig schla­fen, spe­zi­ell die grü­nen Gau­ner, bei denen eine Gefähr­der­an­spra­che wohl ange­zeig­ter wäre.

Die Kin­der müs­sen die­se kri­mi­nel­le Poli­tik als ers­te aus­ba­den. (Aber doch nicht die von den Grü­nen, sofern sie über­haupt wel­che haben).

***

„Sie haben mir heu­te schon am Mor­gen den Tag geret­tet”, schreibt Leser *** zur Acta vom 3. Okto­ber, „und zwar hier­mit, letz­ter Eintrag:

Wir waren vor eini­gen Wochen im Spree­wald, und ich kann bestä­ti­gen, dass die Kon­ti­nui­tät auch über drei­ßig Jah­re gewahrt bleibt. Hier sehen Sie ein Bild vom Gesin­nungs-Super­markt, in den Far­ben der Bewegung:

Man freut sich doch über gewis­se Kon­stan­ten im Volkscharakter.

***

Noch zum Vorigen.
(Netz­fund)
Oder so:
***

Dass die Sem­per­oper zu Dres­den den Ver­trag mit ihrem Kapell­meis­ter Chris­ti­an Thie­le­mann in die­sem Jahr aus­lau­fen lässt, wur­de bereits 2021 bekannt, ich habe dar­über in den Acta geschrie­ben (und in der mor­gen erschei­nen­den Aus­ga­be der JF die auf Ber­lin bezo­ge­ne Fort­set­zung). Ein von mir wei­land ver­mu­te­ter weib­li­cher Nach­fol­ger wur­de zu Dres­den so wenig gefun­den wie heu­er in Ber­lin. Aber wie mir ein Dresd­ner Musi­ker schreibt, läuft auch sonst alles ziem­lich anders, als man es sich wohl damals in einem kol­lek­ti­ven neo­ma­ni­schen Tau­mel vorstellte:

„Zu der mir und vie­len ande­ren etwas unbe­greif­li­chen Situa­ti­on der Nicht­ver­län­ge­rung von Thie­le­manns Dresd­ner Ver­trag wäre anzu­mer­ken, daß das Orches­ter mit der Wahl des von mir eher weni­ger (weni­ger als Thie­le­mann auf jeden Fall) geschätz­ten Danie­le Gat­ti die ‚woken’ Minis­te­rin­nen­wor­te gera­de­zu brüsk kon­ter­ka­riert. Nach mei­ner Ein­schät­zung hat die – wie heut­zu­ta­ge offen­sicht­lich eher die Regel als die Aus­nah­me – in ihrem Fach­ge­biet recht ahnungs­lo­se Minis­te­rin dem offen­sicht­li­chen Wunsch wenigs­tens eines sich ihr gegen­über äußern­den Teils des Orches­ters ent­spro­chen, Thie­le­mann nicht
zu ver­län­gern. Da sich dafür beim bes­ten Wil­len kei­ne wirk­lich trag­fä­hi­gen Argu­men­te fin­den lie­ßen, schon gar nicht in der Abwä­gung der Posi­ti­va und Nega­ti­va auf künst­le­ri­schem Gebiet, wur­de das Gan­ze als ‚auf die Zukunft gerich­te­te’ allei­ni­ge Ent­schei­dung der Minis­te­rin dar­ge­stellt, die mit dem mitt­ler­wei­le übli­chen ‚ewigm­or­gi­gen’ Geschwätz, qua­si aufs Kom­ma genau der­sel­be Mist, wie er vor der Ber­li­ner Ent­schei­dung durch die dor­ti­ge ver­öf­fent­lich­te Mei­nung geis­ter­te, das nahe­zu völ­li­ge Feh­len künst­le­ri­scher Argu­men­te zu über­de­cken versuchte.

Der Kat­zen­jam­mer bei einem beträcht­li­chen Teil des Orches­ters setz­te durch­aus zügig ein, man tat aller­dings einer­seits (von Sei­ten des Vor­stands) so, als sei man von der Ent­schei­dung aus dem Minis­te­ri­um ‚kalt erwischt’ wor­den, rühr­te ande­rer­seits aber kei­nen Fin­ger pro Thie­le­mann und sah sich schnellst­mög­lich nach einem dis­po­niblen ‚kon­ser­va­ti­ven’ Ersatz um. Im Ergeb­nis hat man den im Kern­be­reich des roman­ti­schen deut­schen Reper­toires – was für die Säch­si­sche Staatskapelle
eben­falls das welt­weit auf Tour­neen und Fes­ti­vals am bes­ten ver­markt­ba­re ist – füh­ren­den Diri­gen­ten zie­hen las­sen und eilig, um den Scha­den wenigs­tens etwas zu begren­zen, durch einen in die­sem Reper­toire zwar durch­aus kom­pe­ten­ten, aber defi­ni­tiv nicht in der­sel­ben Liga spie­len­den Diri­gen­ten ersetzt. Die von der Minis­te­rin vor­her geäu­ßer­ten auf ‚Moder­ni­sie­rung’ gerich­te­ten rhe­to­ri­schen Ver­satz­stü­cke haben dabei kei­nen Men­schen interessiert.

Die Säch­si­sche Staats­ka­pel­le hat in der Bran­che zwar seit Jahr­zehn­ten den Ruf eines der welt­bes­ten Orches­ter, spe­zi­ell im roman­ti­schen und spät­ro­man­ti­schen Reper­toire und als Opern­or­ches­ter, steht aber eben­falls für stra­te­gisch des öfte­ren toll­pat­schi­ges Agie­ren in Bezug auf ‚markt­re­le­van­te’ Ent­schei­dun­gen. Bedau­er­lich. Diver­si­ty, ‚Neu­es’ etc. sind trotz­dem bei die­sem Orches­ter eher nicht zu erwar­ten, und das ist ja ein klei­ner Trost.”

PS: Zur Cau­sa Thie­le­mann wen­det Leser ***, Dresd­ner mit fami­liä­ren Ver­bin­dun­gen in die Staats­ka­pel­le, ein: „Ganz so, wie von Ihrem Zeu­gen, dem Musi­ker, geschil­dert, scheint es sich nicht zu ver­hal­ten. Haupt­mo­tiv für die Que­re­len waren wohl enor­me Geld­for­de­run­gen sei­tens Thie­le­manns, die Kapel­le wuß­te und weiß sehr wohl, was sie an ihm hat. Ich kann unse­re säch­si­schen Regie­rungs­ver­te­ter gewiß nicht lei­den, aber hier, scheint mir, nimmt das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um den schwar­zen Peter an, um Thie­le­mann nicht zu beschä­di­gen. Die Äuße­rung zur Zukunft der Oper war natür­lich grauenhaft.”

Ziem­lich leser­las­tig heu­te der Eck­la­den. Aber gut!

 

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